Kettenreaktion mit windigen Versprechen
Die Insolvenz-Uhr tickt: Ist die Unternehmensgruppe Prokon noch zu retten – oder geht es nur noch um Schadensbegrenzung?
Stephan Richter
Die Meldungen über eine drohende Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz
beim Itzehoer Windanlagenfinanzierer Prokon sind alles andere – nur
nicht überraschend. Sie sind bitter für die 75 000 Anleger, die um ihr
eingezahltes Geld bangen. Sie lassen die 1300 Prokon-Mitarbeiter – darunter 500 in Itzehoe – um ihre Arbeitsplätze bangen.
Aber: Das alles war abzusehen. Seit Jahren mahnen Verbraucherschützer bei Prokon-Genuss-Scheinen
zur Vorsicht. Immer wieder wurde die mangelnde Transparenz des
Geschäftsmodells beklagt und dahinter ein Schneeballprinzip vermutet. Es
gab ein Urteil wegen irreführender Werbung, und schließlich bezeichnete
die Stiftung Warentest Anfang Dezember die Zwischenbilanzen des
Unternehmens als „verheerend schlecht“.
Dass solche Hiobsbotschaften Kettenreaktionen auslösen, war klar.
Erstaunlich eher, dass Prokon so lange durchhielt. Gut möglich, dass
dabei nicht nur die vom Unternehmen versprochene Traumrendite, sondern
auch die staatliche Förderung der regenerativen Energie manchen Anleger
zum Risiko verführte. Wer möchte nicht von der Milliarden-Förderung profitieren, die der Staat für Windräder und Solardächer zahlt?
Doch wo Geschäfte zu machen sind, sind schwarze Schafe nicht weit. Ob
Prokon dazu gehört, wird sich jetzt – endlich – zeigen. Denn bislang
schweigt das Unternehmen zu allen Negativmeldungen. Man sieht sich als
Opfer einer Kampagne, trägt aber nicht dazu bei, der ganzen Wahrheit ans
Licht zu verhelfen. Stattdessen wird jetzt den Anlegern, die retten
wollen, was wohl nicht mehr zu retten ist, auch noch erpresserisch
gedroht. Dass so der Untergang abgewendet werden kann, ist schwer zu
glauben. Die Insolvenz-Uhr tickt. Wenn
Wirtschaftsminister Reinhard Meyer Prokon Gespräche anbietet, dann wohl
nur, um den Schaden zu begrenzen – und um Arbeitsplätze zu retten.
Itzehoe ist mit der Schließung der Prinovis-Druckerei schon genug gebeutelt.