Als Bibel (auch Buch der Bücher) bezeichnen das Judentum und das Christentum jeweils eine eigene Sammlung religiöser Schriften, die für sie das Wort Gottes enthalten und als Heilige Schrift Urkunden ihres Glaubens sind.
Es handelt sich um verschiedene redaktionelle Zusammenstellungen von „Büchern“ (griechisch: biblia) aus dem Kulturraum Palästinas und des Vorderen Orients, die im Verlauf von etwa 1.200 Jahren entstanden sind und bis zum 2. Jahrhundert zuerst von Juden, dann auch von Christen kanonisiert wurden.
Die jüdische Bibel, der Tanach, besteht aus drei Hauptteilen Tora, Nebi'im (Propheten) und Ketubim (Schriften). Diese Bücher bilden in anderer Anordnung und geringfügig anderem Umfang als Altes Testament auch den ersten Hauptteil der Bibel des Christentums, ergänzt durch das Neue Testament. In dieser Form ist die Bibel das am weitesten verbreitete und häufigsten publizierte schriftliche Werk der Welt.
Auch der Islam erkennt prinzipiell die ganze Bibel und mit ihr seine beiden Vorgängerreligionen als gültiges, wenn auch von Menschen teilweise verfälschtes Offenbarungszeugnis Allahs an.
Die Begriffe „Bibel“ und „Heilige Schrift“
Das Wort „Bibel“ stammt vom griechischen Neutrum βιβλίον, das „Papyrusrolle“ bedeutet. Dieser Wortstamm ist von bíblos oder býblos abgeleitet und bedeutet „Papyrusstaude“ oder „Papyrusbast“: So hieß auch die phönizische Hafenstadt Byblos, die in der Antike ein Hauptumschlagplatz für Bast war, dem Rohstoff zur Herstellung der Papierrollen.
Der Plural biblia („Schriftrollen, Bücher“) wurde später irrtümlich als Singular eines lateinischen Femininums aufgefasst. Zugleich wurde das Wort synonym mit dem ebenfalls weiblichen Ausdruck „Heilige Schrift“ (griech. hagia graphae) verstanden. Insofern trifft die populäre Bezeichnung „Buch der Bücher“ zu.
Im Judentum wie im Christentum gilt diese Schriftsammlung als Offenbarungszeugnis Gottes und hat daher für die gesamte Religionsausübung normativen Charakter. Dies zeigen die bei ihrer Zusammenstellung wirkenden Redaktionen und späteren Kanonisierungen ebenso wie ihre Bezeichnungen als „Wort Gottes“ oder „Heilige Schrift“.
Von Ausnahmen wie der zeitweise im Katholizismus und lutherischer Orthodoxie gültigen Theorie der Verbalinspiration abgesehen, wird die Bibel in den meisten Religionsgemeinschaften, die sich auf sie beziehen, nicht direkt und vollständig als Ergebnis göttlicher Eingebung oder göttlichen Diktats aufgefasst, sondern als menschliches und daher auch variables und irrtumsfähiges Zeugnis, das Gottes Offenbarungen enthält, reflektiert und weitergibt. Diese schriftliche Überlieferung ist jedoch gegenüber ihrem Inhalt nicht beliebig und wurde daher auf verschiedene Weise vor Verfälschung und Erweiterung zu schützen versucht. Die Mehrheit der Christen geht davon aus, dass die Bibel von Gott inspiriert ist, ihre Schreiber also „vom Heiligen Geist getrieben" bzw. bewegt und vor schwerwiegenden Fehlern bewahrt wurden.
Für das Judentum ist primär die Tora, darin vor allem der Bundesschluss am Sinai „Wort Gottes“ und damit der „Kanon im Kanon“. Für Christen ist die Person Jesus Christus das eigentliche, maßgebende, alle äußeren Worte erhellende Zentrum der ganzen Bibel. Mit der Kanonisierung des Neuen Testaments entschied die Kirche zugleich, grundsätzlich auch die heiligen Schriften des Judentums bleibend als „Wort Gottes“ anzuerkennen und aufzunehmen. Die Interpretation beider „Testamente“ ist hier wechselseitig aufeinander angewiesen, wobei Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi das Hauptkriterium bleiben. Aber auch dessen Verständnis unterscheidet sich zwischen den christlichen Konfessionen.
Für Katholiken ist die Überwindung der Erbsünde durch Jesu stellvertretendes Sühneopfer, daraufhin das Zusammenwirken von menschlicher Bemühung und Gottes Gnadenangebot (Synergismus) zentraler Inhalt der biblischen Zeugnisse von Gott. Protestanten finden die Mitte der Schrift im Anschluss an Martin Luther dagegen im reinen Gnadengeschenk Jesu Christi ohne jedes eigene Zutun. Für die liberale Theologie ist dagegen oft das menschliche Vorbild des historischen Jesus und die eigene religiöse Erfahrung Maßstab der Schriftauslegung.
Manche Evangelikalen und Freikirchen vor allem in den USA schreiben der Bibel auch heute noch eine „Irrtumsfreiheit“ (Inerrancy) zu und reagieren damit auf die als Angriff auf die Glaubensgrundlagen empfundene historische Bibelkritik seit der Aufklärung. Dabei besteht die Gefahr, dass die Bibel selbst gott-ähnlichen oder fetisch-artigen Charakter erhält. Diese Richtungen werden oft als Biblizismus oder christlicher Fundamentalismus eingeordnet.
