AKW-Zerlegung dauert bis zu 20 Jahre
Bedingung des Energiekonzerns Vattenfall:
Schacht Konrad soll von 2019 an für die Endlagerung des atomaren
Schrotts zu Verfügung stehen
Kiel/Brunsbüttel
1976 ging das Atomkraftwerk Brunsbüttel ans Netz. Immer wieder machte
die Anlage nach Störfällen bundesweit Schlagzeilen. Seit 2007 liegt der
„Pannen-Meiler“ still, ein Kurzschluss in Schaltanlage war die Ursache.
Zwar hat der Energiekonzern Vattenfall in den vergangenen Jahren rund
700 Millionen Euro investiert, um die Meiler Brunsbüttel und das
ebenfalls seit langem abgeschaltete Kernkraftwerk Krümmel wieder flott
zu machen. Jetzt aber soll das Aus zunächst für Brunsbüttel endgültig
besiegelt werden. Vattenfall will den Siedewasserreaktor abreißen, hat
dazu gestern beim Energiewendeministerium in Kiel die Genehmigung
beantragt. Ob und wann ein Folgeantrag für Krümmel kommt, ist noch
offen.
Bis das Kraftwerksgelände an der Unterelbe wieder eine grüne Wiese
ist, werden allerdings noch mindestens 15 Jahre vergehen. Vier Jahre
dürfte es nach Einschätzung des Unternehmens allein dauern, bis die
Atomaufsichtsbehörde grünes Licht für den Abriss gibt, weitere zehn bis
15 Jahre wird der Abbau der Anlage in Anspruch nehmen.
Rund 340 000 Tonnen Stahl, Beton und Atommüll werden zu entsorgen
sein. Dazu gehören 10 000 Tonnen schwach- und mittelradioaktive Abfälle.
Weil die Anlage seit fünf Jahren keinen Strom mehr ins Netz geliefert
hat, könnten die 763 Brennelemente nach Angaben von Vattenfall schon
zeitnah in ein genehmigtes Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände
gebracht werden. Allerdings fehlen dazu derzeit noch die nötigen Castor-Behälter.
Offen ist bisher noch, wann der Atomschrott sicher endgelagert werden
kann. Durch alle rechtlichen Instanzen genehmigt ist dazu der Schacht
Konrad. Das ehemalige Erzbergwerk bei Salzgitter in Niedersachsen wird
derzeit umgebaut und soll 2019 – zwei Jahre nach der erwarteten
Abrissgenehmigung für die Lagerung schwach- und mittelradioaktiver
Stoffe zur Verfügung stehen. Vattenfall pocht deshalb darauf, dass der
Schacht Konrad tatsächlich 2019 in Betrieb ist. „Eine deutlich spätere
Verfügbarkeit würde eine grundlegende Prämisse (für den Abbau) in Frage
stellen“, stellte das Unternehmen klar.
Für Schleswig-Holsteins Energiewendeminister
Robert Habeck (Grüne) zieht dieses Junktim nicht. Konrad sei genehmigt.
Für den Fall, „dass es Engpässe gibt, müssen Zwischenlösungen gefunden
werden“, sagte der für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein
zuständige Minister. So gebe es am Standort Brunsbüttel bereits ein
Zwischenlager für hochradioaktives Material. Daneben existieren bereits
zwei so genannte Transportbereitstellungshallen, in denen schwach bis
mittelradioaktiver Abfall bis zum Abtransport in das Endlager aufbewahrt
würden.
Mit dem Rückbau kerntechnischer Anlagen gibt es nach Angaben des
Bundesamtes für Strahlenschutzes bereits Erfahrungen in Deutschland. An
mehreren Standorten hat er begonnen, etwa in Stade (Niedersachsen) und
Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern).
Anlagenteile werden dabei dekontaminiert, etwa durch chemische,
elektrische oder auch mechanische Verfahren wie Schrubben, Schleifen
oder Bürsten.
Die Zerlegung erfolgt in der Regel durch Schweißen, Sägen, Schneiden,
Wasserstrahlen sowie Sprengtechniken. Schließlich wird geprüft, welche
Stoffe etwa für Recycling oder den Weg zur Müllverbrennung freigegeben
werden können.
Peter Höver