Status: Ungeklärt
Die Kontaktgruppe für den Kosovo hat in New York am 20. September 2006 ihre Sitzung unter der Obhut der amerikanischen Außenministerin Condoleezza Rice abgehalten. Man müsse alles tun, um den Status Kosovos noch 2006 zu klären, wurde nach der Sitzung verlautet. Und dass Belgrad und Pristina sich konstruktiv in weiteren Verhandlungen engagieren müssten.
Die Gespräche über den zukünftigen Status von Kosovo sind in ihre entscheidende Phase gekommen. Nach den ergebnislosen Kontakten höchstrangiger Politiker aus Serbien und dem Kosovo, die dieses Jahr in Wien stattfanden, sieht die internationale Gemeinschaft die Lösung des Problems als Silberstreif am Horizont.
Spiel auf Zeit
Belgrad versucht alles, um Zeit zu gewinnen. Man hofft, so eine Chance zu bekommen, Kosovo in irgendeiner Form innerhalb des Territoriums von Serbien zu halten. Serbien steht, nach der Trennung von Montenegro, vor einer neuen Staatsverfassung.
Am 13. September 2006 hat die Belgrader Tageszeitung "Politika" einen Bericht aus dem serbischen Parlament gebracht. "Politika" zitiert den Premierminister Vojislav Kostunica, der sich mit dem Vorschlag an die Angeordneten gewendet hat, dass man Kosovo in der neuen Verfassung als einen Teil Serbiens definieren sollte. Es habe sich eine heftige Diskussion entwickelt, in der man die Frage stellte, was passieren würde, wenn Kosovo am Ende des Jahres von der UNO als unabhängig proklamiert sein würde. Welche Folgen wird dann Kostunicas Formulierung haben, wenn er sagt: "Kosovo ist unser und wird für immer ein Bestandteil von Serbien bleiben"?
Recht auf Selbstbestimmung
Die Kosovaren jedoch möchten diesen Prozess beschleunigen. Sie sind aufgrund der internationalen Truppenpräsenz im Kosovo, die ihrer Meinung nach für Serbien von Vorteil ist, nervös geworden. Die kosovarische Webseite "kosova-aktuell" bringt in ihrem Artikel "Widerstand gegen den kolonialistischen Polizeiterror" eine geheizte Situation in Kosovo auf den Punkt. Bei großen Demonstrationen in Pristina gegen die UNMIK (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo) forderten die Veranstalter der Demonstrationen (LPV - Bewegung für Selbstbestimmung) das Recht auf Selbstbestimmung, sowie ein Ende der illegitimen UNMIK-Herrschaft im Kosovo.
"Protektoratsleiter" von Kosovo
Der Deutsche Joachim Rücker, seit September Leiters der UNMIK, hat auf seiner privaten Webseite als sein Motto einen Satz von Willy Brandt zitiert: "Man muss das Unmögliche wollen, um das Mögliche zu erreichen."
Das trifft in der Tat zu, wenn man liest, dass die Minister, die bei der Sitzung der Kosovo-Kontaktgruppe am 20. September in New York teilgenommen haben, von beiden Seiten Folgendes verlangt haben: "Eine realistische Lösung, die vom Volk von Kosovo annehmbar ist und die den multiethnischen Charakter der Provinz behalten wird."
Hier stellen sich aber einige unausweichliche Fragen. Erstens: Wie sieht eine realistische Lösung aus? Und zweitens: Was stellt man sich unter "dem multiethnischen Charakter der Provinz" vor?
Über eine Multiethnizität in Kosovo kann man heute überhaupt nicht reden. Nach den aktuellen Schätzungen der OSZE im Kosovo kommt man auf rund 91 Prozent Albaner, 5 Prozent Serben und 4 Prozent übrige Minderheiten.
Nicht "realistisch" sondern "real" gesehen, ist der Kosovo für Serbien - trotz krampfhafter Aktivitäten in Serbien und auch international - bereits eine verlorene Sache.
Ob die EU, die für die weitere Entwicklung des Kosovo zuständig ist und die sich als ihr Ziel "eine robuste, moderne Wirtschaft im Kosovo zu schaffen" stellt, dieses Ziel wirklich erreichen kann, ist die andere Frage. Das ist aber, wieder eine von diesen "unmöglichen-möglichen" Gelegenheiten, die vor uns allen stehen.
Text: Radovan Grahovac, ORF
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