Die jüdische Bibel
Der Tenakh oder Tanach ist nach den drei Anfangsbuchstaben seiner Hauptteile benannt und wurde zuerst überwiegend in Hebräisch, kurze Passagen auch in Aramäisch verfasst. Die Sammlung, schriftliche Fixierung und redaktionelle Überarbeitung seiner Einzelbücher verlief über mehr als tausend Jahre bis zum Abschluss des jüdischen Kanons um 135.
Tora
Der erste Hauptteil besteht aus den fünf Büchern Moses, die auch Pentateuch („fünf Buchrollen“) genannt werden. Die Einteilung beruhte darauf, dass der Umfang unmöglich auf einer antiken Buchrolle Platz fand, erfolgte aber auch nach inhaltlichen Gesichtspunkten: Jedes der Bücher hat einen klaren Anfang und eine deutliche Zäsur am Ende.
Der Begriff „Tora“ bedeutet „Weisung“ und bezieht sich nicht nur auf die jüdischen religiösen und profanen Gesetze im engeren Sinn - diese sind Hauptinhalte des 2. und 3. Buchs Mose -, sondern auf die gesamte, seit der Schöpfung geoffenbarte Lebensordnung für das erwählte Volk Gottes. Die Einzelbücher heißen im Hebräischen nach ihren ersten Worten; in der Kirchensprache Latein, die darin der griechischen Bibelübersetzung folgte, bezeichnen sie das Hauptthema des jeweiligen Buchs:
- Bereshit („Im Anfang“) / Genesis („Schöpfung, Ursprung“)
- Schemot („die Namen“) / Exodus („Auszug“)
- Wajikra („Und Gott rief“) / Levitikus („Priesterschrift“)
- Bemidbar („In der Wüste“) / Numeri („Zahlen“)
- Debarim („die Worte“) / Deuteronomium („zweites Gesetz“).
Die Tora umfasst demnach die Geschichte der Welt und des Gottesvolks Israel als Heilsgeschichte, beginnend mit der Schöpfung (Siehe auch: Wiege der Menschheit) und den Geschichten der Erzväter, Israels Auszug aus Ägypten, der Gesetzgebung unter Mose und dem Zug ins verheißene Land. Sie wurde wohl schon im 6. vorchristlichen Jahrhundert kanonisiert.
Ihre ältesten Stoffe entstanden im Verlauf von Wanderungsbewegungen von Nomaden im Zweistromland und aus Ägypten, die seit etwa 1200 v. Chr. in das Kulturland Kanaan einsickerten und dort sesshaft wurden. Sie wurden über Jahrhunderte zunächst mündlich tradiert. Ihre Verschriftung und Zusammenstellung begann um 1000 v. Chr., nachdem aus dem losen Stämmebund verschiedener Hebräer ein Staatswesen nach dem Vorbild antiker Monarchien geworden war.
Propheten
Als Propheten gelten im Judentum die angenommenen Autoren folgender Bücher:
- Josua,
- Richter,
- Samuel (ein Buch), siehe 1. Buch Samuel und 2. Buch Samuel
- Buch Könige (ein Buch), siehe 1. Buch der Könige und 2. Buch der Könige
- Jesaja,
- Jeremia,
- Hesekiel,
- das Zwölfprophetenbuch.
Die ersten vier dieser Bücher erzählen die Geschichte Israels vom Tod des Mose, der Landverteilung an die Stämme bis zum Ende der beiden Staaten Israel und Juda und der Zerstörung des ersten Jerusalemer Tempels (586 v. Chr.). Sie werden im Christentum nicht zu den Propheten gezählt, sondern als Geschichtsbücher betrachtet.
Die folgenden drei großen Propheten sind nach Analogie der drei Erzväter jeweils einem Buch zugeteilt; die übrigen kleinen Propheten sind als Analogie zu den zwölf Söhnen Jakobs, den angenommenen Stammvätern der Stämme Israels, in zwölf Bücher eingeteilt.
Das erste Prophetenbuch betont gleich zu Beginn (Jos 1,5) die Unterordnung des Josua unter die Autorität des Mose; Maleachi schließt als letzter der zwölf kleinen Propheten mit der erneuten Rückbindung an das mosaische Gesetz. Diese Hierarchie gilt also für alle Propheten, die demgemäß erst recht spät kanonisiert wurden: frühestens im 4. Jahrhundert v. Chr. nach der Abspaltung der Samaritaner, für die allein die Tora Wort Gottes blieb.
Andererseits betont die ganze Prophetie die Offenheit der Geschichte Israels für eine ganz neue, noch nicht offenbar gewordene Zukunft. Das Phänomen der prophetischen Zukunftsverheißung, die die ganze Schöpfung in Gottes Geschichte mit dem erwählten Volk einbezieht und ihre radikale Erneuerung thematisiert, ist ein Hauptmerkmal des Judentums im Unterschied zu anderen antiken Religionen. Sie setzte sich in der Zeit Jesu von Nazarets mit dem Auftreten Johannes des Täufers fort.
