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Autor Andreas von Bergen
Datum 26.11.04, 07:56
Betreff »Radikales Umsteuern erforderlich«


Quelle: junge Welt vom 26.11.2004
Original: http://www.jungewelt.de/2004/11-26/021.php

Bei der Erzieherausbildung und der Kita-Ausstattung besteht dringender Handlungsbedarf. Ein Gespräch mit Bernhard Eibeck

* Bernhard Eibeck ist Referent für Jugendhilfe und Sozialarbeit bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

F: Die OECD bescheinigt Deutschland nun auch große Defizite im Bereich der frühkindlichen Erziehung. Überrascht Sie die Schärfe der Kritik?

Nein, wobei man die Ergebnisse differenziert betrachten muß. Auffallend ist vielmehr ein Ost-West-Gefälle: In Ostdeutschland ist die Versorgung mit Krippen und Kindertagesstätten international vorbildlich, während die entsprechende Ausstattung im Westen unzureichend ist.

F: Mängel gibt es aber wohl doch zuhauf. Laut OECD wird zu wenig Geld für die frühkindliche Erziehung aufgebracht, die Erzieherausbildung sei von niedrigem Niveau und Politik und Wissenschaft würden die Pädagogik geringschätzen. Wo besteht in Ihren Augen der größte Handlungsbedarf?

Die OECD hat festgestellt, daß die Kinder sowohl im Westen als auch im Osten individuell nur unzureichend in ihren Bildungspotentialen gefördert werden. Der Gedanke, daß Kinder von Geburt an Bildungspotentiale in sich tragen, die man nur durch gezielte Förderung voll zur Entfaltung bringen kann, ist in Deutschland noch fremd.

F: Und wie ließe sich dieses Manko beheben?

Wie brauchen erstens einen vernünftigen Personalschlüssel; die Kita-Gruppen sind viel zu groß. Zum zweiten bedarf es einer viel besseren Ausbildung. Alle Erzieherinnen und Erzieher müssen künftig wie Grundschullehrer an Hochschulen ausgebildet werden. Nur in Deutschland und Österreich setzt man auf eine zweitklassige Ausbildung an Fachschulen. Hier ist ein radikales Umsteuern der Kultusministerkonferenz dringend erforderlich, wobei erste Ansätze durchaus erkennbar sind: Mittlerweile bieten sieben deutsche Hochschulen Studiengänge an, die sich, wenn auch begrenzt, an Erzieherinnen richten.

F: Alle Bundesländer haben inzwischen sogenannte Bildungspläne entworfen. Wie ist der Stand der Umsetzung?

Daran hapert es nach wie vor. Alle noch so wissenschaftlich fundierten und fortschrittlichen Konzeptpapiere bringen gar nichts, solange die Kommunen als Träger der Einrichtungen die Umsetzung unter Verweis auf leere Kassen blockieren. Zu glauben, man könne eine neue Bildungsphilosophie unter unveränderten Bedingungen verfolgen, ist ein Trugschluß. Wenn sich eine Erzieherin mit Unterstützung einer Hilfskraft um 25 Kinder kümmern muß, dann kann dabei nicht viel herauskommen.

Interview: Ralf Wurzbacher






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