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Anna_kl
User mit Goldstatus!!!
Beiträge: 760
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Erstellt: 27.06.07, 00:37 Betreff: Re: Es ist soweit -- benötige Hilfe |
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Zu ernüchternd wollte ich eigentlich nicht sein. Namibia ist wirklich großartig, aber eben kein Billigland. Es gehört sicherlich auch nicht zu den teuersten wie Singapur oder solche Länder, es ist halt ein Land im Aufschwung, und das weiß man ja von anderen Ländern auch, dann wird alles teurer. Die Leute, die hier schon lange leben oder eben schon hier geboren sind, erzählen von ganz anderen Zeiten vor 20 oder 30 Jahren. Momentan kostet Benzin hier ungefähr die Hälfte von dem, was es in Deutschland kostet, aber die Leute von hier finden das sehr, sehr teuer, weil es eben bis vor noch gar nicht langer Zeit noch sehr viel billiger war.
Seit der Unabhängigkeit von 1990 hat sich Namibia kontinuierlich positiv entwickelt. Man möge meine Worte nicht auf die Goldwaage legen, es gibt sicherlich auch genügend Punkte, die man als negativ betrachten könnte, aber im großen und ganzen und im Vergleich zum Rest von Afrika ist Namibia ein "Musterländle". Und das schlägt sich eben auch in den Preisen nieder, denn die Wirtschaft entwickelt sich, braucht Leute, die werden relativ gut bezahlt - aus afrikanischer Sicht - und geben dieses Geld auch gern wieder für Konsumartikel und anderes aus, was die Wirtschaft weiter ankurbelt. Der übliche Kreislauf halt.
Zudem hat Namibia nicht den Fehler vieler seiner Nachbarländer gemacht (Simbabwe als schlimmstes Beispiel) und vorhandene Strukturen zerschlagen, indem es sämtliche Weißen aus dem Land gejagt hat, ohne für Ersatz aus der eigenen Bevölkerung zu sorgen. In Namibia haben die bestehenden Strukturen - und eben auch gerade die Weißen - einen hohen Anteil daran, daß der Staat blüht und gedeiht, und obwohl das nicht allen gefällt, scheint daran im Moment niemand ernsthaft etwas zu ändern wollen. Das trägt natürlich erheblich zur Attraktivität des Landes bei, und die Tourismusindustrie boomt deshalb auch. Es wird trotzdem vorsichtig an einer Landreform gearbeitet, aber wie gesagt: vorsichtig. Das gibt eine gewisse Sicherheit und Stabilität. Und schon wieder ein Argument für steigende Preise.
Ja, so ist das halt. Und daß es auf dem Land schwieriger ist als in der Stadt, das konnte man sich heute zum Beispiel in einer der zur Zeit so beliebten Auswanderersendungen auf VOX anschauen. Da wird zur Zeit u.a. über ein Ehepaar berichtet, das vor einigen Jahren nach Namibia ausgewandert ist und hier eine Farm gekauft hat. Die beiden waren zuvor Beamte und mußten sich alles selbst beibringen. Zudem müßte selbst jemand, der Ahnung in Landwirtschaft hat, hier alles neu lernen, denn hier wächst alles anders - oder besser gesagt: wächst nicht.
Eine Farm zu kaufen ist die eine Möglichkeit, die aber Kapital voraussetzt, wenn man das nicht hat, kann man auf dem Land (immer bezogen auf: als Auswanderer) fast überhaupt nicht leben. Dort gibt es eben das, was es in Windhoek und auch anderen Städten (es gibt nur eine Handvoll davon in Namibia) im Übermaß gibt, nämlich Wohnungen und Häuser, so gut wie gar nicht. Vielleicht zum Kaufen (was aber wieder mit Kapital verbunden wäre), aber auch nicht immer, zum Mieten aber sicher selten. Und es gibt eben auf dem Land auch keine Jobs. Sich als Weißer als Farmarbeiter zu verdingen, würden die meisten hier - vor allem die Schwarzen - wohl als sehr merkwürdig ansehen. Abgesehen davon, daß man mit so einem Job nichts verdienen kann und sehr schwer arbeiten muß. Aber es würde auch niemand einen weißen Farmarbeiter einstellen, nehme ich mal an. Da müßte man mal die Farmer fragen, wie sie dazu stehen.
Jedenfalls, diese beiden deutschen Beamten, die ja sogar mit Kapital nach Namibia gekommen sind, haben seit sie vor Jahren hierher gekommen sind, keinen Urlaub mehr gemacht, und natürlich gibt es auch kein Wochenende und keine Feiertage, und sie haben sich wirklich sehr gut angestellt, haben immer neue Ideen usw. Dennoch sagten sie, daß sie von dem, was sie auf ihrer Farm erwirtschaften, nicht leben könnten. Sie können nur hier leben, weil sie noch Mieteinnahmen aus ihrem Haus in Deutschland haben. Sie sind zufrieden mit ihrem Leben, sie unterstützen eine Schule - sehr wichtig auf dem Land, wo es kaum oder gar keine Schulen gibt - und sie leben sehr gut mit den Einheimischen zusammen, von denen viele für sie auf der Farm arbeiten, aber große Sprünge können die beiden nicht machen. Wären sie ohne Geld nach Namibia gekommen und hätten sie die Einnahmen aus ihrem Haus in Deutschland nicht noch, hätten sie nichts von dem machen können, was sie gemacht haben. Das ist eben das Problem.
Ich glaube, ich schreibe zu viel. Ich höre mal auf. Gute Nacht zusammen, und wer noch Fragen hat, ich versuche so gut wie möglich zu berichten. Namibia ist wie gesagt ein großartiges Land. Ich will niemand davon abbringen, hierherzukommen, es lohnt sich. Aber ohne Geld oder ohne die Möglichkeit, hier ein Geschäft aufzumachen, wird es schwierig, das darf man nicht verschweigen.
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