Schriften
Zu den „Schriften“ (Ketuvim) des Tanach gehören:
- Psalmen
- Buch Ijob
- Sprüche Salomos
- Ruth
- das Hohe Lied
- Kohelet (Prediger)
- Klagelieder (im christlichen Alten Testament zum Propheten Jeremia gehörig)
- Ester
- Daniel (im AT als eigenes Prophetenbuch)
- Esra
- Nehemia
- Chronik(en) (zwei Bücher): 1. Buch der Chronik und 2. Buch der Chronik
Es handelt sich um Werke, in denen eher die Menschen reden als Gott. Sie sind alle nach dem Exil und später entstanden als die vorherigen „klassischen“ Propheten, überwiegend ab 200 v. Chr.. Einige sind vor oder parallel zu den zwölf kleinen Propheten entstanden. Dennoch ist ihre theologische Bedeutung diesen nachgeordnet. Ihre Kanonisierung geschah spät, für das Buch Daniel erst 135 n. Chr. mit dem Abschluss des Tanach.
Nur fünf dieser Bücher werden als „Festrollen“ im Synagogengottesdienst verlesen und sind wichtigen Festen des Judentums zugeordnet:
- Ruth: Wochenfest
- Hohes Lied: Pessach
- Kohelet: Laubhüttenfest
- Klagelieder: Gedenktag der Tempelzerstörung
- Ester: Purimfest
Auch dieser dritte Hauptteil bezieht sich betont am Anfang auf die Tora (Psalm 1,1):
- „Wohl dem, der nicht im Rat der Gottlosen wandelt, … sondern hat Lust zur Weisung des Herrn und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht.“
Das zweite Chronikbuch endet mit dem Ausblick auf den Neubau des Tempels und die Anerkennung JHWHs als Herrn der ganzen Erde: Auch hier ist Israels Zukunftsperspektive untrennbar mit der Weltgeschichte verknüpft.
Die christliche Bibel
Altes Testament (AT)
Alle kanonischen Schriften des jüdischen Tanach haben – wenn auch in teilweise anderer Reihenfolge – Eingang in das christliche „Alte Testament“ gefunden. Darüberhinaus erkennen die nicht-protestantischen Kirchen noch einige weitere jüdische Schriften, die sich in der Septuaginta, der vorchristlichen griechischen Übersetzung des Tanach befinden, als kanonisch an. So umfasst die Bibel der römisch-katholischen Kirche zusätzlich folgende Deuterokanonen:
- Judit
- Tobit
- Baruch
- Jesus Sirach
- Buch der Weisheit
- 1. Makkabäer
- 2. Makkabäer
- Zusätze zum Buch Daniel
- Zusätze zum Buch Ester.
Der Kanon der Orthodoxie umfasst neben dem oben beschriebenen katholischen Kanon:
- ein so genanntes 1. Buch Esra, so dass das hebräische Esra-Buch dann als 2. Buch Esra gilt; (auch bekannt als 3. Esra)
- 3. Makkabäer
- Psalm 151,
als Anhang
sowie in den slawischen Kirchen eine
- Esra-Apokalypse (auch bekannt als 4. Esra].
Die Bezeichnung "Altes Testament" wurde in der Kirchengeschichte oft als Ersatz und Überholung des angeblich veralteten Ersten Bundes Gottes mit Israel missverstanden. Angesichts der historischen Folgen dieses christlichen Antijudaismus, die oft als Rechtfertigung für Pogrome diente, reden viele Christen und Theologen der Großkirchen heute statt vom „Alten“ vom „Ersten Testament“, um einer Vorrangstellung des späteren „Neuen Testaments“ entgegenzutreten. Heute stimmen fast alle christlichen Konfessionen darin überein, dass beide Teile gleichberechtigt die christliche Bibel ausmachen und ihre Deutung wechselseitig aufeinander angewiesen ist. Im Unterschied zum jüdischen Verständnis gesteht die christliche Theologie dem Tanach damit aber keine eigenständige Autorität zu, sondern interpretiert ihn aus der Perspektive der christlichen Heilsgeschichte, in der der zweite Bund („Neues Testament“) den ersten endgültig erfüllt und so bekräftigt habe.
Neues Testament (NT)
Das NT entstand zwischen 50 und ca. 130 im jüdisch-christlichen Umfeld des östlichen Mittelmeerraums. Es ist fast durchgängig in einer damals weit verbreiteten umgangssprachlichen Form des Griechischen, der so genannten Koiné, verfasst. Es enthält zudem einige aramäische Begriffe und Zitate. Aramäisch war die damalige Umgangssprache in Palästina und zeitweise lingua franca des antiken Nahen Ostens.
Das NT besteht aus erzählenden Schriften, vor allem den vier Evangelien:
- Matthäusevangelium
- Markusevangelium
- Lukasevangelium
- Johannesevangelium
sowie der
und belehrender Briefliteratur:
- Paulusbriefe
- Katholische Briefe
- Brief an die Hebräer
sowie einem apokalyptischen Visionszyklus:
- Offenbarung des Johannes .
Die Zugehörigkeit dieser Schriften zum NT ist in allen christlichen Religionsgemeinschaften unumstritten. Nur die Syrisch-Orthodoxen Kirchen erkennen einige davon nicht an. Die Johannesoffenbarung wird auch bei den anderen Orthodoxen nicht öffentlich verlesen.
Das NT erzählt in den Evangelien von Jesus von Nazaret, der als Christus bezeichnet wird, und in der Apostelgeschichte von den Anfängen der Kirche. Dabei wird der überwiegende Teil des Erzählstoffes unter Aufnahme und in Auseinandersetzung mit den Erfahrungen des Volkes Israel und unter Verwendung alttestamentlicher Themen und Bilder dargestellt. In den Briefen versuchen die Autoren, Antworten auf Glaubensfragen zu geben, das Leben in den neuen Gemeinden zu organisieren und auf dort anstehende Probleme zu reagieren oder den Christen ihrer Zeit mit mahnenden und tröstenden Worten zur Seite zu stehen.
