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Beitrag 68 von 912 (7%)
Autor
Thomas Kujawa
Datum
05.02.04, 19:04
Betreff
Re: bundesweite Zugangskriterien
PDS-Landtagsfraktion
MdL Falk Neubert
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Eltern und Interessierte,
anbei möchte ich Ihnen einen Artikel der Dresdner Neuesten Nachrichten von heute zusenden sowie eine Pressemitteilung von mir zu den Verkündigungen der Bundesministerin Schmidt bzgl. Zugangsbeschränkungen in Kitas bei einer Veranstaltung in Dresden.
Mit freundlichem Gruß
Falk Neubert
Pressemitteilung PDS-Landtagsfraktion (4. Februar 2004):
Falk Neubert: Bundesregierung schreibt Kinderkrippen-Betreuung im Osten ab
Zu den gestern vorgestellten Gesetzesplänen von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt erklärt der jugendpolitische Sprecher der PDS-Landtagsfraktion Falk Neubert:
So lobenswert es ist, wenn die Ministerin mittels eines Gesetzes die Betreuungsquote in Kinderkrippen im Westen von sieben auf 25 Prozent erhöhen will, so skandalös ist es, zum Ausgleich dafür die Betreuungsquote im Osten auf dieses Niveau absenken zu wollen. Wenn sich die Ministerin für bundesweite restriktive Zugangskriterien ausspricht, welche die unter dreijährigen Kinder erwerbsloser Eltern von der Betreuung ausschließt, tritt sie eine Lawine los, welche im Osten angesichts hoher Arbeitslosenraten und angesichts des katastrophalen Zustandes kommunaler Haushalte zu einer drastischen Verschlechterung der Krippenbetreuung führen kann.
Angesichts der Tatsache, dass damit der Aspekt frühkindlicher Bildung völlig ignoriert wird und die Kinderkrippen auf einen Status als Kleinkinderbewahranstalten für arbeitende Mütter zurückgeworfen werden, kann die Einlassung der Ministerin, "die Regelung werde in Ostdeutschland keinen quantitativen, aber einen qualitativen Schub bringen", nur als Zynismus bewertet werden. Angesichts des Versagens der Bundesregierung auch auf diesem Politikfeld wird die PDS in Sachsen um so nachdrücklicher an ihrem Gesetzesvorhaben für einen Landes-Rechtsanspruch auf einen Krippen- bzw. Tagespflegeplatz festhalten.
Artikel aus Dresdner Neueste Nachrichten (4. Februar 2004):
*Bund will Zugangsschranken für Krippen erlauben*
Dresden. Ab 2005 werden bundesweit Zugangskriterien für Krippen
eingeführt. Ein entsprechendes Gesetz kündigte gestern
Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) an. Am Rande einer
sozialpolitischen Klausur in Dresden erklärte sie, dass die Kommunen
verpflichtet werden sollen, genug Betreuungsplätze für Kinder bis zu
drei Jahren zu schaffen - aber nur, wenn die Eltern beide einen Job
haben, in Ausbildung sind oder besondere familiäre und
Erziehungsprobleme vorliegen. Ausnahmen soll es für Arbeitssuchende und
Schwangere geben.
Im Wesentlichen werden also dieselben Zugangskriterien eingeführt, die
vor einem Jahr in Dresden an massiven Protesten und
Gerichtsentscheidungen gescheitert waren. Bis spätestens 2010 sollen nun
die Städte die Voraussetzungen schaffen, dass in diesem Rahmen
ausreichend Betreuungsplätze bereit stehen. Wie das konkret aussehe,
müsse nach dem Bedarf vor Ort entschieden werden, betonte die
Ministerin. In ländlichen Gegenden, beispielsweise in ihrem Heimatland
Bayern, hätten viele Familien gar kein Interesse an Krippen und
Kindergärten, da sich die Frauen zu Hause oder die Nachbarn um die
Kinder kümmerten.
De facto bedeutet die Initiative, dass ein limitierter Rechtsanspruch
auf Krippen- beziehungsweise Tagesmütterplätze geschaffen wird. Dieser
werde zwar individuell nicht einklagbar sein, sagte Schmidt auf
DNN-Anfrage, sie gehe jedoch davon aus, dass sich die Kommunen an das
Gesetz halten. Finanziert werden soll die "Betreuungs-Offensive" durch
das Reformpaket Hartz IV, das die Kommunen von einem Teil der
Sozialhilfeausgaben entlastet. Von dieser Entlastung sollen bundesweit
1,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Krippen und der Tagespflege fließen.
Während diese Pläne für westdeutsche Familien eine Verbesserung
bedeutet, könnten sie in Ostdeutschland zu einer schlechteren Versorgung
führen: Zum einen liegt die Betreuungsquote der bis zu Dreijährigen in
den alten Bundesländern derzeit bei nur sieben Prozent, ab 2010 sollen
es 20 bis 30 Prozent sein. In vielen ostdeutschen Kommunen liegt diese
Quote dagegen heute bei 33 bis 40 Prozent - insofern dürften viele
Städte versucht sein, die dann erlaubten Zugangskriterien bis zum
Anschlag auszuschöpfen.
Außerdem orientiert Schmidt darauf, dass der Betreuungsanspruch nur zu
60 Prozent durch Krippen gedeckt werden soll, den Rest sollen
bezuschusste oder privat bezahlte Tagesmütter übernehmen. In Dresden
beispielsweise werden jetzt schon Krippen- zugunsten von
Kindergartenplätzen abgeschafft, während offensiv immer mehr (für die
Stadt preisgünstigere) Tagesmütter geworben werden. Derzeit gibt es in
der sächsischen Landeshauptstadt 481 Plätze bei Tagesmüttern (Vorjahr:
280 Plätze), während die Krippenplätze von 3424 auf 3078 sanken.
"Die Reglungen werden in Ostdeutschland keinen quantitativen, aber einen
qualitativen Schub bringen", sagte Schmidt und verwies darauf, dass mehr
Professionalität der Tagespflege angestrebt werde. Zudem seien die
Zugangskriterien kein "Muss", die Länder könnten auch großzügigere
Reglungen schaffen.
Das glaubt Thomas Blümel vom Stadtelternbeirat Dresden jedoch nicht:
"Alle Erfahrungen bei uns sagen, dass die Kommunen jede Gelegenheit
nutzen werden, die Zugangskriterien maximal zu nutzen", sagte er - erst
kürzlich hatte der Stadtelternbeirat vergeblich versucht, durch eine
Petition an den Landtag Zugangskriterien verbieten zu lassen.
Im Übrigen kündigte Schmidt eine Reihe weiterer Reforminitiativen ihres
Ministeriums in diesem Jahr an. Außerdem sollen die Jugendämter bei der
Vergabe staatlicher Leistungen stärker steuernd eingreifen. So müsse die
teure Erlebnispädagogik für Problemjugendliche im Ausland, die
wiederholt Schlagzeilen machte, restriktiver gehandhabt werden.
Heiko Weckbrodt
Thomas Kujawa
---
Wer nicht fragt, kriegt keine Antwort.
Diskussionsverlauf:
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bundesweite Zugangskriterien
AW: Re: bundesweite Zugangskriterien
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