Sitzungsmarathon zum Kraftwerksprojekt
Erörterung: Werden alle Auflagen eingehalten oder muss nachgebessert werden?
Brunsbüttel
– Auftakt zum Sitzungsmarathon: Gestern begann im Brunsbüttler
Elbeforum die öffentliche Erörterung der Einwendungen gegen den
geplanten Kraftwerksbau der GDF Suez. Dies ist Bestandteil des
Genehmigungsverfahrens für den Kohlemeiler.
Die Leitung der auf mehrere Tage angelegten Erörterung hat Dr.
Gustav Brinkkötter, zuständiger Dezernatsleiter beim Landesamt für
Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Unterstützt wird er
von sechs Mitarbeitern, die teils aus Fachbehörden kommen.
„Wir haben acht Verhandlungstage angesetzt“, erklärte Brinkkötter
gestern das Verfahren. Schließlich solle alles erörtert werden können.
Das bedeutet, bei 2300 Einwendungen nach dem Bundes-Imissionsschutzgesetz
sind in diesem Fall 400 unterschiedliche Argumentationen abzuarbeiten.
Das Ergebnis aus dieser Erörterung sowie einer weiteren Erörterung
unter Federführung des Kreises Dithmarschen nach dem Wasserrecht – die
GDF Suez will Elbwasser zu Kühlung nutzen – fließen in die Genehmigung
ein. Unabhängig davon bemüht sich die Stadt Brunsbüttel für den
Energiekonzern den benötigten Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Das
behördliche Verfahren, so Brinkkötter gestern gegenüber unserer
Zeitung, kann drei bis vier Monate in Anspruch nehmen. Eine
Entscheidung fällt bei der Erörterung nicht. Werden alle gesetzlichen
Auflagen eingehalten, steht der Genehmigung nichts im Wege. Das machte
Brinkkötter gestern deutlich: „Einen Ermessensspielraum gibt es nicht.“
Für die GDF Suez Energie Deutschland AG mit Sitz in Berlin geht es um nicht weniger grünes Licht für den Bau des 830-Megawatt-Steinkohlekraftwerks
nördlich des Atommeilers. „Wir sind zuversichtlich“, so die
Pressesprecherin Alex Herrmann. Über die Dauer der Erörterung mochte
sie ebenso wenig spekulieren wie Projektleiter Frank Albers. Der hatte
bereits nach der Mehrheitsentscheidung des Stadtrats im November, den B-Plan
im Entwurf auf den Weg zu bringen, erklärt: „Es ist ein gutes Projekt,
das die Region stärkt.“ Und, so Albers damals, die jetzt zu GDF Suez
umfirmierte Electrabel habe von sich aus die gesetzlichen Grenzwerte
noch einmal enger gefasst. Daher sei der eine Milliarde teure
Kohlemeiler, der 2012 ans Netz gehen soll, durchaus umweltverträglich.
Um dies in der Erörterung zu untermauern, reiste die GDF mit einem Stab
an Fachleuten an.
Auch die Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe (BI)
verlässt sich auf fachliche Beratung, wenn es um die Einwände gegen das
Kraftwerksprojekt geht. Zumindest gestern, heute und morgen gibt es
fachjuristische Hilfestellung von der Deutschen Umwelthilfe.
Die BI sorgt sich vor allem um die aus ihrer Sicht nicht
abschätzbaren Risiken für Natur und Gesundheit durch Schadstoffe, die
aus den Kraftwerksabgasen in den Boden gelangen können. Fährt das
Kraftwerk unter Volllast, werden stündlich 295 Tonnen Steinkohle
verfeuert.
Für die Kritiker der Anlage ist es „eines der fragwürdigsten
Großkraftwerksprojekte Deutschlands“. Der Meiler werde jährlich allein
5,6 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen und unterlaufe damit die
Klimaschutzbemühungen. Hinzu kämen gesundheitsgefährdende Feinstäube,
Schwermetalle und Dioxine.
Ralf Pöschus