Projekt Wind-Wasserstoff für die Region Unterelbe
Brunsbüttel/ala
Mit überschüssigem Strom aus Wind Wasserstoff zu erzeugen, ist eine
interessante Idee. Zurzeit aber noch wenig lukrativ. Dies könnte sich in
der Region Unterelbe – zu der Dithmarschen und Steinburg gehören – in
den nächsten Jahren ändern. Begeistert sind bisher sowohl
Kommunalpolitiker als auch Unternehmen. Noch ist das Projekt zum Aufbau
einer Wind-Wasserstoff-Wirtschaft aber in der Planungsphase.
„Durch ein aktives Zusammenwirken von Industrie und Politik kann bis 2025 ein wachsender Markt entstehen“, ist Renate Klingenberg überzeugt. Der Bedarf an Wasserstoff sei groß und werde noch
wachsen, betonte die stellvertretende Geschäftsführerin des Verbandes
der chemischen Industrie und Geschäftsführerin des Vereins ChemCoast in
einer gemeinsamen Sitzung des Agrar- und Umweltausschusses mit dem
Wirtschafts- und Planungsausschuss des Kreises Dithmarschen.
Benötigt wird Wasserstoff nicht nur in der chemischen Industrie,
sondern zunehmend auch als Treibstoff für Fahrzeuge. So sollen in
Hamburg ab 2020 nur noch Busse mit emissionsfreiem Antrieb angeschafft
werden. Zusammen mit einem steigenden Anteil von Brennstoffzellen-Autos
rechnet eine von ChemCoast in Auftrag gegebene Studie mit einem
regionalen Bedarf von 25 000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr aus dem
Verkehrssektor – das wäre ein Viertel der industriellen Nachfrage.
Wasserstoff kann durch zwei Varianten erzeugt werden. In der chemischen Industrie wird durch Chloralkali-Elektrolyse
Chlor, Wasserstoff und Natronlauge aus Natriumchlorid erzeugt.
Alternativ kann Wasser durch elektrischen Strom in Sauerstoff und
Wasserstoff aufgespalten werden. Bei einem Druck von 200 Bar hat das Gas
eine ähnliche Energiedichte wie eine Lithium-Ionen-Batterie.
Damit lassen sich große Energiemengen in unterirdischen Kavernen
speichern. Die geologischen Voraussetzungen sind in Dithmarschen
vorhanden. Allerdings ist es eine kostspielige Angelegenheit: Die
Vorbereitung von Kavernen zur Lagerung von Wasserstoff dauern nicht nur
mehrere Jahre, sondern verschlingen auch rund 150 Millionen Euro.
Die Region Unterelbe ist aus Sicht von Renate Klingenberg für das
Projekt bestens positioniert, da die Grundstoffindustrie eine wichtige
Rolle spielt. Außerdem ist eine Pipeline, die für den Transport von
Wasserstoff dienen könnte, zwischen Hemmingstedt und Brunsbüttel schon
vorhanden. Und Windenergie gibt es in der Region reichlich.
Realisiert werden soll das insgesamt 500 Millionen Euro teure Projekt durch eine Privat-Public-Partnership,
bei der Kommunen und private Unternehmen Hand in Hand arbeiten. Mit
rund 300 Millionen Euro verschlingt eine Anlage für die Elektrolyse zur
Gewinnung von Wasserstoff die meisten Mittel. Voraussetzung, um
Unternehmen mit ins Boot zu holen ist jedoch, dass der grüne Wasserstoff
bezahlbar ist. Dafür müssen die Rahmenbedingungen durch Marktanreize
und eine angemessenen Anpassung der Gesetzeslage, etwa im Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG), stimmen. Klingenberg: „Ohne politische Unterstützung wird das
Projekt nicht zu realisieren sein.“ Für sie bedeutet dies zunächst
reichlich Lobbyarbeit. „Es gibt noch viel zu tun.“
Landrat Dr. Jörn Klimant will nicht auf den großen Schlag warten. Er
möchte gern mit Modellen in der Region starten und zeigen, dass die Idee
zukunftsfähig ist. Klimant: „Wir sollten die Vision nicht vergessen,
aber mit kleinen Pilotprojekten starten.“