Haseldorf/Stade - 31.12.2008
Eilantrag Oberverwaltungsgericht Lüneburg hebt Bebauungsplan auf
Bürger feiern Erfolg gegen Kohlekraft
Die Stadt Stade muss wahrscheinlich ganz neues Planungsrecht schaffen. Das kostet viele Monate Zeit. Damit könnte das Electrabel-Vorhaben platzen, ein 800-Megawatt-Werk in Bützfleth zu bauen.
Bei den Bürgerinitiativen gegen den Bau von Kohlekraftwerken in Stade herrscht Jubelstimmung. Der Grund: Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Änderung des Bebauungsplanes "einstweilen außer Verzug gesetzt", die extra für ein neues Kohlekraftwerk erlassen worden war. Weder beim Bauherren, dem belgisch-niederländischen Energiekonzern Electrabel, noch bei der Planungsbehörde der Stadt Stade war Dienstag jemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
"Wenn am Ende auch in der Sache so entschieden wird, macht es der Electrabel den Bau schwierig", äußert sich Siegfried Zell, einer der Sprecher der Bürgerinitiative Haseldorfer Marsch, betont zurückhaltend. "Ich bin da vorsichtig." Die Bürgerinitiative auf Stader Seite äußert sich da eindeutig: "Electrabel ist der Boden entzogen", heißt es in einer Pressemitteilung.
Entschieden ist allerdings noch nichts. Denn bislang ging es einzig um einen Eilantrag zur Normenkontrollklage, die von den Initiativen sowie den Gemeinden aus der Haseldorfer Marsch und weiteren Kommunen einschließlich Uetersen unterstützt wird. Diesem Eilantrag wurde stattgegeben, weil in der Sache Aussicht auf Erfolg besteht.
"Das Gericht hat bestätigt, dass im B-Plan keine notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung in Bützfleth, insbesondere gegen Lärm, festgeschrieben wurden", erklärt Dr. Jochen Witt, einer der drei Sprecher der Bützflether Initiative.
Die kritischen Bürger auf Stader Seite bemängeln, dass sie mit Ausnahme von den Grünen mit ihren Argumenten bei den Politikern keine Unterstützung gefunden hätten. Deshalb habe man nun den zeit- und kostenaufwändigen Weg über die Gerichte wählen müssen.
Auf Seiten der Pinneberger Elbmarsch sieht das ganz anders aus. Dort haben sich die Gemeindevertreter fast einstimmig dazu bekannt, sich gemeinsam mit der Bürgerinitiative gegen die geplante massive Industrieansiedlung zu wehren. Denn neben der Electrabel planen auch der Energiekonzern E.on sowie die Energiewerke Baden Württemberg (EnBW), große Kraftwerke zu errichten. "Wir sind nicht grundsätzlich gegen Kohlekraft, aber gegen so viel an einem einzigen Standort", erklärt Initiativensprecher Zell, der in Hetlingen lebt und von Beruf Tunnelbau-Ingenieur ist.
Für Electrabel könnte sich mit der juristischen Vorentscheidung die Spreu vom Weizen trennen. Denn erst vor anderthalb Jahren hatte der Konzern zwei Kraftwerksblöcke für Norddeutschland bestellt und drei geplant. Neben Stade sind dafür Flächen in Wilhelmshaven und Brunsbüttel gekauft worden. In Wilhelmshaven sind die Planer am weitesten vorangeschritten. Dort ist der Grundstein gesetzt und die erste Teilerrichtungsgenehmigung erteilt.
In Brunsbüttel liegen seit Dienstag die Pläne für den Bau eines Kohlekraftwerks aus, das ebenso wie in Stade mit Elbwasser gekühlt werden soll. Aber auch dort wehrt sich eine Bürgerinitiative gegen die vermutete starke Umweltbelastung. Jetzt kommt es darauf an, ob die Politiker und Mitarbeiter der Verwaltung am Kanal ihre Hausaufgaben besser gemacht haben als in Stade. Auch das wird wahrscheinlich juristisch überprüft. Jedermann kann sich derzeit mit den Bauplänen beschäftigen. Denn die werden gleichzeitig mit dem Bauantrag in den Rathäusern ausgelegt.
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2008/12/31/1000288.html