Das Verhältnis von AT und NT zueinander
Das Christentum nennt die bereits lange vor seiner Entstehung vorliegende jüdische Sammlung heiliger Schriften „Altes" Testament im Gegenüber zum „Neuen“ Testament. Der lateinische Begriff testamentum übersetzt den griechischen Ausdruck diatheke, der seinerseits das hebräische berith (Bund, Verfügung) übersetzt. Er meint nicht wie in der antiken Umwelt ein zweiseitiges Vertragsverhältnis, sondern eine einseitige unbedingte Willenserklärung. Dies bezieht sich im Tanach auf Gottes heilsstiftende Taten und Bekundungen in der menschlichen Geschichte, besonders auf seinen Bundesschluss mit dem ganzen Volk Israel am Berg Sinai nach der Offenbarung der Gebote (Ex 24). Ihm gehen Gottes Schöpfungsbund mit Noach (Gen 9), die Berufung Abrahams zum „Vater vieler Völker“ (Gen 12) und der Bund mit Mose zur Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei voraus (Ex 3). Zudem wird in der Prophetie ein „neuer Bund“ verheißen (Jer 31), der alle Völker einbeziehen werde (Joel 4).
Für Christen hat sich diese Verheißung in Jesus Christus als dem fleischgewordenen Wort Gottes erfüllt. In seinem Tod und seiner Auferstehung wurde für sie Gottes „letzter Wille“ offenbar. Damit wurde Gottes Bund mit dem erwählten jüdischen Gottesvolk für die Urchristen aber nicht ersetzt, sondern erfüllt und so endgültig bekräftigt. Beide Testamente liegen als Gottes endgültige Offenbarung in verbindlicher Schriftform vor und beanspruchen über Jesu Tod hinaus unbedingte Geltung. Die Gegenüberstellung von „altem“ und „neuem“ Bund ist besonders auf die Zentraldaten beider Religionen bezogen: den Exodus Israels, die Kreuzigung und Auferstehung Jesu. Sie werden gemeinsam als jene Taten Gottes aufgefasst, in denen er sein volles Wesen zeigt. Sein letzter Wille widerspricht seinem ersten Willen nicht, sondern bestätigt und erneuert ihn für die ganze Welt.
In der Christentumsgeschichte wurde der Begriff „Altes Testament“ jedoch bis 1945 meist als Herabsetzung gedeutet: Das Judentum galt als veraltete, überholte, von der Kirche enterbte und zum Untergang bestimmte Religion. Die Gesetzesoffenbarung Gottes am Sinai sei vom Selbstopfer Jesu Christi auf dem Hügel Golgota abgelöst worden. Gott habe Israel „enterbt“ und den Christen die Verheißungen übergeben, so dass Heil nur noch in der Kirche liege.
Wegen der fatalen Folgen dieses Antijudaismus bis hin zum Holocaust wird der Begriff „Altes Testament“ heute von den Großkirchen und vielen Theologen zwar nicht aufgegeben, aber oft als „Erstes Testament“ übersetzt. Um Vorrang und Weitergeltung des lebendigen Bundes Gottes mit seinem Volk Israel zu betonen und die traditionelle religiöse Diskriminierung des Judentums zu überwinden, verwenden viele Christen auch die Bezeichnung „Hebräische“ oder „Jüdische Bibel“ oder „Hebräisch-Aramäische Schriften“.
Gleichwohl weicht deren inhaltliche Deutung in beiden Religionen, aber auch teilweise zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen voneinander ab. So haben nicht alle Teile der Tora für Christen denselben Rang und die gleiche Gültigkeit wie für Juden, da sie in ihrem Glauben durch Jesus Christus bereits erfüllt, auf die Gottes- und Nächstenliebe konzentriert und so in gewisser Weise relativiert wurden. Für Christen spielt auch die mündliche Tora-Auslegung (Halacha) keine Rolle, die im Talmud fixiert wurde und im Judentum nahezu gleichrangig mit der Tora tradiert wird.
Erst in neuerer Zeit hat die von der Judaistik lernende neutestamentliche Forschung wiederentdeckt, dass Jesu eigene Verkündigung zu weiten Teilen eine Form der Halacha im Dialog mit anderen damaligen jüdischen Gruppen war. Dabei wird die traditionelle Deutung etwa der Bergpredigt als „Aufhebung“ der Tora, die jüdische Gebote wie das Ius talionis („Auge für Auge“) außer Kraft setze bzw. auf allgemein gültige Normen hin transzendiere, heute vielfach als von christlichen Vorurteilen bestimmte Fehldeutung angesehen (siehe dazu Feindesliebe).
Textgeschichte
Älteste Handschriften
Antike Handschriften waren mit ruß- und harzhaltiger Olivenöl-Tinte auf Papyrus- oder Leder-Rollen notiert. Eine Rolle konnte nur begrenzte Inhalte aufnehmen. Die älteste noch erhaltene Gesamtrolle eines biblischen Buches ist die 7,5 Meter lange Jesajarolle aus Qumran, um 180 v. Chr. entstanden. Von weiteren Büchern des Tanach aus dieser Zeit existieren vielfach nur noch Fragmente.
