„Unkooperative Haltung“: Firma vergrault ?
Ein Rats-Beschluss ärgert die Firma Prokon. Sie zog einen Bauantrag zurück und stellt den Standort in Frage.
Itzehoe
– Eine Windenergie-Anlage soll aufgebaut
werden. Bei der Entscheidung für einen Standort muss dabei nicht nur
auf die Windverhältnisse geschaut werden. Voraussetzung ist auch, dass
die Fläche als „Vorranggebiet für Windenergienutzung“ ausgewiesen ist.
Ob das der Fall ist, entscheidet die Gemeinde.
„Damit Entscheidungen für die Windenergie getroffen werden und um
die Akzeptanz von Windparkprojekten bei den Menschen vor Ort zu
erhöhen, werden in den Gemeinden finanzielle Anreize gesetzt“, erklärt
Carsten Rodbertus, Geschäftsführer der Firma Prokon. Die Gewerbesteuer-Zerlegung
sieht seit 1. Januar vor, dass die Steuer zu 70 Prozent an die Gemeinde
fließt, in der das Windrad steht, 30 Prozent erhält die Gemeinde, in
der der Betreiber seinen Sitz hat.
Für Prokon gab es seit 2003 die Vereinbarung mit der Stadt, den
Standortgemeinden 100 Prozent der Steuer zuzugestehen. „Damit waren wir
in der starken Konkurrenz um Standortflächen besonders
wettbewerbsfähig“, erklärt Rodbertus. Nachteile durch die dezentrale
Lage in Itzehoe seien ausgeglichen worden. Vom unternehmerischen
Wachstum habe auch die Stadt profitiert. „Prokon hat hier nicht nur
zwei moderne Firmengebäude errichtet, sondern bereits über 130
nachhaltige Arbeitsplätze geschaffen.“ Zudem fließe die Gewerbesteuer
der übrigen Gesellschaften der Prokon-Gruppe an die Stadt.
Im September habe sich der Wirtschaftsausschuss gegenüber der Fortführung des Abkommens – das auch eine Steuer-Pauschale
im kleinen sechsstelligen Bereich für die Stadt vorsieht –
„aufgeschlossen“ gezeigt. Doch als das Thema nun im nichtöffentlichen
Teil der Ratsversammlung zur Abstimmung stand, gab es keine Zustimmung.
Nach Informationen unserer Zeitung entstand ein Patt von 15 zu 15
Stimmen. Uneinigkeit herrschte offenbar in der SPD-Fraktion.
In der CDU hatte man sich auf Zustimmung geeinigt, doch zwei Vertreter
verließen den Raum, drei weitere fehlten ohnehin entschuldigt.
Die Firma Prokon hat die Konsequenzen daraus gezogen: „Einige
Stadträte vermuteten, dass sich Prokon ihrer Pflicht entziehen möchte.
Dieses Misstrauen können wir nicht akzeptieren.“ Die Entscheidung
gefährde einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil. „Diese unkooperative
Haltung stellt für uns den Standort Itzehoe grundsätzlich in Frage.“
Deshalb wurde „vorerst“ der Bauantrag für ein drittes Gebäude
zurückgezogen. Dort sollten 50 neue Mitarbeiter untergebracht werden.
Durch die Ausweitung auf die Herstellung von Windenergieanlagen sollten
200 weitere Fachkräfte nach Itzehoe kommen.
„Es ist ganz unglücklich gelaufen“, sagt CDU-Fraktions-Chef
Ralph Busch, der selbst krankheitsbedingt fehlte. „Es ist erschütternd,
welches Bild wir damit nach außen von Itzehoe zeigen.“ Man könne nicht
auf der einen Seite sagen, dass es zu wenig Wirtschaftsförderung gibt,
und gleichzeitig „kleinkrämerisch“ entscheiden. „Wir sollten froh über
jeden Arbeitsplatz sein.“
Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Rainer Lutz
ärgert sich über die „Erbsenzählerei“. Es sei ein Paradebeispiel dafür,
dass Politik in Itzehoe immer weniger mit Gestalten zu tun habe. „Mit
so einem Gehabe vergraulen wir alle.“ Die Regelung wäre für ihn „ein
Stück Wirtschaftsförderung“. Gemeinsam haben die Fraktions-Chefs deshalb in einem Brief an Prokon zum klärenden Gespräch eingeladen.
In der „Rolle des Vermittlers“ sieht sich auch Bürgermeister Rüdiger
Blaschke. „Die Verwaltung hätte dem Anliegen gerne Rechnung getragen“,
sagt er. Noch sei nichts verloren. „Es braucht noch Überzeugungsarbeit,
aber die ist leistbar.“
An Prokon soll es nicht liegen. Zwar sieht Carsten Rodbertus „nur
noch ein sehr kleines Zeitfenster“, um einen Standortwechsel abzuwenden
und es gelte zunächst, das Misstrauen aus dem Weg zu räumen. „Aber wir
werden niemandem die Tür vor der Nase zuschlagen.“
Katrin Götz