Grüss Dich, DaniB
Soso... Du willst Deiner Freundin helfen und wir sollen Dir dabei helfen, Deiner Freundin zu helfen. Da gestatte ich mir doch vorab gleich mal die Frage, weshalb sich Deine Freundin denn z.B. nicht direkt und selbst in diesem Forum meldet.
Nun zu Deiner "Geschichte":
- Dass es Väter gibt, welche im Umgang mit Kleinst- und Kleinkindern Mühe haben, ist durchaus kein seltenes Phänomen. Es ist etwa ähnlich verbreitet wie das Phänomen auf mütterlicher Seite, Kleinst- und Kleinkinder nur sehr schwer in die Betreuung einer anderen Person, und sei es jene des Vaters, abgeben zu können oder zu wollen. Beide Phänomene reduzieren sich jedoch im Laufe der Zeit meist von selbst.
Die Darstellung, "Am Anfang wollte der Vater überhaupt nichts vom Kind wissen. Er wollte es gar nicht", ist aus meiner Sicht und Erfahrung eine Interpretation, die nur äusserst selten vom betroffenen Vater stammt. Sehr vielen Vätern von Kleinstkindern wird nämlich nur ein äusserst geringes Umgangsrecht eingeräumt, welches zu oft noch boykottiert wird. Obwohl ich persönlich beides für absolut kontraproduktiv und widersinnig halte, wird das dann gerne als "Desinteresse" des Vaters dargestellt...
- Dass sich das Interesse verändert, wenn das Kleinkind laufen und sich selbst verbal äussern kann, ist genau so wenig eine Seltenheit. Dies als "plötzliches Interesse" darzustellen hält jedoch kaum Stand, zumal es zu völlig normalen Veränderungsprozessen, welchen jede Person unterworfen ist, gehört.
- Wenn das Kind im Kontakt mit dem nicht obhutsberechtigten Elternteil (hier: Vater) Angstzustände bekommt, sollte sich die obhutsberechtigte Person (hier: Mutter) dringenst überlegen, ob sie ihren Verpflichtungen richtig und korrekt nachkommt und was hier weshalb schief läuft. Einfach so aus heiterem Himmel treten solche Reaktionen nicht auf und es wäre Sache der Mutter, dem Grund nachzugehen und allenfalls das Gespräch mit dem Vater zu suchen.
- Als ich Deine Darstellung, das Kind "wünscht sich gar den Tod des leiblichen Vaters" gelesen habe - und Du schreibst hier von einem 3-jährigen Mädchen - habe ich mich ernsthaft gefragt, ob ein Kind in diesem Alter tatsächlich aus völlig eigenem Antrieb auf eine solche Aussage kommt. Nach reiflicher Überlegung komme ich auf ein ganz klares "NEIN".
Aus meiner Praxis und Erfahrung komme ich zum Schluss, dass das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf Manipulation zurückzuführen ist. Diese muss nicht zwingend z.B. von der obhutsberechtigten Mutter stammen, sondern kann durchaus von einer für das Kind relevanten Person aus dem Umfeld (Betreuungsperson, Grosseltern, Tanten, Onkel usw.) kommen.
- Wenn das Kind das Vertrauen zur eigenen Mutter verliert, wie Du Deine Ansicht hier äusserst, dann sollte sich die Mutter dringend überlegen, ob sie selbst bei der Vorbereitung des Kindes auf den Umgang mit seinem leiblichen Vater etwas falsch gemacht hat oder macht und dies korrigieren.
Um es nun noch ganz deutlich zu sagen:
1. Der leibliche Vater hat genau so einen Anspruch auf den Umgang mit seinem Kind wie das Kind selbst einen Anspruch auf den Umgang mit dem leiblichen Vater hat.
2. In Deiner Darstellung findet sich nicht ein einziger Punkt, welcher dem leiblichen Vater angelastet werden könnte, der ein Umgangsverbot rechtfertigen würde.
3. Das Problem müssen primär die leibliche Mutter und der leibliche Vater miteinander lösen. Sie haben die Möglichkeit, sich dafür auch fachliche Unterstützung und Beratung zu holen. Drittpersonen, wie neue Partnerinnen und Partner erhöhen in aller Regel nur das Konfliktpotential, was sich kontraproduktiv auswirkt.
4. Dass man mit einem psychologischen oder psychiatrischen Gutachten über das Kind vor Gericht - aus meiner Sicht die letzte und extremste aller Möglichkeiten - mehr Chancen hätte, ist absoluter blödsinn. Mit einem einseitigen Parteigutachten ist weder bei der Gegenpartei noch bei einem halbwegs vernünftigen Richter ein Blumentopf zu gewinnen.
5. Mein Tipp: die Mutter soll mit einer Jugend- und Familienberatungsstelle in ihrer Region Kontakt aufnehmen und zusammen mit dem Kindesvater dort einen Termin vereinbaren, um die Situation zu klären und sich mit den Ursachen und notwendigen Veränderungen im Interesse des Kindes zu befassen.
In diesem Sinne - frohes Nachdenken wünsche...