Im 1. Jahrhundert n. Chr. entstand der Pergamentkodex, in dem sich mehrere Buchrollen zusammenfassen ließen. Reste von Papyruskodices mit griechischen alt- und neutestamentlichen Texten stammen aus dem 2. und 3. Jahrhundert: Der älteste existierende Text des NT überhaupt ist der Papyrus 52 mit einem Fragment aus dem Johannesevangelium, entstanden um 120.
Der hebräische Tanach war in Teilen bereits seit etwa 250 v. Chr. in Alexandria in die griechische Verkehrssprache, die Koiné, übersetzt worden und wurde um 100 n. Chr. abgeschlossen. Die Ausbreitung des Christentums trug entscheidend zur Bewahrung dieser so genannten Septuaginta bei. Ihre ältesten vollständigen Texte, die zugleich auch das ganze NT enthalten, sind der Codex Sinaiticus und der Codex Vaticanus aus dem 4. Jahrhundert, dicht gefolgt vom Codex Alexandrinus aus dem 5. Jahrhundert. Auf sie geht auch die lateinische Übersetzung des Hieronymus, Grundlage der Vulgata der römisch-katholischen Kirche, zurück.
Mit der endgültigen Kanonisierung des Tanach um 135 ergab sich die Notwendigkeit einer einheitlichen Fassung und Vokalisierung des hebräischen Konsonantentextes. Damit begann die 1000jährige Arbeit der Masoreten. Auf ihrer Textvereinheitlichung beruhen die ersten vollständigen hebräischen Bibelhandschriften des Mittelalters, allen voran der Codex Petropolitanus von 1008. Diese hebräische Version des Tanach galt seit der Renaissance als gemeinsame Urform aller späteren Bibelübersetzungen. Sie liegt der Bibelübersetzung des Erasmus von Rotterdam und damit auch dem Alten Testament der Lutherbibel zugrunde.
Die Auffindung ausrangierter Bibelfragmente in der Synagoge von Kairo um 1850, vor allem aber der Schriftrollen vom Toten Meer (1947 - 1956 und 1961) brachte die Annahme eines einheitlichen hebräischen „Urtextes“ teilweise zum Einsturz: Vor und nach seiner Kanonisierung existierten mehrere voneinander abweichende Textvarianten des Tanach parallel zueinander, neben der Septuaginta vor allem der Samaritanische Pentateuch aus dem 4. Jahrhundert v. Chr.
Die neuen Schriftfunde bestätigten aber auch die große Übereinstimmung der masoretischen Versionen mit den älteren hebräischen Bibeltexten. Diese Disziplin bei der Textüberlieferung geht auf ein Gebot in der Tora selbst zurück: In 5. Mose 4,2 und 12,32 wird streng untersagt, Gottes Wort etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen.
Die Annahme eines Primärtextes hat historische Textkritik jedoch unwiderruflich widerlegt: Hinter allen bekannten Textfassungen der Bibel und den meisten ihrer Einzelschriften stehen eine Vielzahl von Verfassern und Redaktoren, die an der Überlieferung mitwirkten. Die gemeinsame Version der Masoreten stand erst am Ende, nicht am Anfang dieses Traditionsprozesses.
Kanonisierungen
Das lateinische Wort „Kanon“ bedeutet „Richtschnur“ oder „Richtmaß“ und meint hier die festgelegte Anzahl der Bücher, die in einer bestimmten religiösen Gemeinschaft als heiliges Wort Gottes gelten. Mit einer gewissen Eigendynamik tendierte die Sammlung von Schriften mit autoritativem theologischen Anspruch zu einem verbindlichen Abschluss ihres Umfangs und ihrer Inhalte. Diesen Prozess nennt man „Kanonisierung“.
Deren Anfänge lagen in der vorexilischen Königszeit der Reiche Israel und Juda: So berichtet 1. Kön 22 von der Auffindung eines „Gesetzbuchs“ im Jerusalemer Tempel, das den judäischen König Josia 621 v. Chr. zu einer jahwistischen Kultreform und Abschaffung des Synkretismus veranlasst haben soll. Gemeint war das Deuteronomium (5. Buch Mose), das seinerseits in vieler Hinsicht die Gebotsoffenbarung am Sinai (2.-3. Buch Mose) aktualisierend wiederholt. Spätestens seit dem Wiederaufbau des Tempels 539 v. Chr. war die Tora als erster und wichtigster Teil des Tanach kanonisch; für die Samaritaner bildete sie bei ihrer Abspaltung im 4. Jahrhundert v. Chr. das einzige, maßgebende Gotteswort.
Das Neue Testament setzt bereits den ganzen Tanach als verbindliche Basis des jüdischen Gottesdienstes voraus, etwa bei Jesu Antrittspredigt in Nazaret, die nach Lk 4,14-21 mit einer Lesung der „Schrift“ begann. Vom „Gesetz“ ist oft im Zusammenhang mit Tora-Auslegungen Jesu die Rede, etwa zu Beginn der Bergpredigt. Dort wird die kanonische Geltung der Tora bis zur Parusie bekräftigt (Mt 5,18):
- „Wahrlich ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis alles geschieht.“
Häufig werden „Gesetz und Propheten“ als Kürzel für die Gesamtheit der biblischen Überlieferung vom Bundeswillen Gottes genannt. Auch eine dreigliedrige Form des Tanach wird im Mund des Auferstandenen für die Christen verbindlich gemacht (Lk 24,44):
- „Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.“
Der Tanach wurde nach der Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels im Jahr 70 und der Niederlage im letzten jüdischen Krieg gegen die Römer 135 endgültig kanonisiert. Er umfasste laut Flavius Josephus 22 Bücher wie das hebräische Alphabet, laut des außerkanonischen 4. Esrabuchs dagegen 24 Bücher (2 mal 12 wie die Zahl der Stämme Israels). Dabei wurden aber nur dieselben Schriften verschieden zusammengelegt.
