Windkonzept: Nur für grünen Zement-Strom steht die Ampel auf Rot
Kreis Steinburg /vm
So viele Eignungsflächen für Windkraftanlagen wie möglich – aber kein
grüner Strom für die Zementindustrie. Mit diesem Ergebnis segnete der
Steinburger Kreistag einstimmig das neue Kreiswindkonzept habe. Bis
zuletzt war mit heißer Nadel an dem Papier gestrickt worden. So hatten
sich die Grünen mit Erfolg noch für Flächen in Süderau, Dammfleth,
Nortorf, Kollmar und Landrecht sowie eine befristete Genehmigung in
Bahrenfleth stark gemacht, was ihnen sogar ein Lob von CDU-Fraktionschef Dr. Reinhold Wenzlaff einbrachte.
Für reichlich Diskussion sorgte lediglich eine in kräftigem Rot als
nicht geeignet gekennzeichnete Fläche bei Rethwisch. Dahinter verbergen
sich Pläne des Zementproduzenten Holcim für den Bau eines eigenen
Windparks. Mit dem so gewonnenen Strom will das Unternehmen den
Eigenbedarf decken und noch umliegende Gemeinden versorgen. Verbleibende
Energie könnte sogar noch in dem ebenfalls geplanten
Pumpspeicherkraftwerk in den Kreidegruben zwischengelagert werden. Der
CDU-Abgeordnete Dr. Heinz Seppmann machte sich
vehement für den Windpark stark und beschwor eine Aufbruchstimmung im
Kreis. Sein Fraktionschef Dr. Reinhold Wenzlaff wies auf eine wichtige
Signalwirkung für die Landesplanung hin.
Obwohl die CDU dann aber doch auf einen Antrag auf Umwandlung in eine
Eignungsfläche verzichtete, rief das Thema Landrat Kullik auf den Plan.
Der Holcim-Windpark, so der Verwaltungschef,
sei unter fachlichen Gesichtspunkten nicht möglich – „so gerne ich ihn
hätte“.. Zuvor hatte Bauamtsleiterin Ute Spieler auf klare
Ausschlusskriterien wie ein charakteristisches Landschaftsbild und einen
Biotopverbund sowie im Aufbau befindliche Ausgleichsflächen
hingewiesen. Ihr Fazit: „Eine Eignung ist nicht möglich.“ Daneben
bemängelte Landrat Kullik, dass das Unternehmen ihm erst vergangenen
Freitag „ein Gutachten hingepfeffert hat“. Einer Umwandlung der Fläche,
so kündigte er vorsorglich an, werde er als Landrat widersprechen.
Schließlich wolle er sich „vor der Landesplanung nicht lächerlich
machen“.
Keine Chance für Holcim sahen auch die Grünen. Sprecher Dr. Jürgen
Ruge: „Die sollen sich ans Land wenden. Das Projekt kam nicht
fristgemäß. Wir können das jetzt nicht bewerten.“ Im übrigen seien die
30 bis 60 Windräder – je nach Größe – „der Tod für jeden Biotopverbund“.
Das sieht auch sein Fraktionskollege Harold Ingwersen so: „Das geht
absolut nicht.“
„Von wegen fachliche Argumente“, schimpfte der CDU-Landtagsabgeordnete
Heiner Rickers, der gemeinsam mit einem Vertreter der Firma Holcim die
Diskussion verfolgt hatte. Alle vier Umlandgemeinden würden dieses
„Musterprojekt“ unterstützen, formulierte er sein Unverständnis.
Immerhin hingen daran Millionen-Investitionen und Arbeitsplätze. Auch der Mittelstandsbeauftragte der Landesregierung, der Steinburger CDU-Abgeordnete Hans-Jörn Arp, reagierte entsetzt: „Da läuft ein blödes Schwarzer-Peter-Spiel.“
Das Land, so betonte er, habe ein großes Interesse an dem Projekt,
brauche aber auch das Signal aus Steinburg. Arp hält die fachliche
Einschätzung im Kreishaus für „willkürlich“. Kritik übt er auch an
Landrat Dr. Kullik: „Natürlich hat der Kreistag das Recht zu einer
politischen Willensbildung.“ Der Christdemokrat kündigte jedenfalls an,
dass man die Entscheidung „nicht kampflos hinnehmen wird“. Sonst brauche
man sich über Bevölkerungsschwund im Kreis nicht zu wundern.
Einwohnerfragestunde: Kritik am Breitenburger Windpark
Die
Aussicht auf bis zu 180 Meter hohe Windkraftanlagen ruft auch einige
Bürger auf den Plan. Als Sprecher für „drei Freunde und sieben
Lägerdorfer“ nutzte der Münsterdorfer Willy Schilling die
Einwohnerfragestunde vor der Kreistagssitzung, um Bedenken gegen die
Pläne einer „Windpark Breitenburg GmbH und Co. KG“ vorzubringen. Schon
jetzt, so Schilling, sei insbesondere für viele Lägerdorfer die
Belastung durch Bahn, Autobahn und Kreidegruben erheblich. Der Sprecher
bezieht sich auf eine Fläche westlich von Lägerdorf, die aber den
Grenzbereich von Münsterdorf und Dägeling berühre. Diese Gemeinden
hätten sich gegen Windeignungsflächen auf deren Terrain ausgesprochen,
Lägerdorf hingegen habe grünes Licht gegeben. Nach Einschätzung von
Schilling würden die geplanten Windräder vorhandene Gotteshäuser in der
Höhe um ein Vielfaches überragen. Selbst der Ofen 11 auf dem Holcim-Gelände
sei nur 96 Meter hoch. Schilling und seine Mitstreiter befürchten nun
erhebliche Gesundheitsgefährdungen für Mensch und Tier sowie einen
massiven Verfall von Immobilienpreisen. Landrat Dr. Jens Kullik
bedauerte, dass ein von Schilling und Co. an die Abgeordneten
gerichteter Brief nicht mehr in die Beratungen habe einfließen können,
weil er zu spät gekommen sei. Ansonsten nannte der Verwaltungschef es
ein „bindendes Ziel“ so viele Flächen wie möglich zur Nutzung der
Windenergie auszuweisen. Kreisweit gesehen stelle das Konzept einen
„guten Mix“ dar.vm