hoi hildi
zunächst einmal gilt der grundsatz, dass das gericht in der würdigung von aussagen und beweisen frei ist. es ist also im grundsatz nicht verpflichtet eine konvention zu akzeptieren und zu genehmigen.
bei der vorlage einer scheidungskonvention hat das gericht diese auf ihre "genehmigungsfähigkeit" zu prüfen. da kann es tatsächlich durchaus vorkommen, dass richter, aus welchen beweggründen auch immer, korrekturen vornehmen.
gerade unterhaltszahlungen sind ein öfter auftauchendes "änderungsobjekt". dafür gibt's unterschiedliche ursachen:
- in verschiedenen, aber nicht allen kantonen werden als basisberechnung die sogenannten berechnungsblätter verwendet. diese sind aber für die gerichte keineswegs verbindlich.
- der gesetzestext sieht keine absoluten ansätze vor. in gewissen kantonen legen deshalb die gerichte die unterhaltsbeiträge nach eigenen vorstellungen des bedarfs der unterhaltsberechtigten fest. unterschiede zwischen "berechnungsblättern" und den zahlen in diesen kantonen können durchaus massiv sein.
- als die besteuerung der unterhaltsbeiträge eingeführt wurde, haben die gerichte die ansätze für unterhalt bei laufenden und neuen verfahren umgehend erhöht. die besteuerung hat auch zu änderungsklagen unterhaltsberechtiger geführt, welche auch akzeptiert wurden.
- aufgrund der beiden bundesgerichtsentscheide vom oktober 2005 haben verschiedene kantone das steuersplitting für alleinerziehende eingeführt. dies hat zur folge, dass diese erheblich weniger steuern bezahlen, was sich wiederum auf die unterhaltsansprüche auswirkt. mir sind die ersten scheidungsurteile bekannt, bei welchen der unterhalt mit dieser begründung bereits tiefer angesetzt wurde.
die von dir genannten begründungen, die unterhaltsbeiträge tiefer anzusetzen, wenn zu erwarten ist, dass der unterhaltsverpflichtete früher oder später nicht mehr zahlen kann, hält nicht stand.
speziell bei dem von dir angeführten grund "arbeitslosigkeit" hat das bundesgericht klar festgehalten, dass dies keinen ansprüch auf reduktion von unterhaltsverpflichtungen begründen kann. in frage kommen da nur effektiv langfristige einkommensreduktionen beim unterhaltsverpflichteten.
ist der unterhaltsverpflichtete bereits bei der sozialhilfe, kommen zwangsläufig die dort üblichen ansätze zum zug. da kann ein früheres einkommen sicher nicht mehr als ausgangslage herangezogen werden. kommt die unterhaltsverpflichtete person aber wieder zu eigenem einkommen, welches entsprechend das existenzminimum überschreitet, wäre die unterhaltsverpflichtung über eine änderungsklage (oder allenfalls neufestsetzung durch die vormundschaftsbehörde) wieder anzupassen.
was die alimentenbevorschussung angeht, richten sich die ansätze zumindest bei den mir bekannten kantonalen regelungen nach den ansätzen der ahv, welche eine obere limite definiert hat.
ich meine, dass die begründungen für die tiefere festsetzung der unterhaltsbeiträge, von der du erfahren hast, andere gründe haben, als die, die in deinem beitrag aufscheinen.
etwas verwundert bin ich darüber, dass dass "eine kompetente fachperson ebenfalls entsetzt ist über solche entscheide":
ganz klar: aufgrund dessen, dass für viele alleinerziehende aufgrund der BGer-entscheide die steuern erheblich sinken, reagieren die gerichte bei der bemessung der ansprüche, wie sie dies bei der einführung der steuerpflicht für unterhaltsbeiträge gemacht haben. also ist logisch, dass diese im zu berechnenden rahmen runter gehen. klar ist auch, dass die umgekehrte welle der änderungsklagen (bei der einführung der steuerpflicht auf erhöhung der unterhaltsbeiträge - jetzt durch das splitting auf senkung der unterhaltsbeiträge) zu erwarten ist...