Der Kanon der Septuaginta enthielt zudem die Bücher Judit, Tobit, Erweiterungen der Bücher Ester und Daniel, die beiden ersten Makkabäerbücher, den Propheten Baruch, die Weisheit Salomos und das Buch Jesus Sirach. Diese zusätzlichen Schriften nennt man heute besonders im evangelischen Raum oft „deuterokanonisch“.
Sie gelangten nicht in den Kanon des Tanach, wanderten aber durch ihre lateinische Übersetzung in die lateinische Vulgata ein. Der katholische AT-Kanon enthält demnach 46 Bücher, der orthodoxe noch mehr. Sein Umfang ist dennoch zu 90% deckungsgleich mit der Hebräischen Bibel.
Das Neue Testament umfasste zur Zeit seiner Kanonisierung (um 180) 27 griechische Einzelschriften, davon 4 Evangelien und 21 Briefe. Alle zusammen erreichen insgesamt nur ein Viertel des Umfangs des Alten Testaments.
Martin Luther übernahm mit seiner Übersetzung des Tanach auch dessen Kanon, den er in 39 Bücher einteilte. So erlangte dieser auch im Protestantismus Gültigkeit. Die evangelische Gesamtbibel umfasst also 66 Bücher, wobei sich das evangelische AT nur nach Anordnung und Aufteilung vom Tanach unterscheidet.
Zwar übersetzte Luther auch die weiteren Schriften der Septuaginta und hängte sie seiner Bibelübersetzung an, bewertete sie aber als geheime „Apokryphen“ und menschliche „Bücher: so der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten und doch nützlich und gut zu lesen sind“. Den Begriff „Apokryphen“ reserviert man heute dagegen meist für die aus dem NT-Kanon ausgegrenzten christlichen, von fast keiner Kirche anerkannten Schriften.
Die katholischen, orthodoxen und evangelischen Konfessionen betrachten die ganze Bibel als alleinigen Maßstab ihres Glaubens, als norma normans. Der Theologe Dietrich Kuessner formuliert:
- „Das Bekenntnis ist im Verhältnis zur Bibel nachgeordnet, eine bereits von der Schrift geprägte Norm (norma normata).“
Demnach haben sich alle Glaubensäußerungen, Bekenntnisschriften und Dogmen an der Bibel zu messen. In ihnen darf theoretisch nichts geregelt sein, was dem biblischen Zeugnis widerspricht.
Dennoch wird das Verhältnis der Bibel zur folgenden kirchlichen Tradition konfessionell verschieden gesehen: In der katholischen Kirche ist das päpstliche Lehramt die maßgebende, letztlich alleinige Autorität zur Auslegung der Schrift. Damit wird aus evangelischer Sicht ein nicht biblisch begründetes Amt der Bibelauslegung übergeordnet. Hier gibt es faktisch keine einheitliche Lehre, da die Schriftauslegung Sache des Einzelgewissens bleibt.
In allen auf die Bibel bezogenen jüdischen oder christlichen Konfessionen und Denominationen haben Glaubensbekenntnisse, Liturgie und andere mündliche oder schriftliche Traditionen eine wichtige Bedeutung für ihr Selbstverständnis. In der katholischen Tradition sind etwa die Apostolischen Väter (siehe auch Patristik), die bereits im 3. Jahrhundert fast kanonische Bedeutung hatten, neben der Bibel wesentlich. Aber nur einige christliche Sekten wie die Mormonen und Christliche Wissenschaft setzen ihre Bekenntnisse der Bibel gleich.
Im Judentum wird das Verhältnis zwischen Tanach und Tradition, vor allem in Gestalt von Mischna und Talmud, ähnlich betrachtet wie im Katholizismus, obwohl es auch hier wie im Protestantismus kein autoritatives Lehramt, sondern faktisch Pluralismus der Bibelauslegung gibt.
Übersetzungen
Während die Orthodoxen Kirchen schon früh Bibeln in der Landessprache verwendeten, war für die katholische Kirche praktisch seit dem Altertum die lateinische Bibelübersetzung des Hieronymus, die so genannte Vulgata maßgebend, auch wenn immer wieder Bibeln in die Volkssprache übersetzt wurden. So übersetzte im 4. Jahrhundert bereits der gotische Bischof Wulfila die Bibel ins Gotische, und erstellte die nach ihm benannte Wulfilabibel. Wulfila war allerdings nicht katholisch. Auch die Vulgata selbst war ursprünglich eine Übersetzung in die Volkssprache, als sie entstand war Latein ja noch Umgangssprache. Die Wandlung des Lateinischen zu den romanischen Sprachen machte die westliche Bibel dann allerdings nicht mehr mit, und auch in den germanischen und keltischen Gebieten Westeuropas wurde die Bibel nur auf Lateinisch gelehrt.
