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Claudia

Beiträge: 4532

New PostErstellt: 15.07.13, 00:06     Betreff: Brunsbüttel bleibt als Zwischenlager im Rennen. WZ vom 10.07.2013

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Seite 1:

Altmaier: Brunsbüttel bleibt als Zwischenlager im Rennen

Brunsbüttel /ky

Als mögliches Zwischenlager für radioaktiven Müll aus der britischen
Wiederaufbereitungsanlage Sellafield bleibt Brunsbüttel ganz oben auf
der Liste von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU). „Meine Beamten
sind davon überzeugt, dass Brunsbüttel am ehesten geeignet ist“, sagte
er gestern in Brunsbüttel. Die Aufhebung der Genehmigung durch das
Oberverwaltungsgericht Schleswig sei noch nicht rechtskräftig. Es könne
aber erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung geprüft
werden, ob gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt werden.


Nachdem die Frage der Zwischenlagerung im Endlagersuchgesetz
ausgeklammert wurde, wollen laut Altmaier die Fachleute in seinem Haus
aus 13 möglichen Zwischenlagern drei auswählen. „Es geht um die
Sicherheit – alle Lager werden vorbehaltlos geprüft“, so Altmaier.
Deutschland ist verpflichtet, den Müll bis 2015 zurückzunehmen, sonst
drohten Strafen im zweistelligen Millionenbereich.


Seite 3:



Altmaier und der Zorn der Brunsbütteler

Bundesumweltminister will offene Suche eines Zwischenlagers – und präferiert doch wieder Schleusenstadt an der Elbe als Standort

Brunsbüttel

Als er sie sieht, dreht sich Peter Altmaier um. Dabei sind nur eine
Handvoll Kernkraftgegner mit simulierten gelben Atommüllfässern vor das
Elbeforum in Brunsbüttel gekommen, um ihrer Forderung nach sofortiger
Abschaltung des Atomkraftwerkes Brokdorf lautstark Nachdruck zu
verleihen – so weit man das aus fünf Kehlen gerufene „Abschalten“ so
nennen kann. Der Bundesumweltminister von der CDU spricht jedenfalls
erstmal mit den wartenden Journalisten, schließlich sind von denen fast
mehr in Brunsbüttel erschienen als Bürger. Sie alle wollen die Frage
geklärt haben, ob in Brunsbüttel Atommüll aus der britischen
Wiederaufbereitungsanlage Sellafield zwischengelagert wird.


Der, der dafür letztlich den Kopf hinhalten muss, steht ein wenig
abseits des Medienrummels. Stefan Mohrdieck ist Bürgermeister von
Brunsbüttel, der Stadt, die beschlossen hat, nur den Atommüll
aufzunehmen, den das örtliche Kernkraftwerk produziert hat – eine „etwas
egoistische Forderung“, wie der Bürgermeister zugibt. „Ich will von
Peter Altmaier wissen, welche Standorte für Zwischenlager er noch im
Sinn hat.“


In der folgenden Diskussionsrunde, die der örtliche CDU-Landtagsabgeordnete
Jens Magnussen forsch Bürgerforum nennt, bekommt Mohrdieck keine
Antworten darauf – oder zumindest keine, die ihm gefallen: „Es wäre
unehrlich, ihnen nicht zu sagen, dass Brunsbüttel wegen seiner Lage und
seiner Beschaffenheit gute Voraussetzungen aufweist und deswegen in der
engeren Wahl ist“, sagt Altmaier. Doch bis zu einer Entscheidung würden
alle 13 in Frage kommenden Zwischenlager genau geprüft. Eile ist
geboten, denn wenn der Atommüll länger als bis 2015 in Sellafield
bleibt, würden Strafen im zweistelligen Millionenbereich fällig. „Ich
glaube, dass wir bis Ende des Jahres drei potenzielle Zwischenlager
haben werden.“ Falls Brunsbüttel dabei sei, werde er wiederkommen. Gut
möglich, dass Altmaier also bald wieder in Dithmarschen zu Gast sein
wird. Und Stefan Mohrdieck? Der faltet bei diesem Satz erstmal die
Hände.


