Bagatelle
Forum für Wichtiges und Nichtiges
 
Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge SucheSuche HilfeHilfe StatStatistik
VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender BookmarksBookmarks
Philosophisches Rätsel

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
wrangel
Junior-Mitglied


Beiträge: 18

New PostErstellt: 11.01.06, 12:36  Betreff: Philosophisches Rätsel  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Enigme philosophique

 

(Die Antwort bitte erstmal  NUR IN MEIN MAILFACH, damit jeder mitraten kann - merci)

 

 

Ende der siebziger Jahre war ich wieder einmal hoffnungslos abgebrannt. Trotzdem wollte ich unbedingt ein Semester in Paris studieren. Kurzentschlossen setzte ich mich mit hundert Mark und voller Gottvertrauen Mitte September in einen Zug und machte mich auf den Weg in die Stadt an der Seine.

 

Die Arbeit in den Halles war nicht wirklich etwas für meine zartgliedrige Statur, und es gab damals auch noch keine Irma la Douce in meinem Leben, für die es sich gelohnt hätte, unter einem Lastwagen mit Kartoffelsäcken entkräftet zu sterben. Also verdingte ich mich als Kellner in etlichen der vielen Restaurants im Quartier Latin, am Montparnasse und in St-Germain des Pres.

 

Die ersten beiden Wochen arbeitete ich im Coupole, dann kurze Zeit im Deux Magots, schliesslich wechselte ich zum Flore in St-Germain über.

 

Es war ein nasskalter Oktoberabend, ich hatte gerade zwei Tage als Garcon in meinem neuen Revier hinter mir und bekämpfte mit Escorial und Kamillentee eine heraufziehende Grippe, als ein kaum Einssechzig grosses bebrilttes, schon sehr tattriges, aber dennoch ehrfurchteinflössendes Männlein an der Hand einer gleichaltrigen,  jedoch  ungleich agileren Dame das Cafe betrat, unterm freien Arm ein Packen nasser Zeitungen. Zielstrebig steuerten die beiden auf eine Sitzgruppe beim Kachelofen zu und liessen sich dort nieder.

 

„Hör zu, so wird der letzte Abend sein...“ fiel mir  unwillkürlich ein Spätgedicht von  ...(1).......ein.

Wer würde mich einst ins Cafe führen?

Die beiden winkten mich heran.

Kakao, Espresso und Flan Flan.

„Wir sind alle zur Feinkost verdammt“ kommentierte der halbblinde Greis seine Bestellung und ich lächelte ihn verständnisvoll an.

 

Als ich mit den Bestellungen zurückkehrte, begrüsste er mich mit den Worten:

 „Er hat immer das Meer geliebt, das Meer und das Licht.“

Ich war leicht  perplex, denn er hatte den Blick starr auf mich geheftet. Doch das täuschte.

„In Paris fehlt das Meer und du bist in der Tristesse des Nordens gestorben...“

Ich räusperte mich, denn ich fühlte mich damals noch quicklebendig.

„ Er spricht von .. ..(2).........“ erklärte mir die ältere Dame und knetete nervös ein Streichholzheftchen in der Hand.

Kein Zweifel. Bei dem Alten handelte es sich  um  ....(3) .... und bei seiner Begleiterin um die  .....(4)........

 

In geriatrische Reflexionen versunken kehrte ich zum Tresen zurück und meditierte unter dem Blubbern der Espressomaschine dem Feierabend entgegen.

 

"Alles Verfall", murmelte einer der beiden Schachspieler, die links neben der Theke sassen, müde vor sich hin und zog seinen Bauern von c4 nach c5.

"Gardez!" konterte wie nebenher sein Partner, ein Siebzigjähriger in grüner Jacke  mit hellen Augen und vollem weissen Haar. Dann vertiefte er sich  wieder in eine litauische Emigrantenzeitschrift.

"Alles Verfall und Schlaflosigkeit" wiederholte voller Resignation der Angegriffene, zog lustlos und angewidert die buschigen Brauen zusammen,  brachte dann aber doch seine Dame in Sicherheit. 

 

Regen rauschte vor den Fenstern und blähte leicht die nikotinbraunen Gardinen.

 

Da wurde plötzlich die Tür aufgerissen und fünf offensichtlich angetrunkene Gäste, – alles Männer zwischen 50 und 60 -, betraten unser Etablissement.

Sie fläzten sich in die Polsterstühle eines Sechsertisches nahe der Tür und riefen nach Susette, meiner Kollegin.

 

„Einen Calvados, aber rasch!“ brüllte ein Kahlkopf mit Brille über die Tische hinweg  „sonst kann ich dieses Panoptikum hier“ er fuhr mit einer Drehbewegung des linken Armes die vier Wände ab, „nicht ertragen.“  Es war unklar, ob er nur seine vier Kollegen, das Lokal, die Stadt Paris oder das ganze Universum meinte.

 

„Unser guter .. .. (5)..... verwechselt nun sogar schon Restaurants mit Gefängnissen“ lästerte sein Nachbar zur Rechten. „Allenfalls haben wir es mit Texten und Kontexten zu tun, Neulektüre ist gefragt. Einen Cidre bitte.“

Der Widersprechende schien mir noch der nüchternste von den Fünfen zu sein.

