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Autor Jens Rehde
Datum 06.10.03, 21:01
Betreff „Kinderkrippen sind Bildungseinrichtungen!“


Quelle: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=528342


„Kinderkrippen sind Bildungseinrichtungen!“
SPD und Elternvertreter wollen Zugangskriterien kippen
Von Jens Fritzsche

Radeberg/Kamenz. Wenn sich heute Abend die Kamenzer Kreisräte im äußersten Norden des Landkreises treffen, wird die SPD-Fraktion versuchen, den Beschluss des Jugendhilfe-Ausschusses über Zugangskriterien zu den Kindertagesstätten zu kippen. Gelingt dies nicht, will der Landkreis ab April 2004 Kinder arbeitsloser Eltern den Zugang zu Kinderkrippen erst ab zweieinhalb Jahren gewähren und auch die Betreuungszeiten in Kindergarten und Hort drastisch kürzen. „Das kann nicht sein“, findet Radebergs Bürgermeister und Chef der Kreistags-SPD Gerhard Lemm. „Das Einkommen der Eltern kann und darf kein Zugangskriterium für die Kinderbetreuung sein!“ Das habe ihm auch die zuständige sächsische Staatsministerin Helma Orosz (CDU) bestätigt. „Ich werde jedenfalls keinen entsprechenden Beschluss in den Radeberger Stadtrat einbringen und notfalls gegen den Kreis klagen!“, bleibt Lemm hart.

Spätestens im Dezember soll Kreistag debattieren

Aber vielleicht, hofft der SPD-Fraktions-Chef, könne der Kreistag den Landkreis noch zur Umkehr zwingen. Die SPD fordert jedenfalls, dass der Kreistag über das Thema diskutiert und einen Beschluss fasst. Dass dies schon heute Abend passiert, glaubt Lemm nicht. „Aber auch in der Sitzung im Dezember käme die Debatte noch zurecht.“ Dennoch wird Lemm schon heute versuchen, über die Zugangskriterien zu diskutieren. Denn, so die SPD, der Jugendhilfeausschuss des Kreises hätte ein so wichtiges Thema nicht beschließen dürfen, hier sei klar der Kreistag zuständig.

Heftige Kritik kommt aber auch von Beate Sickert aus Wallroda, die einen offenen Brief geschrieben hat. Sie ist selbst Mutter und engagiert sich seit langem, um die Zugangskriterien zu verhindern und einen Kreiselternbeirat zu gründen. „Im Vorfeld des Beschlusses wurden keine Eltern informiert oder gehört“, ärgert sie sich. Und: „Es gab weder Diskussionen in den Elternbeiräten noch Elternbefragungen!“ Kindertagesstätten müssten in erster Linie als Bildungsstätten verstanden werden, fordert Beate Sickert. „Die Pflicht zur Pflege und Betreuung der Kinder durch die Eltern ist durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelt, nicht jedoch der Anspruch auf Bildung“, sagt sie. „Eltern haben somit die Möglichkeit, den Bildungsanspruch ihrer Kinder auf entsprechende Einrichtungen zu delegieren.“ Denn zur Bildung von Kindern bedarf es viel Zeit, fachlicher Ausbildung und Geduld gegenüber den Kindern, „die nicht in jeder Familie gegeben sind“, merkt Beate Sickert an.

Außerdem dürfe nicht vergessen werden, dass es entsprechende Forschungsergebnisse gebe, die belegen, „dass die Bildung der Kinder bereits ab null Jahren und nicht erst ab drei beginnt.“ Vom ersten Tag an sei der Kontakt zu Gleichaltrigen wichtig, um soziale Kompetenzen zu erwerben. Und: „Nach der neuesten Iglu-Studie haben Kinder nach einer längeren Bildungsdauer in der Kindertagesstätte eindeutig die besseren Lernergebnisse im 4. Schuljahr!“

Reichlich Gesprächsbedarf also. Auch im Kreistag.

Am 7. Oktober, 19.30 Uhr, treffen sich Eltern, Erzieher, Vertreter von Kommunen und Kita-Trägern in der Kamenzer Sparkassen-Filiale Arkadenhof, Oststraße 14.






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