Der Stör in der Stör: Hoffnung auf Rückkehr
Experten machten auf einer Veranstaltung des
Heimatverbandes für den Kreis Steinburg Hoffnung: Der Stör könnte schon
in einigen Jahren in die Stör zurückkehren.
Kreis Steinburg
– „Im großen und ganzen sind wir auf einem guten Weg.“ Uwe Jens
Lützen (71), der sich seit Jahren ehrenamtlich für die Rettung des
nahezu ausgestorbenen Europäisch-Atlantischen
Störs (Acipenser Sturio L.) engagiert, ist sehr zuversichtlich. Auf
Einladung des Heimatverbandes für den Kreis Steinburg hielt er vor
einem interessierten Publikum einen Vortrag zum Thema „Stör und Störe –
im Wandel der Zeiten“.
Dass Fluss und Fisch denselben Namen tragen, liege nach
sprachwissenschaftlichen Kenntnissen an ihrer Größe. Die vor der
Eindeichung weit ausladende Stör (Sturia) und der bis etwa vier Meter
lange Europäische Stör (Sturio) wurden offenbar als besonders groß
(dänisch: stor) empfunden und so benannt. Uralt sind beide. Störe habe
es schon vor mehr als 200 Millionen Jahren gegeben. Der Fluss entstand
durch das nach der letzten Eiszeit aus dem Norden ablaufende
Schmelzwasser.
Dass der Methusalem unter den Fischen gerettet wird, dafür setzt
sich auch das Washingtoner Artenschutzabkommen ein, das die insgesamt
noch existierenden 27 Störarten schützt. Beheimatet war der Europäische
Stör einst an der europäischen Atlantik- und an der Nordseeküste, von
Gibraltar über die Biskaya, den Ärmelkanal, die Nordsee bis hinauf nach
Norwegen, in den Zuflüssen und ihren Nebenflüssen. Als „anadromer
Wanderfisch“ kehrten sie zu den Plätzen zurück, an denen sie geschlüpft
waren, so auch in die Oberläufe von Eider, Elbe, Oste und Stör.
Überfischung, Flussbettbegradigung und Wasserverschmutzung brachten der
Art beinahe das Ende. Doch es gibt ebenso Hoffnung wie internationale
Hilfe für den Stör, der 2001 zum Fisch des Jahres gekürt wurde. Seit
dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Bau von modernen Klärwerken in
Tschechien und den neuen Bundesländern regenerierte sich das Wasser der
Elbe und ihrer Nebenflüsse. In Frankreich fing man an, gezielte
Nachzucht zu betreiben, aus der auch Exemplare nach Deutschland
abgegeben wurden. In die Flüsse Dordogne und Garonne wurden tausende
Jungtiere ausgesetzt. Die deutsche Nachzucht ermöglichte erste
versuchsweise Besatzmaßnahmen in die Elbe bei Lenzen/Brandenburg und in
den Elbe-Nebenfluss Oste. Nachzucht des
Ostseestörs, vor drei Jahren in der Oder ausgesetzt, sei inzwischen
wohlauf bei Bornholm gesichtet worden, so der Referent. „Das ist der
Hammer!“, freute er sich über den vielversprechenden Erfolg mit dem
nahen Verwandten des Europäischen Störs.
Für den Itzehoer Uwe Jens Lützen, der eng mit der Gesellschaft zur Rettung des Störs, dem Leibnitz-Institut
für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin zusammenarbeitet, war
es ein großartiges Ereignis, als im Mai in seiner Heimatstadt auch ein
experimenteller Besatz von jungen Stören in die Stör stattfand – im
Rahmen des Störschipperfestes erstmals unter Beteiligung der
Bevölkerung. Alle Fische tragen eine eigene Kennzeichnung, einige waren
mit Sendern ausgerüstet, die rund einen Monat lang geortet werden
können.
Der Fang ist streng verboten. Sollte ein Stör als Beifang ins Netz
gehen, geben die inzwischen gut informierten Fischer Daten, wie
Gewicht, Größe und Fangstelle, an die Gesellschaft zur Rettung des
Störs weiter und setzen den Fang wieder ins Wasser.
Davon, dass der Acipenser Sturio eine große Chance hat, ist Uwe Jens
Lützen überzeugt. Für die Wasserqualität der Stör spreche das Vorkommen
eines Indikators: Das sensible Meerneunauge fühlt sich hier so wohl,
dass es bereits bis in die Mühlenbarbeker Au gewandert ist. Auch die
Kinderstube der Fische im Oberlauf der Stör entsteht neu. Bei Arpsdorf
hat die Stör bereits wieder ein renaturiertes, mäanderndes Flussbett
erhalten, mit grobem Kiesboden, dafür ohne Wehre. Weitere Rückbau- und
Renaturierungsmaßnahmen sollen folgen. Damit werde der Druck vom
überschwemmungsgefährdeten Kellinghusen genommen, gleichzeitig
entstünden für den Stör Laichgründe. Damit der Stör auch die Elbe
hinaufwandern kann, werde an der Staustufe bei Geesthacht die größte
Fischtreppe Europas gebaut.
Wer nun auf die Rückkehr der im Itzehoer Hafen ausgesetzten Störe
wartet, muss allerdings Geduld aufbringen: Bei den Weibchen dauert es
bis zur Geschlechtsreife bis zu 15 Jahre. Uwe Jens Lützen: „Ich hoffe,
dass ich es noch erlebe, wenn die ersten Störe in die Stör
zurückkommen.“
I. Schwichtenberg