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Autor Thomas Kujawa
Datum 27.11.03, 19:13
Betreff Sächsischer Landtag, 27.11.03


PDS-Landtagsfraktion
MdL Falk Neubert

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Eltern und Interessierte,

vor einiger Zeit hatte ich die Kitagesetznovelle der PDS-Landtagsfraktion - welche insbesondere Zugangsbeschränkungen für Kindertagesstätten in Sachsen verhindern soll - vermailt. Heute wurde dieser Gesetzentwurf im Landtagsplenum inhaltlich eingebracht. Anbei sende ich Ihnen meine Rede aus diesem Tagesordnungspunkt zu.

so kurz und mit freundlichem Gruß

Falk Neubert
Jugendpolitischer Sprecher


Einbringung Kitanovelle
Landtagsplenum - 27. November 2003

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

in der letzten Woche hat der Stadtrat in Plauen beschlossen, dass Kinder arbeitsloser Eltern nur noch das Recht auf eine Teilzeitbetreuung in Kinderkrippe und Kindergarten haben. Den davon betroffenen Kindern wird es in Zukunft also verwehrt bleiben, ganztägig eine Kindertageseinrichtung besuchen zu können.

Vorgestern Abend wurde im Jugendhilfeausschuss von Chemnitz eine Vorlage mit etwa dem gleichen Inhalt diskutiert und in diesem Gremium erst Mal mehrheitlich abgelehnt. Im Stadtrat hingegen werden andere Mehrheiten vermutet, da sich SPD und CDU für diese Zugangsbeschränkungen ausgesprochen haben.

Und in der nächsten Woche liegt dem Kreistag in Mittweida ein Beschlussantrag vor, der darüber hinaus Kinder arbeitsloser Eltern ganz aus der Krippe ausschließen will.

Sehr geehrte Damen und Herren,

das sind in Sachsen nicht etwa die ersten Landkreise bzw. kreisfreien Städte, welche solche Beschlüsse fassen, sondern es ist der 15., der 16. und der 17. Beschluss dieser Art in Sachsen.

Doch diese drei Beispiele haben etwas besonderes. Sie wurden bzw. werden beschlossen nach der Veröffentlichung des sogenannten "Kita-Konsens", welcher von einer Arbeitsgruppe aus Sozialministerium und verschiedenen
Kommunal- und Wohlfahrtsverbänden erarbeitet wurde.

Und dabei hatte die Sozialministerin in der Öffentlichkeit solch eine Hoffnung mit diesem Konsenpapier verbunden. Es wurde von Frau Orosz am 14. Oktober auf einer Pressekonferenz vorgestellt und wie zum Hohn beschloss am Abend des gleichen Tages auch der Landkreis Löbau-Zittau Zugangsbeschränkungen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich zwei Jahre zurückgehen und an eine Debatte hier im Haus erinnern. Die PDS-Landtagsfraktion forderte damals unter anderem, den folgenden Aspekt im Kitagesetzentwurf der Regierung mit zu verankern:
Und zwar sollte der Rechtsanspruch im Kindertagesstättenbereich erweitert werden. Neben dem bundesgesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz - sollte sich dieser auch auf die Kinderkrippe und den Hort erstrecken.

Der damalige Sozialminister Dr. Hans Geisler sprach gegen unseren Antrag, da es bereits Realität sei, dass jedes Kind auch ganztags eine Kita besuchen könne - wenn es von den Eltern gewünscht war. Die Ausweitung des Rechtsanspruches wurde daraufhin von der Landtagsmehrheit als unnötig abgelehnt, da sich damit angeblich nichts an der Realität ändern würde.