 

„..  (6)....! Hören Sie mir auf mit Ihrer durch und durch bourgeoisen unbestimmten Allerwelts-Neulektüre. Wenn Neulektüre, dann das Kapital lesen. Marx und Klassenkampf sind aktueller denn je.“ krächzte ein schwarz gekleideter in sich gekrümmter Riese in die Runde und hob mit den Worten „Wie immer“ seine Hand in Richtung Theke.

 

Später erfuhr ich von Susette, dass es sich um. ...(7)...... handelte, über dem damals schon der Schatten seiner Bluttat hing.

 

Inzwischen hatte der kleine Greis vom Kachelofen sich aufgerafft und knallte eine seiner durchnässten Zeitungen auf den Tisch.

"Da lest das! Das ist das wahren Leben, ihr kleinbürgerlichen Famuli". Dann verschwand er wieder.

 

Keiner sagte ein Wort, keiner rührte das Blatt an, das kleine Lachen Regenwassers  auf dem Resopaltisch bildete.

 

Stattdessen nahm ein füchsisch aussehender Herr mit flinken Augen, der neben dem zerknitterten Riesen sass, sich des offensichtlich gefährdeten Denkers an.

 

„Einen Pernod, für mich und meinen Freund...Mag sein, mon ami, dass Marx wichtiger als Freud ist, aber wir haben es doch längst mit einem Rhizom zu tun, einem  vieldimensionalen Labyrinth zu tun. Freud bleibt der Zugang zu unserem Ich,  aber..."

 

„Das Ich ist doch pure Simulation, ....(8).....“ grölte der Trunkenste der fünf unverhofft aus seiner Halbohnmacht erwachend durch den Saal. „Wir sind alle Simulanten! Hört ihr? Und wir leben alle in der Depression nach der Orgie." Dann sackte seine Stimme wie ein im Flug getroffenes Moorhuhn weg und lispelnde Seriosität heuchelnd meinte er zu Susette: "Ein Simulakrum bitte, Susette“.

 

Ich schaute meine Kollegin fragend an.

„Das ist ... (9).....“ flüsterte Susette mir zu, "mit Simulakrum meint er seinen  Campari Orange" und stellte die Getränke auf ein Tablett.   

 

Inzwischen waren die beiden Schachspieler auf die fünf aufmerksam geworden.

„Da sehen Sie es wieder, mein allzu optimistischer Freund"  meinte der Missgelauntere von den beiden mit den buschigen Augenbrauen,  legte den König um und stand auf.  "Eine verfehlte Schöpfung, und ich kann zuviel Mensch nicht ertragen.“

"Der andere ist eine ganz eigene Wirklichkiet, ...(10)......nicht wie wir. L'autrui aussi....Bon soir.“ seufzte sein Schachpartner und griff wieder nach seiner Emigrantenzeitschrift.

„Tut mir leid, ...(11).... ..Ich verschwinde wieder in meine Mansarde und werde versuchen zu schlafen.“ 

 

 

Aus den Lautsprechern trällerte leise ein Schlager und ein schwarzer Pudel, von dem niemand wusste, wem er gehörte, schlüpfte durch die Beine des Weggehenden ins Restaurant.  

 

 

 

Wer gehört wo hin?



nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
urania
Experte


Beiträge: 233


New PostErstellt: 11.01.06, 12:45  Betreff: Re: Philosophisches Rätsel  drucken  weiterempfehlen

Au weia, du erwartest ja eine ganze Menge von uns!

Ich muss mich am Abend nochmal dranmachen; hier im Geschäft werde ich für Mathematik, leider nicht für Philosophie bezahlt.

Gruss

urania





Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe.
(René Descartes)
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
urania
Experte


Beiträge: 233


New PostErstellt: 11.01.06, 19:39  Betreff: Re: Philosophisches Rätsel  drucken  weiterempfehlen

wrangel,

danke für dein Rätsel! Das ist amüsant geschrieben, und nachdenken und grübeln kann man auch noch! Klasse!

urania





Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe.
(René Descartes)
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
urania
Experte


Beiträge: 233


New PostErstellt: 12.01.06, 10:22  Betreff: Re: Philosophisches Rätsel  drucken  weiterempfehlen

Hallo wrangel

Nachdem du nun schon im CDU-Forum die Auflösung bekanntgabst, kannst du es hier auch tun.

Allerdings finde ich es schade, dass du uns nicht etwas mehr Zeit gelassen hast. Meine Tochter ist noch am Grübeln.

Gruss

urania





Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe.
(René Descartes)
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
wrangel
Junior-Mitglied


Beiträge: 18

New PostErstellt: 12.01.06, 10:47  Betreff: Re: Philosophisches Rätsel  drucken  weiterempfehlen

pardon, urania,

aber die Reda löscht ab 9 Uhr.

Mann/Frau muss(te) ja nicht in die Auflösung hineinlesen...

konnte sie ja auch nur kopieren.

Viel Erfolg pour ta fille

Wrangel  



nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
urania
Experte


Beiträge: 233


New PostErstellt: 12.01.06, 11:04  Betreff: Re: Philosophisches Rätsel  drucken  weiterempfehlen

Ich hab's auch noch nicht gelesen, wenn mir auch der eine oder andere Name auffiel, sondern kopiert.

Also werde ich mir zusammen mit Caro Gedanken machen ...

urania





Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe.
(René Descartes)
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © subBlue design