Im Spätmittelalter entstand eine Reihe von deutschen Bibelübersetzungen. Besonders die Reformatoren, aber auch schon einige ihrer Vorläufer (Petrus Waldes, John Wycliff und Jan Hus) sahen den direkten Zugang zur Bibel in der Landessprache als wesentlich für den christlichen Glauben an. Durch die Übersetzung der Reformatoren Luther und Zwingli in den Jahren 1522-1534 wurde die Bibel zum ersten Mal einer größeren Leserschaft im deutschen Sprachraum zugänglich. Maßgeblichen Beitrag dazu leistete die Erfindung des Buchdrucks. Die Lutherbibel wurde Grundlage einerseits für die weite Verbreitung der Bibel in Deutschland, andererseits für ihre kritische Lektüre vor allem seit der Aufklärung und hatte auch eine große Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Schriftsprache. Gedruckt wurde sie in der Schwabacher Schrift.
Heute gibt es eine gute und vor allem große Auswahl an Bibelübersetzungen in deutscher Sprache. Neben der klassischen (inzwischen mehrfach überarbeiteten) Lutherbibel sind erwähnenswert: die sehr wortgetreue Elberfelder Übersetzung, die ebenfalls recht wortgetreue und etwas besser lesbare Zürcher Bibel, die katholische (bzw. für die Psalmen und das Neue Testament katholisch-evangelische) Einheitsübersetzung, die eine verständliche Sprache und gute Brauchbarkeit für liturgische Zwecke aufweist, und die modernen Übersetzungen „Gute Nachricht“ und „Hoffnung für Alle“, die die alten Texte durch eine freiere Übersetzung in eine zeitgemäße und sehr gut verständliche Sprache übertragen haben. Eine Sonderrolle nimmt die Schlachter-Bibel ein, die Genauigkeit mit einer gut verständlichen Sprache vereint, teilweise aber eine sehr umstrittene Wortwahl bietet.
Die heute in allen christlichen Bibelausgaben einheitliche Einteilung des Textes in Kapitel und Verse ist spät entstanden. Die Kapiteleinteilung führte Stephan Langton, Erzbischof von Canterbury, 1205 in die Vulgata ein. Die Verseinteilung des NT wurde 1551 in Genf erstmals von dem Pariser Buchdrucker Robert Estienne (dt: Stephanus) an einer griechischen und lateinischen Bibelausgabe durchgeführt.
Bibelkritik - Geschichte oder Mythos
In der Diskussion, inwiefern die biblischen Erzählungen als historische Berichte gelten können, treffen verschiedene Auffassungen aufeinander.
- Ein großer Teil der evangelikalen Bewegung begreift die Bibel als Geschichtsbuch und betont, dass „die Bibel absolut irrtumslos und unfehlbar“ sei (Johannes Vogel, Breckerfeld; in: idea-Pressedienst 46/004). Dabei gibt es divergierende Positionen: Die „Chicago Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift“ von 1978, betont, „daß die Schrift in ihrer Gesamtheit irrtumslos und damit frei von Fehlern, Fälschungen oder Täuschungen ist“ (zitiert nach idea-Pressedienst 25/2003); dies umfasse auch naturwissenschaftliche Aussagen (Biblischer Fundamentalismus). Weitaus verbreiteter ist die Meinung, dass die Bibel als Gottes Wort hinsichtlich ihrer Glaubensaussagen und der Fragen zur Lebensführung unfehlbar sei.
- Die historisch-kritische Exegese geht davon aus, dass die Texte der Bibel nur vor ihrem historischen Hintergrund und unter Berücksichtigung ihrer literarischen Form verständlich sind. Die Bibel erzähle nicht Geschichte, sondern Heilsgeschichte. Der historische Gehalt der biblischen Erzählungen wird in ihren verschiedenen Teilen sehr unterschiedlich beurteilt. Speziell die Methoden der (nichttheologischen) Literar- und Formkritik sowie allgemein die Methoden der historischen Forschung dienen hierzu als Hilfsmittel. Insbesondere wird biblischen Texten, die nicht beanspruchen, historische Tatsachen zu berichten, nicht unterstellt, Geschichte erzählen zu wollen. Anderen Teilen der Bibel wird hingegen relativ hohe geschichtliche Zuverlässigkeit zugeschrieben. Eine Sonderstellung nehmen die Evangelien ein. Sie beanspruchen aus der Sicht der Historisch-Kritischen nicht, Geschichtswerke zu sein oder Fakten aus dem Leben Jesu zusammenzutragen, sondern verstehen sich als Frohe Botschaft. Ihr Ziel sei, den Glauben an den auferstandenen Jesus Christus zu bezeugen. Den Evangelien sei zwar historisch zuverlässiges Material zu entnehmen, wichtiger aber sei es, die Glaubensbotschaft der Evangelien verständlich und lebendig zu machen.
- Nichttheologische Historiker verstehen die Bibel häufig als ein literarisches Werk. Gattungsgeschichtlich gehören die Texte in die literarischen Kategorien des Mythos, der Sagen, Gleichnisse, Parabeln, Gedichte, Briefe und Geschichtsschreibung. Die Texte stellen eine wertvolle Quellensammlung für die Erforschung ihrer jeweiligen Entstehungszeit dar. Die Historizität der Erzählungen selbst wird von einigen als relativ gering eingeschätzt.
- Weniger weit verbreitet ist der Glaube, bei der Bibel handele es sich um ein magisches Buch, mit welchem wichtige Ereignisse in der Zukunft vorhergesehen werden könnten. Manche Menschen haben einige Zeit ihres Lebens damit verbracht, den vermuteten Bibelcode zu entschlüsseln, um an die geheimen Botschaften zu gelangen. Bislang ist die Existenz eines solchen Codes nicht bewiesen.
