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Prokon droht die Pleite. WZ vom 13.01.2014

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Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 13.01.14, 22:23  Betreff: Prokon droht die Pleite. WZ vom 13.01.2014  drucken  weiterempfehlen

Prokon droht die Pleite
Zehntausende Kleinanleger müssen um ihr Geld bangen

Kiel/Itzehoe /kim

An Warnungen hat es nicht gefehlt: Seit Jahren weisen
Vermögensverwalter und Verbraucherschützer auf die Risiken hin, die beim
Kauf von Prokon-Genussscheinen lauern. Doch die
Aussicht auf acht Prozent Verzinsung hat 75 000 Anleger verlockt. 1,4
Milliarde Euro haben sie dem Itzehoer Windanlagenfinanzierer zur
Verfügung gestellt. Jetzt droht Prokon mit Insolvenz, sofern Anleger
weiter im großen Ausmaß ihr eingezahltes Geld abziehen. Derzeit werden
angeblich 150 Millionen Euro zurückgefordert, 2013 seien schon 130
Millionen ausgezahlt worden. „Es ist absehbar, dass wir die Zahlungen in
dieser Höhe nicht fristgerecht leisten können“, schreibt Firmengründer
Carsten Rodbertus auf der Prokon-Internetseite.
Dazu kommen die fälligen Zinsen. Sollte es „nicht gelingen, die
Liquiditätslage sehr schnell wieder zu stabilisieren, werden wir
voraussichtlich Ende Januar gesetzlich gezwungen sein, eine
Planinsolvenz einzuleiten“, heißt es in einem Schreiben an die Anleger.
In vorformulierten Rückantworten werden sie aufgefordert, ihre Kündigung
wahlweise zurückzunehmen, frühestens in sechs Monaten ihr Geld in Raten
zurückzufordern oder gar Neues nachzuschießen. Alternativ können sie
auch ankreuzen : „Ich werde meine Genussrechte zeitnah kündigen. Eine
Insolvenz nehme ich bewusst in Kauf.“ Michael Herte von der
Verbraucherzentrale in Kiel spricht von Erpressung. „Dass ein
Unternehmen seine Anleger so unter Druck setzt, habe ich noch nie
erlebt.“


Prokon hatte seine Geldgeber bereits im Dezember aufgefordert, die
Zinsen für das zweite Halbjahr 2013 zur Entspannung der Liquiditätslage
im Unternehmen zu belassen. Das Eigenkapital war schon Mitte 2013
aufgebraucht. Schuld an der misslichen Lage sei eine Medienkampagne ,
die Anleger verängstigt habe, so die Geschäftsführung. Herte hofft nun
auf ein ordentliches Insolvenzverfahren. „Dann gibt es endlich Klarheit,
ob das Unternehmen wirklich nur auf dem Papier Verluste macht und wie
hoch die Vermögenswerte sind. “ Anleger sollten prüfen, ob sie
Schadenersatzansprüche wegen Falschberatung geltend machen. „Das hat den
Vorteil, dass man beim Wettlauf der Gläubiger im Insolvenzfall eine
bessere Startposition hat und vorrangig bedient wird“, so Herte.
Hoffnungen, dass sich Prokon berappelt, hat er wenig. Selbst wenn
Anleger jetzt auf Rückzahlung verzichteten, würde „der Untergang
womöglich nur herausgezögert“. Prokon lebe davon, dass ständig frisches
Geld ins Unternehmen fließt, „doch wer will jetzt noch investieren?“
Angesichts von 1300 gefährdeten Arbeitsplätzen – davon 500 in Itzehoe –
will Kiels Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) Prokon heute
Informationsgespräche anbieten. „In einem zweiten Schritt geht es dann
auch darum, wie wir im Fall der Fälle Arbeitsplätze sichern können“,
erklärte Meyers Sprecher gestern.


Kommentar von Seite 2:



Kettenreaktion mit windigen Versprechen

Die Insolvenz-Uhr tickt: Ist die Unternehmensgruppe Prokon noch zu retten – oder geht es nur noch um Schadensbegrenzung?

Stephan Richter

Die Meldungen über eine drohende Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz
beim Itzehoer Windanlagenfinanzierer Prokon sind alles andere – nur
nicht überraschend. Sie sind bitter für die 75 000 Anleger, die um ihr
eingezahltes Geld bangen. Sie lassen die 1300 Prokon-Mitarbeiter – darunter 500 in Itzehoe – um ihre Arbeitsplätze bangen.


Aber: Das alles war abzusehen. Seit Jahren mahnen Verbraucherschützer bei Prokon-Genuss-Scheinen
zur Vorsicht. Immer wieder wurde die mangelnde Transparenz des
Geschäftsmodells beklagt und dahinter ein Schneeballprinzip vermutet. Es
gab ein Urteil wegen irreführender Werbung, und schließlich bezeichnete
die Stiftung Warentest Anfang Dezember die Zwischenbilanzen des
Unternehmens als „verheerend schlecht“.


Dass solche Hiobsbotschaften Kettenreaktionen auslösen, war klar.
Erstaunlich eher, dass Prokon so lange durchhielt. Gut möglich, dass
dabei nicht nur die vom Unternehmen versprochene Traumrendite, sondern
auch die staatliche Förderung der regenerativen Energie manchen Anleger
zum Risiko verführte. Wer möchte nicht von der Milliarden-Förderung profitieren, die der Staat für Windräder und Solardächer zahlt?


Doch wo Geschäfte zu machen sind, sind schwarze Schafe nicht weit. Ob
Prokon dazu gehört, wird sich jetzt – endlich – zeigen. Denn bislang
schweigt das Unternehmen zu allen Negativmeldungen. Man sieht sich als
Opfer einer Kampagne, trägt aber nicht dazu bei, der ganzen Wahrheit ans
Licht zu verhelfen. Stattdessen wird jetzt den Anlegern, die retten
wollen, was wohl nicht mehr zu retten ist, auch noch erpresserisch
gedroht. Dass so der Untergang abgewendet werden kann, ist schwer zu
glauben. Die Insolvenz-Uhr tickt. Wenn
Wirtschaftsminister Reinhard Meyer Prokon Gespräche anbietet, dann wohl
nur, um den Schaden zu begrenzen – und um Arbeitsplätze zu retten.
Itzehoe ist mit der Schließung der Prinovis-Druckerei schon genug gebeutelt.







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