Brunsbüttel will Flüssiggas-Terminal
Diskussionsrunde am Elbehafen offenbart: Ohne
Unterstützung der Bundesregierung geht es nicht – in Berlin ist das
Thema aber noch Neuland
Brunsbüttel
Seit 2011 engagiert sich Frank Schnabel, Geschäftsführer des Hafenbetreibers Brunsbüttel Ports, für die Errichtung eines Import-Terminals
für Flüssiggas (LNG). Am Elbehafen gibt es nicht nur die nötigen
Flächen, sondern mit den Unternehmen im landesweit größten
Industriegebiet auch potenzielle Abnehmer. Mit der Hamburger VTG steht
zudem ein Logistikunternehmen in den Startlöchern, das verflüssigtes
Erdgas zu Verbrauchern weit im Hinterland transportieren könnte – auf
der Schiene. Die niederländische Gasuni bietet sich als Investor an.
Allerdings kann das Unternehmen nicht das auf ein Investitionsvolumen
von einer Milliarde geschätzte Vorhaben alleine schultern. Das Land
steht längst hinter der Idee. Das bekräftigte Wirtschaftsstaatssekretär
Frank Nägele gestern bei einer Diskussionsrunde zum Thema. Nur bei der
Bundesregierung ist die Projekt noch nicht angekommen. Dabei soll das
Terminal auch eine Möglichkeit schaffen, die deutsche Erdgasversorgung
um ein Standbein zu erweitern.
Das sei ein schwieriges Thema, erklärte Frank Bonaldo, Referatsleiter
im Bundeswirtschaftsministerium, und schob nach: „Das ist eine
politische Entscheidung, ob es überhaupt nötig ist.“ Bonaldo ließ
erkennen, dass in Berlin der mögliche Bedarf auf Seiten der Industrie
bisher kaum ausgelotet wurde. Allein in Brunsbüttel wird in der
Winterzeit immer wieder darüber geklagt, dass die Erdgasversorgung der
Werke zuweilen mangelhaft ist. Dabei zählt etwa der Düngerhersteller
Yara landesweit zu den ganz großen Erdgasverbrauchern. Auch Covestro und
andere Chemiewerke bauen auf eine stabile Gasversorgung.
Dafür sei LNG bestens geeignet, betonte Marcel Tijhuis von
Nederlandse Gasunie, die einen entsprechenden Terminal in Rotterdam
betreibt. Denn Flüssiggas werde in den kommenden Jahren den Weltmarkt
überschwemmen, schon jetzt gerate der Preis unter Druck – was den
Verbraucher freuen dürfte. Er attestierte Brunsbüttel Chancen für ein
Terminal. Wenn denn die Entscheidung beim Bund nicht zu lange auf sich
warten lasse. „Die Anbieter von Flüssiggas in Katar, den USA und Kanada
sind jetzt dabei, sich Standorte auszusuchen.“
Gas geben will auch Frank Nägele. „Brunsbüttel ist der ideale Standort für ein LNG-Terminal“,
sagte er. Aber: „Berlin ist zu zögerlich.“ Und ohne den Bund mit im
Boot gehe es nicht. Dabei sei es nicht Sache der Regierung, ein privates
Unternehmen zu finanzieren. Gelder gebe es bei der Europäischen Union.
Allerdings sei es eine öffentliche Aufgabe, Infrastrukturen zu
entwickeln, auch, um in den Häfen LNG-Tankstellen
zu installieren. Denn langfristig gilt auch die Schifffahrt als
wichtiger Abnehmer des umweltfreundlichen Treibstoffs. Nur der niedrige
Ölpreis hindere Reedereien derzeit daran, sich ernsthaft mit der
Umstellung ihrer Schiffe auf Flüssiggas zu befassen. Klar sei jedoch:
Wenn Deutschland den Anschluss verpasse, hätten die Niederlande die Nase
vorn. Schleswig-Holstein, so Nägele, sei
Energiewendeland. „Was wir im Bereich der Windenergie können, können wir
mit LNG ergänzen.“ Wenn sich der Bund dem Thema verweigere, müsse ein
Plan B entwickelt werden. Den gebe es aber noch nicht. Denn: „Ich bin
zuversichtlich, dass sich die Bundesregierung bewegen wird.“
Daran glaubt auch Hans-Jürgen Hiller, Leiter
International Operations bei VTG Deutschland. „Der Startschuss ist
gefallen“, sagt er und verweist auf einen Tankwagen für den
Schienentransport. Etwas Vergleichbares gebe es noch nicht in Europa.
Der Waggon ist in der Lage LNG, auf -164 Grad gekühltes Erdgas, tagelang
auf Temperatur zu halten. Unverzichtbar für den Bahntransport. Doch
auch ohne den Terminal in Brunsbüttel seien die Entwicklungskosten nicht
verschwendet. Es gebe auch andere Einsatzmöglichkeiten.
Die braucht es für Frank Schnabel nicht: „Ich bin optimistisch, dass wir es hinbekommen.“
Ralf Pöschus