Den Atom-Protest mit Leben füllen
Demonstration und Kulturmeile am 21. April vor dem Atomkraftwerk Brokdorf
Brokdorf
Am Sonntag, 21. April, gibt es vor dem Atomkraftwerk Brokdorf
zwischen dem Haupt- und dem Südtor eine bunte Protest- und Kulturmeile.
Sie beginnt nicht ohne Grund pünktlich um „fünf vor zwölf“. Mehrere
Umweltverbände, Anti-AKW-Bewegungen
und Bürgerinitiativen haben sich zu einem Aktionsbündnis
zusammengefunden, um diese mehrstündige Veranstaltung mit Musik und
Kleinkünstlern, Reden und Verkaufsständen für Grillwurst, Brötchen,
Getränke und weitere Leckereien zu organisieren. „Es soll ein Fest für
jedermann werden“, wünschen sich Gisela Wieneke vom BUND und Karsten
Hinrichsen von der Bürgerinitiative Unterelbe. Die Verpflegung wird vom
Biohof Dannwisch sichergestellt.
Zwei Anlässe stehen im Mittelpunkt der Protest- und Kulturmeile: Die
Forderung „Atomkraftwerk Brokdorf abschalten – Jetzt!“ sowie der 27.
Jahrestag der Reaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl. „Während
das eine 1986 explodierte, ging das andere wenige Monate später allem
Widerstand zum Trotz ans Netz“, mahnen die Veranstalter.
„Wir werden die Protest- und Kulturmeile mit Leben füllen“,
verspricht Karsten Hinrichsen. „Jeder, der zum Programm beitragen will,
kann sich einbringen“, verweist er auf eine offene Bühne. Die Band
„Blaney & Heuer“ sowie der Protestsänger Moritz Dortmund aus
Hannover, der unter dem Künstlernamen „Mo“ auftritt, werden ebenso für
Unterhaltung und eingängige Protestlieder sorgen wie Harald Winter aus
Buxtehude, der Songs aus den 70er Jahren und Volkslieder gekonnt mit
umweltkritischen Texten neu konzipiert hat.
Mehrere Straßenkünstler werden sich unter die Menschenmenge mischen
und vor dem Kernkraftwerk ihren Protest auch in lustiger Form zum
Ausdruck bringen. Stelzenläufer als Sensenmann und „schützenswerte
Vasallen“ wie Eon, Vattenfall, EnBW und RWE gehören dazu, die ihrerseits
zum Kampf gegen ihre Feinde wie die vielen Aktionsbündnisse und AKW-Initiativen
aufrufen. Musiker in den verschiedenen Zelten runden das Programm ab.
Inzwischen hat sich die Umweltorganisation Robin Wood mit einem
„Schnupperklettern“ angesagt. Für Kinder sind zum Beispiel eine Malwand
und ein Dosenwerfen auf Atomkraftwerke geplant.
Zu der Veranstaltung in Brokdorf wird morgens um 9 Uhr am Bürgerhaus
in Kellinghusen eine Fahrraddemo gestartet. Sie macht um 10.15 Uhr am
Umweltzentrum neben dem Itzehoer Bahnhof (Draisine 4) Halt, so dass sich
hier die Teilnehmer aus Itzehoe anschließen können. Außerdem wird eine
Motorraddemo aus Hamburg vor dem Kernkraftwerk erwartet.
Als Redner haben sich der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Hans-Jörg
Lüth und Karsten Hinrichsen angesagt. Außerdem werden Vertreter des
IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhinderung eines Atomkrieges) sowie
ein Sprecher der Anti-Atom-Initiative Pinneberg erwartet.
Die Forderung, das Kernkraftwerk Brokdorf jetzt und sofort
abzuschalten, hält Karsten Hinrichsen für durchsetzbar. Die
Kraftwerkskapazität sei in Deutschland problemlos auszugleichen. Viele
Kohlekraftwerke stünden im Standby und seien sofort einsatzbereit. Der
vermehrte CO2-Ausstoß, der nur bis zur ausreichenden Verfügbarkeit der
erneuerbaren Energien in Kauf genommen werden müsse, sei besser als eine
nicht beherrschbare Atomkatastrophe. Außerdem gab Hinrichsen zu
bedenken, dass die deutschen Kernkraftwerke im Jahr 2012 so viel Strom
produzierten, dass die Strommenge aus zwei Werken ins Ausland verkauft
werden musste.
„Brokdorf kommt in die Jahre“, warnte Hinrichsen vor einer
zunehmenden Störanfälligkeit. „Dass Brokdorf bis 2021 am Netz bleiben
soll, gefällt uns gar nicht.“ Zugleich kritisierte er „die
stillschweigende Umwandlung der Zwischenlager zu einem Endlager“. Wenn
demnächst Atommüll aus Sellafield nicht mehr nach Gorleben gebracht
werde, sondern nach Brunsbüttel, rechne er mit starken Protesten.
Unverständlich sei für ihn, warum sich Energieminister Robert Habeck bei
diesem Thema so weit aus dem Fenster gelehnt habe. „Wie will er dafür
einen gesellschaftlichen Konsens herstellen?“, wunderte sich Hinrichsen
und sprach von einem „völlig undemokratischen Vorgehen“. „Diesen Weg
werden viele aus der Anti-AKW-Bewegung
nicht mitgehen. Gerade ein grüner Umweltminister darf einen solchen
Schritt nicht machen.“ Erst abschalten und dann nach Lösungen suchen –
das sei der einzig richtige Weg. „Erst müssen die Dinger vom Netz, um
die Produktion von weiterem Atommüll zu stoppen.“
Jochen Schwarck
Wer als Kleinkünstler am 21. April dabei sein möchte: www.anti-atom-demo.de