Teufel mit
dem Beelzebub
austreiben
Kohlekraft: Sorge in der Wilstermarsch
„Brunsbüttel europaweit teuerster Chemiestandort' |
Brunsbüttel (rp) In der Wils-termarsch geht die Sorge um, dass die Region bald nicht mehr lebenswert ist, wenn im benachbarten Brunsbüttel im großen Stil Kohle und Ersatzbrennstoffe zur Stromerzeugung verbrannt werden.
Befürchtet werden negative Auswirkungen auf die Gesundheit durch Abgase aus den Schloten der bis zu vier geplan ten Kraftwerke. Gemeinsam wollten Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Un terelbe, BUND und NABU den für den Kreistag kandidieren den Parteien auf den Zahn fühlen, deren Haltung ausloten.
Rund 80 Interessierte hörten sich Mittwochabend im Colos-seum in Wüster an, was CDU-Kreis-Chef und Landtagsabge ordneter Hans-Jörn Arp, SPD-Kreistagsabgeordneter und Vorsitzender der Steinburger Sozialdemokraten Rudolf Riep sowie Grünen-Vertreter im Kreistag Dr. Jürgen Ruge zu sagen hatten.
Ebenfalls auf dem Podium saßen Günther Hildebrand (FDP-Landtagsabgeordneter aus dem Kreis Pinneberg) und der Hamburger Robert Krause (Linke).
Einigkeit herrschte darüber, dass der beabsichtigte Ausstieg aus der Kernenergie Alternati ven notwendig mache. Kohlekraftwerke, so Arp und Hilde brand, seien derzeit die einzigen Möglichkeiten, einer Lücke in der Stromversorgung vorzubeugen. Und, daran erinnerte Arp, es würden veraltete Kraftwerke in Deutschland durch neue an der Elbe ersetzt.
Das bedeute, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, erklärte Rudolf Riep. Brunsbüt tel sei zwar ein Energiestandort, griff er die Marschrichtung der Landesregierung auf. Aber es sei „absolut unhaltbar, dass dort ein Heizkraftwerk für die
Industrie gebaut wird und daneben ein Kohlekraftwerk, das die Wärme in die Elbe entsorgt."
Für Dr. Jürgen Rüge steht fest: „Energie ist die Zukunftsfrage." Gleichwohl fürchte er, dass Kohlekraft zu Lasten anderer Energien gehe. Bei Laufzeiten von mehreren Jahrzehnten für solche Kraftwerke hätten alternative Energien keine Chance auf Entwicklung. Mit Verweis auf ein kürzlich in Neuendorf Sachsenbande vorgestelltes Konzept (wir berichteten) erklärte Rüge, die sichere Versorgung mit Strom aus regenerativen Quellen sei durchaus machbar.
„Es geht um die Zukunft unserer Kinder", machte Arp deutlich, weshalb in Brunsbüt tel jetzt gehandelt werden müsse. Die Energieversorgung sei sicherzustellen und auch der Standort zu halten. Denn derzeit gelte Brunsbüttel als teuerster Chemiestandort europaweit. Schuld
seien hohe Energiekosten.
Die neuen Kraftwerke sollen vor allem Strom günstiger anbieten können. Und unabhängiger machen von wenigen großen Versorgern.
„Die Linke lehnt aus prinzipieller Überlegung den Bau von Kohlekraftwerken ab", erklärte Robert Krause. „Wir brauchen keine Importkohle aus der Dritten Welt." Es gelte vielmehr darum, regenerative Energien auszubauen. Das sei bis 2050 umsetzbar.
Im Moment, so FDP-Mann Hildebrand, sei die Energielücke aber nicht anders zu schließen. Auch er sagte: „Energie muss von den Preisen her den Standort attraktiv machen."
Karsten Hinrichsen (Bürgerinitiative) appellierte in seinem Schlusswort an die anwesenden Politiker: „Helfen Sie uns, diesen Quatsch zu verhindern!"
BZ - Freitag, 23. Mai 2008 Teil Brunsbüttel Seite 11