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Autor Jens Rehde
Datum 08.05.04, 06:07
Betreff "Kein weiches Weiberthema"


Quelle: http://www.stern.de/campus-karriere/arbeit/index.html?id=523395&nv=nl_hp_rt


"Kein weiches Weiberthema"


Familienfreundlichere Arbeitszeiten stehen auf Platz eins der Wunschliste von Arbeitnehmern mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Eltern wünschen sich darüber hinaus, während des Erziehungsurlaubes in Kontakt zu ihrem Betrieb zu bleiben und aushilfsweise einzuspringen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie über Erwartungen an einen familienfreundlichen Betrieb, die das Familienministerium und der Deutsche Gewerkschaftsbund am Donnerstag in Berlin vorstellten.

Familienministerin Renate Schmidt sagte, Familienfreundlichkeit von Betrieben sei "kein weiches Weiberthema, sondern ein hartes ökonomisches Thema". Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei ein Gradmesser für die Leistungs-und Innovationsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft.




Familienfreundlicher Wirtschaft beeinflusst demographische Entwicklung
DGB-Chef Michael Sommer betonte, auch in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit und Globalisierung dürfe dieser Aspekt nicht vernachlässigt werden. Mit einer familienfreundlichen Wirtschaft lasse sich langfristig auch die demographische Entwicklung beeinflussen. Den Wunsch nach familienfreundlichen - also kürzeren und flexibleren Arbeitszeiten - nehme er als Handlungsauftrag für die Tarifpolitik.

Die vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung erstellte Studie ermittelte, dass rund ein Drittel der Arbeitnehmer mit Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen den größten Handlungsbedarf bei familienfreundlichen Arbeitszeiten sehen. 17 Prozent der 2.000 Befragten wünschten sich finanzielle Unterstützung bei der Geburt eines Kindes, 15 Prozent Freistellungsmöglichkeiten für Pflegeaufgaben und zehn Prozent ein familienfreundliches Betriebsklima. Insgesamt halten zwei Drittel die Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb für familienfreundlich, während ein Drittel Defizite sieht.

Betriebe bleiben weit hinter den Erwartungen
Hinsichtlich der Erziehungszeit ergab die Studie, dass sich zwei Drittel der Eltern eine Rückkehr in ihren Betrieb wünschten. Aber nur 41 Prozent berichteten, dass mit ihnen ein Personalgespräch über die beruflichen Perspektiven nach der Elternzeit geführt worden sei. Rund 90 Prozent der Befragten würde während des Erziehungsurlaubes gerne Kontakt mit dem Betrieb halten, nur bei 70 Prozent war dies tatsächlich der Fall. 78 Prozent wünschten sich, Elternzeit mit Teilzeit zu kombinieren, 74 Prozent würden sich in dieser Phase gerne weiterbilden. 70 Prozent stellen sich vor, dass sie während dieser Zeit aushilfsweise oder als Vertretung im Betrieb einspringen könnten. Auch hier bleiben die Betriebe laut Befragung weit hinter den Erwartungen zurück.

Die Mehrheit der befragten Eltern möchte gerne kürzer arbeiten, nur ein Fünftel ist mit der realen Arbeitszeit zufrieden. Während die Wunscharbeitszeit von Frauen bei 26 Stunden pro Woche liegt, beträgt sie bei Männern 37 Stunden. Konkret heißt das, dass 77 Prozent der Männer eine kürzere Arbeitszeit anstreben. Bei den Frauen ist das Bild differenzierter: 54 Prozent hätten gerne eine kürzere Arbeitszeit, 29 Prozent wollen sie lieber aufstocken. Die Autorin der Studie, Christina Klenner, stellte klar, dass eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten nicht pauschal als positiv bewertet werde. Während Gleitzeit und Arbeitszeitkonten für Familien günstig seien, würden unvorhergesehene Arbeitszeiten und Arbeit auf Abruf negativ bewertet.


AP






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