Peter Altmaier, der einen grünen Schlips umgebunden hat, beginnt zu
schwitzen – allerdings weniger wegen des Themas, sondern mehr wegen der
sommerlichen Temperaturen im Elbeforum – einem Kulturbau, den die Stadt
Brunsbüttel sich nur wegen der durch das Kraftwerk sprudelnden
Gewerbesteuereinnahmen leisten konnte. Altmaier ist gut aufgelegt,
pariert Vorwürfe, versucht tatsächlich, mit den rund 50 Bürgern ein
Gespräch zu führen.


Die Probleme werden schnell deutlich. Schließlich hat Brunsbüttel
zurzeit formal kein sicheres Zwischenlager. Seit das
Oberverwaltungsgericht in Schleswig einem Anwohner und seiner Frau, die
ebenfalls im Saal sitzt, Recht gab, dass das Lager nicht ausreichend
gegen Abstürze von Flugzeugen gesichert ist. Das Urteil ist zwar noch
nicht rechtskräftig, aber dieses unsichere Zwischenlager ist dennoch
eine Chance für Brunsbüttel. Zumindest glaubt Stefan Mohrdieck, dass es
schwerer werden könnte, neuen Atommüll dort einzulagern.


Das größte Problem bleibt Betreiber Vattenfall. Dessen
Generalbevollmächtigter für Hamburg und Norddeutschland, Pieter Wasmuth,
sitzt auch im Saal, sagt aber erstmal nichts. Er wolle abwarten, wie
die Begründung des Urteils des Schleswiger Gerichts ausfalle und auf
welche Zwischenlager sich Politik und Bundesamt für Strahlenschutz
festlegen. Letztlich muss Vattenfall einen Antrag stellen, wenn Atommüll
aus Sellafield nicht wie geplant ins genehmigte Zwischenlager Gorleben
soll. Das haben die Ministerpräsidenten der Länder und Altmaier aber
bereits im Endlagersuchgesetz ausgeschlossen. Einen solchen Antrag wird
Vattenfall sich teuer bezahlen lassen. Es gehe auch um Geld, sagt
Wasmuth. Und: „Es gibt Schwierigkeiten, etwa den Konflikt zwischen einer
möglichen Einlagerung von Castoren und dem gleichzeitigen Rückbau.“
Altmaier hält all das für lösbar: „Wir sind in einem guten Gespräch mit
den Betreibern.“


In einem nicht wirklich guten Gespräch bleibt Altmaier mit den
Atomkraftgegnern. Als das Bürgerforum mit den wenigen Bürgern nach
zweieinhalb Stunden endet, packen sie vor der Tür ihre mitgebrachten,
gelb angemalten Fässer wieder in einen alten VW-Bus.
Stefan Mohrdieck steht auch da am Rand. Ob sich nach Altmaiers Besuch
die Chancen vergrößert haben, dass kein neuer Atommüll nach Brunsbüttel
kommt? „Nö“, sagt er. Klar, dass er den Satz so nicht stehen lassen
kann. Also verweist er darauf, dass seine Stadt schon jahrzehntelang
Risiken und Nachteile der Atomkraft getragen habe. Und jetzt vielleicht
noch ein volles Zwischenlager? Mohrdieck: „Da bleibt dieses
Ungerechtigkeitsgefühl.“
Kay Müller




Seite 22:



Zwischenlager: Alles bleibt offen

Bundesumweltminister Peter Altmaier konnte wenig Konkretes anführen und versprach transparenten Entscheidungsweg

Brunsbüttel

Es war der seit langem erhoffte Besuch des Bundesumweltministers
Peter Altmaier (CDU) – und wurde am Ende kurzfristig vom internen
Gespräch mit anschließender Pressekonferenz zur öffentlichen
Veranstaltung im Bürgersaal des Brunsbütteler Elbeforums. Doch so
richtig konkret wurde Altmaier zur möglichen Zwischenlagerung
hochradioaktiven Abfalls aus der Wiederaufbereitung im britischen
Sellafield nicht. Für Brunsbüttel bleibt weiterhin offen, ob Castoren
beim Kernkraftwerk bis zur Endlagerung abgestellt werden.