Nun hat sich die Realität geändert, denn das Gesagte galt nur so lange, wie Herr Geisler Sozialminister war. Danach veränderte sich nicht nur die sächsische Regierung, sondern auch die Politik im Kindertagesstättenbereich. Das Sozialministerium negierte die Intentionen des Gesetzes und gab grünes Licht für den teilweisen Ausschluss von Kindern aus Kindertagesstätten

Das Fachministerium unternahm überhaupt nichts gegen den Ausschluss vieler Kinder aus den Kinderkrippen, Kindergärten und Horten, es war nicht einmal mehr allzu laute Kritik aus dem Sozialministerium zu hören.

Kritik kam hingegen aus der Öffentlichkeit, insbesondere von Eltern, und zwar von bereits heute betroffenen und von denjenigen, die in Sorge leben, dann morgen zu den Betroffenen zu gehören. Kritik kam auch aus der Fachwelt
- konterkariert diese Praxis doch alle schönen Absichtserklärungen zur größeren Bedeutung frühkindlicher Pädagogik, wie sie nach der PISA-Studie abgegeben wurden. Um diese öffentliche Kritik etwas abzuschwächen, berief die Sozialministerin Weber im Frühjahr diesen Jahres eine Arbeitsgruppe ein, welche sich im Kitabereich auf Vorgaben einigen sollte. Dann trat Frau Weber als Sozialministerin zurück.

Nun lag die Hoffnung auf Frau Orosz, die sich gleich zu Beginn ihrer Amtsperiode ziemlich deutlich gegen Zugangsbeschränkungen im Kindertagesstättenbereich aussprach. Allerdings folgte danach nichts mehr, was Frau Orosz mit dieser Aussage hätte in Verbindung bringen können.

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Positionspapier der Arbeitsgruppe Kita-Konsens wurde mit großem Brimborium angekündigt und es verbanden sich eine Menge Hoffnungen damit. Doch diesen Hoffnungen und Erwartungen wird dieses Papier nicht gerecht. Landaus, landein werden unter dem finanziellen Druck, der auf den Kommunen lastet, weiter Zugangsbeschränkungen beschlossen.

Das Papier lehnt den vollständigen Ausschluss von Kindern - auf Grund der Arbeitslosigkeit der Eltern - aus Einrichtungen ab. Das ist zunächst Mal eine zu begrüßende Aussage. Doch was folgt denn in der realen Politik daraus? Überhaupt nichts. Denn wenn man diesen vollständigen Ausschluss nicht will, dann erwarte ich auch von der Staatsregierung, dass sie in den Fällen aktiv wird, wo dieser Ausschluss schon in die Realität umgesetzt wurde - wie zum Beispiel in Dresden. Das ist aber nicht passiert. Auch habe ich keine Kritik aus dem Sozialministerium vernommen, als Tiefensee in den letzten Monaten mal wieder seiner Phantasie freien Lauf ließ. In Leipzig sollte sogar bei Hortkindern das Kriterium der Erwerbsarbeit der Eltern gelten. Glücklicherweise sind diese Überlegungen in Leipzig auf Grund des Widerstands der Eltern und der Öffentlichkeit seit dieser Woche endlich vom Tisch. Von Seiten des Sozialministeriums aber passierte nichts.

Weniger begrüßenswert sind die weiteren Punkte dieses sogenannten "Konsenspapiers".

Es soll keine landesrechtlichen Vorgaben geben. Ja, was soll denn das? Entweder man formuliert Rahmenbedingungen zur Umsetzung des Bildungsanspruches für jedes Kind in Kindertageseinrichtungen oder man kann es gleich bleiben lassen.

