"Position der SPD ist völlig abwegig"
Harsche CDU-Kritik an Haltung zu Gazprom-Kooperationsvorschlag / Ärzte sehen Chancen
Vom 11.10.2008
Verhärtet sind die Fronten auch in der Diskussion um eine mögliche Kooperation von Gazprom mit der Kraftwerke Mainz Wiesbaden AG (KMW). Während die einen die Berechtigung eines neuen Gaskraftwerkes untermauert sehen, halten die anderen am Kohlekraftwerk fest.
Scharf attackieren CDU-Stadtratsfraktion und die CDU-Stadtbezirksverbände Altstadt, Gonsenheim, Hartenberg-Münchfeld, Mombach sowie Neustadt die jüngsten Äußerungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Oliver Sucher im Zusammenhang mit der Diskussion um einen möglichen Kooperationsvertrag mit Gazprom für ein Gaskraftwerk auf der Ingelheimer Aue. Schützenhilfe leisten die Ärzteinitiative gegen den Bau des Kohlekraftwerkes und die Bürgerinitiative Kohlefreies Mainz (KoMa). Der Betriebsrat der KMW hingegen sieht sich in der Diskussion durch CDU-Chefin Andrea Litzenburger "missbraucht".
Wie berichtet, hatte Sucher das Angebot des russischen Energiekonzerns Gazprom, sich zu mindestens 50 Prozent an Bau und Betrieb eines Gaskraftwerks auf der Ingelheimer Aue zu beteiligen, als "Einstieg in den Ausverkauf der Stadt an russische Oligarchen" bezeichnet. Zudem verwies Sucher auf die Unternehmensstrategie von Gazprom, deren Ziel es sei, die russische Energieerzeugung auf Kohle umzustellen, um das eigene Gas möglichst profitabel ins Ausland verkaufen zu können. Auch vor dem Hintergrund, dass die CDU Teile des bestellten Kraftwerks nach Brunsbüttel verkaufen wolle, wo ein doppelt so großes Kohlekraftwerk wie in Mainz gebaut werden solle, frage er sich, so Sucher, wie sich dies mit dem Credo der CDU "Bewahrung der Schöpfung" und der von CDU-Chefin Litzenburger ausgegebenen Parole "Ökologie vor Ökonomie" vertrage.
Laut Auskunft von Klaus Hofmann, Vorsitzender der CDU Gonsenheim, ist das Brunsbütteler Projekt allerdings inzwischen ins Wackeln geraten: Der spanische Energiekonzern Iberdrola, der 51 Prozent der Investitionskosten übernehmen wollte, habe seinen Ausstieg erklärt und dies mit "wachsenden Zweifeln an der Wirtschaftlichkeit neuer Kohlekraftwerke" begründet, so Hofmann.
"Oliver Sucher empfiehlt Kohle um jeden Preis", kommentieren die stellvertretende Kreisvorsitzenden der CDU, Walter Konrad und Gerd Schreiner, die Position des Sozialdemokraten. Gazprom habe ein Gesprächsangebot gemacht und ausdrücklich von einer Kooperation ohne unternehmerische Einwirkung gesprochen. Die Gespräche sollten abgewartet werden, so die beiden CDU-Politiker. Die CDU wolle dadurch keine Mitbestimmungsrechte preisgeben. Auch die CDU-Stadtbezirksverbände geben CDU-Chefin Andrea Litzenburger Rückendeckung, die den neuerlichen Gas-Vorschlag in die Diskussion eingebracht hatte. Es gehe um die Gesundheit der Menschen in der Region. "Herr Sucher hat sein Stadtratsmandat immerhin von diesen Bürgerinnen und Bürgern erhalten und nicht von den Vorständen stadtnaher Gesellschaften", kritisiert Christine Diehl, stellvertretende Vorsitzende der CDU Gonsenheim. Bei der Alternativ-Suche sei eigentlich der KMV-Vorstand gefordert. Wenn Andrea Litzenburger sich dennoch engagiere, werde deutlich, "dass der Mainzer CDU weder die Arbeitsplätze noch die Wertschöpfung in Mainz gleichgültig sind", unterstreicht Karin Trautwein, Vorsitzende der CDU Hartenberg-Münchfeld.
Die Ärzteinitiative gegen den Bau des Kohlekraftwerkes begrüßt das Angebot von Gazprom. "Auch die von der Genehmigungsbehörde beauftragten Gutachter machen Einschränkungen für den Betrieb des Kraftwerkes, obwohl sie bewusst wegen ihrer grundsätzlich positiven Haltung zu solchen Projekten hinzugezogen worden waren," sagt der Initiativensprecher, Dr. Gunther Schwarz. So sehe Prof. Eikmann in seinem Gutachten durchaus die Notwendigkeit, in Mainz die Fein- und Ultrafeinstaub-Belastungen zu reduzieren. Einmal mehr hätten die Mainzer Sozialdemokraten ihre Beteuerung widerlegt, sie würden den Bau eines GuD-Kraftwerkes dem eines Kohlekraftwerkes bevorzugen, so bewertet die Bürgerinitiative Kohlefreies Mainz (KoMa) das Kooperationsangebot und die "reflexartige Ablehnung" der Option durch die SPD.
"Wir sind entsetzt über den Versuch von Frau Dr. Litzenburger, unsere Sorge um die KMW-Arbeitsplätze derart zu missbrauchen und uns Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des neuen Kohleheizkraftwerks unterzujubeln", kontert Hans-Joachim Heidecker, KMW-Betriebsrat. "Das ist infam (und unchristlich)!" "Wir vom Betriebsrat der KMW haben nie die Wirtschaftlichkeit des KHKW bezweifelt und solches auch nie in einem Brief geäußert. Unseren Brief an Herrn Minister Gabriel vom 1. Februar 2008 mit der Bitte um politische Unterstützung stellen wir gerne der Öffentlichkeit zur Einsicht zur Verfügung." "Eine mindestens 50 Prozent Beteiligung eines internationalen Gaslieferanten wie Gasprom an den KMW oder den Stadtwerken sei einem Ausverkauf der kommunalen Energieversorgung gleichzusetzen.
"Wir dürfen uns gerade in diesen Zeiten nicht von unberechenbaren internationalen Monopolisten abhängig machen", erklärt unterdessen der Fraktionsvorsitzende der Republikaner, Stephan Stritter.