Eingeladen hatten der Brunsbütteler CDU-Landtagsabgeordnete Jens-Christian
Magnussen und Bürgermeister Stefan Mohrdieck. Zu den Gästen gehörten
Umlandbürgermeister, Werkleiter aus dem Industriegebiet und Mitglieder
der Dithmarscher und Steinburger Wirtschaftsausschüsse sowie Vertreter
des Kraftwerksbetreibers Vattenfall. Sie erhofften sich Infos über das
weitere Vorgehen. Weder die Schleusenstadt noch die beiden Kreise wollen
ein großes Zwischenlager mit nicht aus Brunsbüttels Kernkraftwerk
stammendem Atommüll. Alma Kleist aus Büttel brachte es für die
kurzfristig geladene Öffentlichkeit auf den Punkt: „Wir wollen hier
nicht die Schutthalde der Nation werden.“


Brunsbüttels Bürgermeister, der extra für die gestrige
Zweistundensitzung seinen Urlaub unterbrach, erhoffte sich von Altmaier
klare Aussagen: „Ich erwarte, dass wir hier ein paar andere Namen als
den unsrigen hören werden.“ Doch da musste Altmaier passen. Er verwies
auf die im April herausgegebene Prioritätenliste. Abhängig vom Urteil
des Oberverwaltungsgerichts Schleswig zur Sicherheit des jetzigen
Zwischenlagers werde sich entscheiden, ob die Schleusenstadt weiter im
Boot ist. Klar stellte der Minister jedoch: „Es wird nicht so sein, dass
die Castoren allein nach Brunsbüttel kommen.“


Dazu hatte auch Heinz Zindler, seit Mai Ratsherr der Grauen Panther,
klare Vorstellungen: „Die fünf Castoren (Red.: mit Brunsbütteler
Atommüll) nehmen wir.“ Der Rest müsse auf die anderen Bundesländer
verteilt werden, in denen es Zwischenlager gibt. Bundesweit wären dies
14 Standorte. Ähnlich sah es der Grünen-Landtagsabgeordnete
Bernd Voss: Altmaier müsse ein Konzept vorlegen, wo die insgesamt 21
noch zu verteilenden Castoren hin sollen.


So einfach sei das aber nicht, erklärte der Minister und verwies auf
die Prioritätenliste: Letztlich gehe es auch um kostengünstige und
sichere Transportwege. Sollte Brunsbüttel doch zum Zwischenlager für
fremden Atommüll werden, werde dies aber nicht den geplanten Rückbau des
Kernkraftwerks beeinträchtigen. Darüber sei die Bundesregierung mit
Vattenfall bereits im Gespräch.


Nicht nur Stefan Mohrdieck treibt eine andere Sorge um: „Für Viele
hat das Zwischenlager jetzt schon den Charakter eines Endlagers“, mahnte
er eine sorgsame Entscheidung an. Ein Bürgerforum müsse für Transparenz
sorgen. Die werde es auf jeden Fall geben, das war Altmaiers einziges
Versprechen. Mit den Menschen vor Ort zu reden , sei unverzichtbar.
Magnussen schließlich forderte verlässliche Rahmenbedingungen für alle
Beteiligten, wozu auch die Industrie gehöre.


Hier befürchtet die Initiative Brokdorf akut einen Imageschaden für
Brunsbüttel, sollte das ungeliebte Zwischenlager entstehen. Die
Initiative erinnert daran, dass Bayer seinerzeit einen zweiten
Reaktorblock verhindert hätte, „und prompt wurde Brokdorf als Standort
gewählt“, heißt es in einer Mitteilung. Und: „Die Akquisition von
Offshore-Technologie wird durch Altmaiers Pläne erschwert.“
Ralf Pöschus






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