Daneben gibt es eine Bibelkritik, deren Thema die in der Bibel vertretenen ethischen Auffassungen sind.
Die Bibel im Islam
Der Koran übernimmt und variiert eine Reihe biblischer und apokrypher Geschichten und Lehren, die Mohammed wahrscheinlich mündlich durch die syrische Kirche überliefert wurden. Er nennt die Tora, die Psalmen und das Evangelium „Heilige Schriften", die von Gott stammen, aber später von Menschen verfälscht worden seien:
- Sure 5,13f: Wir haben die Herzen der Kinder Israel verhärtet, so dass sie die Worte der Schrift entstellten, und sie vergaßen einen Teil von dem, womit sie erinnert worden waren...
- Und von denen, die sagten: 'Wir sind Nasara' [Nazarener] habe wir ihre Verpflichtung entgegengenommen. Aber dann vergaßen sie einen Teil von dem, womit sie erinnert worden waren.
Daher sind viele Muslime mit den wichtigsten Inhalten der Bibel vertraut, wenn auch meist in verkürzter, vom biblischen Kontext gelöster Form. Diese ist für sie gegenüber der älteren Bibel maßgebend, da der Koran sich als endgültige Offenbarung Allahs versteht, die alle früheren Offenbarungen aufnimmt und ihre Wahrheit wiederherstellt.
Der Koran sieht in den biblischen Geschichten, die er nacherzählt, Mohammeds Kommen und seine Berufung zum „Siegel der Propheten“ Gottes vorgebildet und prophezeit. Huseyn al-Dschisri deutete 114 Stellen in der Bibel - vor allem den paraklētos („Beistand“, „Fürsprecher“) in Joh 14,26 - als Hinweise auf Mohammeds Prophetentum.
Parallelen zur Urgeschichte des Tanach sind im Koran
- das psalmenartige Lob des Schöpfers, z.B. in Sure 87,1-3
- die Bestimmung Adams und seiner Frau (Eva wird nie namentlich genannt) zum Stellvertreter (biblisch: Ebenbild) Gottes auf Erden und ihre Vertreibung aus dem Paradies (Sure 2,30-36)
- ihre Wiederannahme (Sure 20,122; der Koran kennt keinen Schöpfungsfluch und keine Erbsünde)
- der Brudermord (Sure 5,27-32)
- die Sintflut und Noahs Rettung: Dieser ist nach Adam Gottes erster Gesandter, der vergeblich zur Abkehr von falschen Göttern ruft (Sure 40,36f).
Der Koran nennt 20 Figuren der Bibel, die dort nicht alle als Propheten gelten, als Vorläufer Mohammeds. Besonders Abraham, der „Freund Gottes“, ist für den Koran Vorbild des wahren Gläubigen. Er habe - wie auch nachbiblische jüdische Überlieferung erzählt - erkannt, dass Gott mächtiger als Gestirne ist (Sure 6,78f). Die ihm folgten, ohne Juden oder Christen zu werden (Hanifen), sind den Muslimen gleichwertig (Sure 21,51-70). Ihm wurde auch im Koran ein Sohn verheißen, den er opfern sollte (Sure 37,99-113). Dabei deuten die Muslime diese Geschichte meist nicht auf Isaak, sondern auf Ismael, den von der Magd Hagar geborenen ältesten Sohn Abrahams, der als Stammvater der Araber gilt. Er soll als Prophet die Kaaba in Mekka gegründet haben (Sure 2,125).
Von Joseph, Jakobs zweitjüngstem Sohn, erzählt Sure 12. Moses wird in 36 Suren erwähnt: Er ist auch im Koran der mit Gott unmittelbar redende Prophet (Sure 4,164), der sein Volk Israel aus Ägypten befreite und ihm die Tora vermittelte. Die Zehn Gebote liegen Sure 17,22-39 zugrunde. König David empfängt und übermittelt als Prophet die Psalmen; Salomos große Weisheit preist Sure 21,78ff.
Von den Figuren des Neuen Testaments stellt der Koran Maria (Maryam), Johannes den Täufer (Sure 3,38-41; 19,2-15; 21,89f) und Jesus (Isa) besonders heraus. Letzterer hat die Aufgabe, das Volk Israel zum Gesetzesgehorsam zurückzurufen und den Christen das Evangelium als schriftliche Offenbarungsurkunde zu vermitteln. Er verkündet wie Mohammed Gottes kommendes Endgericht, aber nur als Mensch, der nicht gekreuzigt wurde (Sure 4,157). Seine Auferstehung wird daher nur angedeutet.
Als Gesandte Gottes sind diese Propheten für den Koran nicht hinterfragbare Autoritäten, so dass er von ihren in der Bibel geschilderten dunklen Seiten (z.B. Davids Ehebruch und Mord) nichts berichtet.
Verbreitung
Die Bibel ist das meistgedruckte und am weitesten verbreitete Buch der Welt. Es existieren Gesamtübersetzungen in 426 Sprachen und Teilübersetzungen in weiteren 1977 Sprachen (Stand Dezember 2005). Für die Verbreitung der Bibel setzen sich Bibelgesellschaften weltweit ein. In Deutschland sind dies insbesondere:
- die evangelische Deutsche Bibelgesellschaft
- das katholische Bibelwerk
- die überkonfessionelle Organisation Wycliff
____________________
Next time the devil tells you "You're stupid" say "No, you're stupid - ...I'm going to heaven, you ain't getting in".
~Joyce Meyer~