Kohlekraftwerk: Schweizer erklären Ausstieg
Projektgesellschaft der Südweststrom verliert
100 Megawatt
Brunsbüttel
Rückschlag für das geplante Kohlekraftwerk der Südweststrom in
Brunsbüttel. Gestern erklärten gleich zwei Schweizer Energieunternehmen
ihren Ausstieg aus dem Projekt: die Groupe E und die Romande
Energie Holding SA.
Beide Unternehmen hatten Minderheitsbeteiligungen an der
Projektgesellschaft von je 50 Megawatt gezeichnet. Das gesamte
Kohlekraftwerk der Tübinger Südweststrom soll bis zu 1800 Megawatt in
zwei Kraftwerksblöcken zu je 900 Megawatt leisten.
Besonders deutlich bemängelt die Groupe E in einer Mitteilung das
schleppende Vorankommen des Projekts. Mittlerweile seien zwei Jahre
Verspätung aufgelaufen. „Für Groupe E hat dies zur Folge, dass
einerseits die investierten Beträge blockiert sind und nicht anderen
Projekten zugeteilt werden können und andererseits die fehlenden
Energievolumen weiterhin auf den Märkten gekauft werden müssen, um den
Versorgungszwängen nachkommen zu können“, teilt das Unternehmen mit. Nun
werde nach Alternativen gesucht. Nicht zufrieden waren die Schweizer
offenbar auch mit der Kalkulation des Strompreises: „Das gewählte Modell
ermöglicht nicht mehr die Lieferung von Elektrizität zum
Selbstkostenpreis, es wird mehr und mehr zu einer einfachen finanziellen
Transaktion, was nicht zur Versorgungssicherheit der Groupe E Kunden
beiträgt.“
Auch die Romande Energie Holding führt den Zeitverzug als Grund für
ihren Ausstieg an sowie die offenbar zu hohen Kosten. Die CO2-Thematik
sei „eine zusätzliche finanzielle Unbekannte“. Schließlich sei die
„wachsende Sensibilität der Kunden und der Öffentlichkeit gegenüber
dieser Art von Kraftwerk“ Anlass gewesen, die Beteiligung zu überdenken.
Eine Aussage, die von den Kraftwerksgegnern begrüßt wird. „Nach
dieser Entscheidung steigt der Druck auf den verbleibenden Schweizer
Hauptinvestor Rätia Energie, ebenfalls aus dem Projekt auszusteigen“,
steht für Mona Bricke von der Klima-Allianz
fest.
Derzeit befinden sich Vertreter der Klima-Allianz
und der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe am
Hauptsitz der Rätia Energie in Chur. Gemeinsam mit dem WWF Schweiz haben
sie eine quer durch die Schweiz verlaufende Aktionstour gegen die
Beteiligung von Schweizer Energieversorgern an dem
Kohlekraftwerksprojekt in Brunsbüttel organisiert, um gegen die aus
ihrer Sicht klimaschädlichen Investitionen zu protestieren. Schweizer
Unternehmen sind derzeit die wichtigsten Investoren für das Vorhaben.
Es ist nicht der erste Ausstieg von Stromkonzernen, die Anteile
gezeichnet hatten. Bereits in der Vergangenheit hatte Südweststrom-Chefin Bettina Morlok jedoch erklärt, dass dies
zunächst einmal nicht das Problem des Tübinger Unternehmens sei. Denn
die Anteile müssten weiterverkauft werden. Südweststrom hatte zuletzt
erklärt, Ende des Jahres endgültig über den Bau des Steinkohlekraftwerks
in Brunsbüttel entscheiden zu wollen.
Ralf Pöschus