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Im Krieg mit Johnny Depp

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Autor Beitrag
Latifa
Experte


Beiträge: 2004
Ort: Der wilde Süden

Beziehung zum Thema Albanien: verheiratet mit Albaner/in
Interessen: Psychologie, Kino, Theater, Musik, Waldspaziergänge.


New PostErstellt: 30.01.12, 12:50  Betreff: Im Krieg mit Johnny Depp  drucken  weiterempfehlen

Ich habe jetzt ewig überlegt, wo ich das hinpacke, aber vielleicht ist ja jemand Biografie-Fan, es ist ja auch ein Stück Zeitgeschichte, wenn auch "aus der anderen Sicht". Wenn es nur nicht schon wieder so teuer wäre , käme ich glatt in Versuchung:

Emir Kusturica ist politisch umstritten und künstlerisch grandios.
Genauso ist auch seine Autobiografie: Amüsant, aberwitzig – und voller
Widersprüche.

Darf man Emir Kusturica, den bekanntesten Filmemacher
Ex-Jugoslawiens, noch mögen? So wie man Peter Handke liebt? Kusturicas
öffentlich inszenierte Nähe zum serbischen Präsidenten Milosevic und
heftige Liebesschwüre gegenüber dem in Den Haag als Kriegsverbrecher
angeklagten Radovan Karadzic waren unerträglich. Die großserbische
Parole „Ne damo Kosovo!“ (Wir geben den Kosovo nicht her), die
Kusturicas „No Smoking Orchestra“ auf seinen Tourneen regelmäßig
anstimmt, wirkt dagegen noch harmlos.

Auf der anderen
Seite gibt es diese tollen, irrwitzigen, poetischen Filme: „Papa ist auf
Dienstreise“ (1984) und „Underground“ (1995), beide mit der Goldenen
Palme ausgezeichnet, letzterer von politisch korrekten Kritikern
allerdings schon als „pro-serbisch“ verdächtigt. Die fabelhaften Filme
„Zeit der Zigeuner“ (1989) und „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998).

Noch immer erhält der Regisseur
internationale Auszeichnungen, und den besten Sportfilm der letzten
Jahre hat er auch gemacht: „Maradona by Kusturica“ (2006), denn die
Dokumentation über das gefallene argentinische Idol geht weit über den
Fußball hinaus.

Kusturica inszeniert seine Geschichte wie einen Film

„Der
Tod ist ein unbestätigtes Gerücht“, lautet der Titel von Kusturicas
Autobiografie, ein Zitat seines Vaters. Ein wesentlicher Teil des Buchs
ist den Eltern in Sarajevo sowie einer Reihe außergewöhnlicher
Großeltern, Onkel und Tanten gewidmet. Oft kommt die Familiengeschichte
wie ein Kusturica-Film daher, vielleicht sind aber auch die Filme
inspiriert von einer durch und durch schrägen Sippe. Die Nachbarschaft
im Stadtviertel Gorica bestand aus Parteifunktionären und Zigeunern.
Kusturicas Vater übrigens, ein dem Alkohol zugeneigter Freigeist, war
ein entschiedener Verächter Titos.

Im Klubhaus der
Polizei sieht der kleine Emir seine ersten Filme, Chaplin, Western,
französisches Kino und bald – ein Initiationserlebnis – Fellini, der
sein großes Vorbild wird. Auch Fassbinders meta-melodramatische Arbeit
mit Stereotypen soll ihn später prägen. Die erste Idee für einen Film
hat Kusturica schon als Jugendlicher. Eine Straßenbahn verlässt an der
Konditorei seines Viertels die Schienen und fährt über den Asphalt
weiter. „Im Film“, sagt Kusturica, „kann man das Unmögliche zeigen“, das
sei der Hauptantrieb seiner Kunst.

In Prag studiert er
unter dem tschechischen Regisseur Jiri Menzel an der Filmakademie. Für
sein Debüt „Erinnerst du dich an Dolly Bell“ erhält er 1981 in Venedig
den Goldenen Löwen. Durch die internationalen Erfolge verbringt der
Regisseur viel Zeit im Ausland, lebt zeitweise in Frankreich, lehrt in
den USA.

Mit Depp beim Kiffen in Sarajevo

Köstlich
sind Kusturicas Geschichten mit Johnny Depp, den er bei den
Dreharbeiten zu dem Film „Arizona Dream“ (1993) in Hollywood
kennenlernt und bis heute zum engen Freund hat. Man trinkt heftig, hilft
sich gegenseitig mit Lügen bei Produzenten aus der Patsche. Am Abend
des Bosnienkriegs hängen Emir und Johnny, versteckt vor dessen Agenten,
im verschneiten Sarajevo ab und kiffen.

Erst zum
Schluss kommt Kusturica, der gebürtige Bosnier mit serbischer und
französischer Staatsbürgerschaft, auf Milosevic zu sprechen – als seine
Mutter ihm die jugoslawische Gretchenfrage stellt: Wie hältst du es mit
dem Präsidenten? Der Sohn schildert ihn als vulgären Führer, der unter
dem Pantoffel seiner Frau steht, doch ja, anfangs hätte er Milosevic
für einen Visionär und Retter Jugoslawiens gehalten. Das sei ein Irrtum
gewesen, „aber ich bleibe bei dem, was ich einmal gesagt habe, egal, wie
es wirklich ist.“ Nach der Bombardierung Serbiens durch die Nato – die
Operation trug den schönen Namen „Merciful Angel“ – habe er ohnehin
nicht mehr zurückgekonnt.


http://www.fr-online.de/kultur/autobiografie-von-kusturica-erschienen-im-krieg-mit-johnny-depp,1472786,11535754.html




Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze.
Oscar Wilde

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