Krebskataster für Brunsbüttel
Statistik soll eine Häufung von Krebsfällen im Bereich der Kanalschleuse nachweisen helfen.
Brunsbüttel
– Eine signifikant hohe Krebsrate in Bereichen nahe der
Brunsbütteler Kanalschleuse – Jens Rusch, frei schaffender Künstler und
"Vater" der Wattolümpiade zu Gunsten der Schleswig-Holsteinischen Krebsgesellschaft, will ein Kataster über die Zahl der Karzinom-Erkrankungen aufstellen.
Ziel, so der 58-Jährige, sei es, den Verdacht eines Zusammenhangs
mit den Abgasen von in der Schleuse liegenden Schiffen, zu erhärten.
Wie berichtet, sehen sowohl Rusch als auch der Brunsbütteler Arzt Dr.
Christian Schöning den Schadstoffausstoß von Frachtern beim
Schleusenvorgang als Ursache für viele Krebserkrankungen in
Schulstraße, Goethestraße, Schillerstraße und Trischenring.
Dies gelte für den Fall, dass jemand schon anfällig für eine
Tumorerkrankung ist, so Schöning. Er verweist auf einen Krebsfall in
nahezu jedem dritten Haushalt. Der Mediziner führt seit einigen Jahren
eine eigene Statistik.
Jens Rusch will hier ansetzen und ein Krebskataster für die gesamte
Stadt einrichten. Er sagt: „Die Verdichtung der Neuerkrankungen lässt
Rückschlüsse auf die Ursache zu.“
„Das erste Bild, das ich haben will: Wo besteht eine Häufung?“,
umreißt er die angepeilte Statistik. Derzeit werde an den grundlegenden
Fragen für die Erhebung gearbeitet. Später sollen Flugblätter in den
Arztpraxen ausgelegt werden, um Informationen zu bekommen.
Rusch weiß, dass sein ehrgeiziges Unterfangen sehr aufwändig ist. Er
hofft daher nicht nur auf fachliche Unterstützung von Ärzten, sondern
auch auf tatkräftige Mithilfe. Und eine weitere Idee: Die beiden
Messstationen, die in Brunsbüttel für eine Erfassung der
Schadstoffbelastung in der Luft eingesetzt werden, sollten genutzt
werden, um weitere Daten zu liefern, die möglicherweise einen
Zusammenhang mit Schiffsabgasen untermauern.
Christoph Düring, Geschäftsführer der Krebsgesellschaft mahnt zur
Vorsicht. Grundsätzlich, betont er, weise die Schleusenstadt mit
jährlich rund 80 neuen Krebskranken keine Besonderheit auf. „Uns liegen
dazu keine Erkenntnisse vor“, erklärt Düring. Dennoch lobt er Ruschs
Vorhaben als „an sich eine gute Sache“. Man müsse das durchaus ernst
nehmen.
Und Prof. Dr. med. Alexander Katalinic, Direktor der Registerstelle des Krebsregisters Schleswig-Holstein sagt: „Wir würden den Aufbau eines Katasters mit Rat unterstützen.“
Gleichwohl gibt Katalinic Entwarnung: „Man kann ausschließen, dass
es sich dort um ein großes Risiko handelt.“ Denn je älter die Menschen
werden, um so größer sei die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken.
„In Neubaugebieten wohnen mehr junge Menschen“, sagt er, daher sei dort
die Fallzahl niedriger als in alten Wohngebieten. „Das ist eine
Problematik, die häufig missverstanden wird.“ Zudem zeige auch das
Tumorspektrum in Brunsbüttel, dass es dort keine Häufung typischer auf
Umwelteinflüsse zurückzuführenden Karzinome gebe.
Das bestätige auch der Blick in die Daten des Krebsregisters: „Für
Brunsbüttel können wir nichts entdecken. Wenn es einen Ort massiv
beträfe, müssten wir das feststellen können“, betont Katalinic.
Ralf Pöschus