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Walter_
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Erstellt: 24.04.09, 09:14 Betreff: Re: Augen auf beim Auswandern |
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Hallo,
das, was unser Herr Nachbar anspricht, ist es, was ich immer predige. In einem anderen Länderforum (hier) habe ich Auswandern mit der Ehe verglichen: zunächst entflammt da die Leidenschaft und unter der rosaroten Brille neigt man zum Schönsehen. Dann kommt irgendwann der Punkt, wo einen der Alltag einholt und man die anderen Schönheiten kaum noch wahrnimmt, weil sie selstverständlich geworden sind.
Ich denke aber auch, dass es falsch wäre nun - in diesem Jammertal angekommen - nur noch das Negative zu sehen. Es ist eine Weggabelung an der man angekommen ist. Hier muss man sich entscheiden: zusammen bleiben (Du und die neue Heimat) und dann auch mal wieder die positiven Seiten sehen, oder sich trennen und nach 'ner Frustperiode ein neues Wagnis eingehen (neue Frau, neues Land - oder beides :-)
Aber, Hand auf's Herz: wer weiss schon, wie das nach ein paar Jahren aussehen wird? Wieder bei Muttern einziehen (Deutschland) ist für die wenigsten Auswanderer das Gelbe vom Ei. Also sucht man nach einer neuen, besseren Liebe (Land). Und das Schicksal entwickelt sich, falls man nix dazu gelernt hat und sich nicht selbst etwas ändert, wie gehabt.
Das Ganze ist also eine sehr persönliche Angelegenheit und eine wirklich lebensverändernde Geschichte. Und man sollte sich v o r dem (ersten) Auswandern fragen, ob man dort auch leben möchte, wenn die Kacke mal ganz dicke kommt. Letzteres von vornherein auszuschließen (weil da ja alles besser ist) wäre blauäugig. Aber: letztlich sind wir alle mehr oder weniger blauäugig und neigen zum Schönfärben, um uns den Entschluss leichter zu machen. Was bleibt am Ende?
Versucht das beste aus der Situation zu machen. Für dich bliebe - falls du dir nicht wieder 'ne neue Sprache einbläuen willst - nur Portugal als neues Domizil. Hinfliegen, umgucken und sehen ob es besser wäre - und: mit wacherem Auge diesmal gucken! Ich bin da mit einem Spanisch sprachigem Land besser dran. Spanien - nah am Puls vom Mutterland - reizt, aber alle wollen da weg und kommen hier her. Allerdings fast immer wegen der enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten, höheren Steuern dort usw.
Wer seinen Lebensunterhalt in einem Aus/Einwanderungsland bestreiten muss, ist ärger dran als ich. Logisch. Da kommt viel rascher die Frustperiode, wenn man erkennt dass da die Einheimischen den besseren Durchblick haben und deren Mentalität sich besser mit den Jobs dort verträgt. Aber: eigentlich sollte man das vorher schon wissen.
Einen Rat zu geben ist also sehr schwierig. Man kann daher nur hoffen, dass viele Menschen so was wie hier lesen, b e v o r sie ihren Schritt auszuwandern in die Tat umsetzen. Und nicht nur lesen, sondern darüber auch mal richtig feste nachdenken. Aber da ist immer noch die blauäugige Schönfärberei im Spiel, die den Frust in der Heimat wegklatscht. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ich denke, so wird wohl jeder seinen Weg gehen und seine eigenen (mehr oder weniger ähnlichen) Erfahrungen machen müssen. Oder...?
Walter p.s: hier (Paraguay) wandern die Leute nicht weg wegen der instabilen politischen Führung, sondern in der Regel ebenfalls nach der Erkenntnis, dass einem die bebratenen Tauben nicht in den Mund fliegen. Das Erwachen ist es - der Alltag, der einen irgendwann immer einholt. Wo immer man auch landen wird...
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