Und da komme ich zu einem weiteren Punkt des Papieres, der die Möglichkeit der Halbtagsbetreuung für Kinder arbeitsloser Eltern einräumt und damit Tür und Tor öffnet. Ich möchte hier nur am Rande erwähnen, dass der Landesjugendhilfeausschuss in seiner Stellungnahme zu diesem Papier sehr deutlich diese Möglichkeit der Herabsetzung der Regelbetreuung kritisiert hatte und auch landesrechtliche Vorgaben in diesem Bereich verlangte. Nicht ein Vorschlag des Landesjugendhilfeausschusses wurde bei der endgültigen Version des Positionspapiers berücksichtigt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben derzeit folgende Situation:
- Mehr als die Hälfte der sächsischen Landkreise bzw.
kreisfreien Städte haben inzwischen Zugangsbeschränkungen beschlossen und im Dominoeffekt werden wir mit immer neuen Beschlüssen dieser Art konfrontiert. Die Landkreise und kreisfreien Städte versuchen damit, ihre großen finanziellen Probleme zumindest teilweise auf Kosten von Kindern zu lösen.
- Das Sozialministerium will keine rechtsverbindlichen
Landesvorgaben machen. Es greift nicht ein - selbst dann nicht, wenn Beschlüsse gegen das Konsenspapier verstoßen.
- Die Reduzierung der Betreuungszeit - für Kinder arbeitsloser
Eltern - wird inzwischen von der Staatsregierung geduldet. Übrigens auch bei Kindergartenkindern, wo es durch Bundesgesetz einen Rechtsanspruch auf einen Platz gibt.

Sehr geehrte Damen und Damen,

wir haben hier im Landtag schon oft über den Bildungsauftrag von Kindertagesstätten gesprochen - ich möchte das heute hier nur erwähnen und gar nicht weiter ausführen. Wenn wir aber diesen Bildungsanspruch ernst nehmen, dann dürfen wir Kinder nicht aus Kindertagesstätten ausschließen - und schon gar nicht über Kriterien, die sich nicht am Kind, sondern an den Eltern orientieren.

Kein Mensch würde auf die Idee kommen, Kindern arbeitsloser Eltern den Zugang zur Schule zu verwehren oder ihnen nur eine begrenzte Unterrichtsstundenzahl einzuräumen.
Ich muss es Mal vorsichtiger formulieren: Zum Glück ist bisher noch kein verantwortlicher Politiker auf diese Idee gekommen. Hoffen wir, dass es so bleibt und nehmen wir die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Diskussionen ernst. Lassen wir den Abbau frühkindlicher Bildung nicht zu und fördern wir nicht auch noch eine verstärkte soziale Selektion im Kindertagesstättenbereich.

Sehr geehrte Damen und Herren,

um das zu verhindern und allen Kindern einen gleichberechtigten Zugang zu Kindertageseinrichtungen zu gewähren, hat die PDS-Landtagsfraktion diese Kitagesetznovelle in den Landtag eingebracht. Es ist für uns - nach den Debatten im letzten Jahr - der einzige Weg, um allen Kindern in Krippe, Kindergarten und Hort eine ganztägige Bildung und Betreuung zu ermöglichen. Durch die Ausweitung des Rechtsanspruches und die Fixierung einer 9-stündigen Betreuungszeit in Krippe und Kindergarten und einer 6-stündigen Betreuungszeit im Hort können wir verhindern, dass Kindertagesstätten in Sachsen - so wie im 19. Jahrhundert - als bloße Aufbewahrungsanstalten für Kinder erwerbstätiger Mütter betrachtet werden.

Die vorliegende Novelle setzt bei dem derzeit drängendsten Problem im Kindertagesstättenbereich an. Dass sind die Punkte, für die wir hier im Landtag um eine Mehrheit werben. Unbenommen davon gibt es eine Menge weiterer Dinge, die wir im Kitagesetz für verbesserungswürdig halten und die von uns als PDS-Fraktion auch weiterhin vorangebracht werden. Es erschien uns jetzt aber wichtig, dass wir uns zuallererst darauf verständigen, dass Kinder in Sachsen nicht auf Grund der sozialen Situation ihrer Eltern von Bildung ausgeschlossen werden dürfen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hoffe, dass wir gemeinsam diese Verbesserung des Kitagesetzes zugunsten der Kinder und Familien auf den Weg bringen.

Danke

*** Zitat Ende ***

Thomas Kujawa
---
Wer nicht fragt, kriegt keine Antwort.




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