Atommüll: Kiel rechnet mit noch mehr Rost-Fässern
Ministerium und Betreiber beraten über mögliche Bergung
Brunsbüttel / Kiel
Der Rost taucht überall auf: In den Kavernen unter dem Kernkraftwerk
Brunsbüttel befinden sich weitere korrodierte Fässer mit Atommüll. Das
bestätigte gestern Betreiber Vattenfall. „70 Fässer in einer Kaverne
haben wir bislang mit einer Spezialkamera inspiziert, davon haben einige
wenige Rostschäden“, sagt Vattenfallsprecherin Sandra Kühberger. Es
soll sich nach unbestätigten Berichten um sechs oder sieben handeln, wie
stark sie verrostet sind, ist unklar. Es sei weder aufgrund der Lage
der Fässer noch nach deren Alter eine Systematik zu erkennen, die
Erklärungen liefern könnten, warum die Fässer beschädigt seien, so
Kühberger. Es sei aber keine Radioaktivität ausgetreten.
613 Fässer lagern
in Betonkavernen
„Jetzt wird es ein atomaufsichtliches Fachgespräch geben, in dem
Vattenfall seine Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Atomaufsicht und
den von der Reaktorsicherheitsbehörde hinzugezogenen externen
Sachverständigen vorstellen wird. Auf Basis dieses Gesprächs werden
weitere Entscheidungen zu treffen sein“, erklärte die Sprecherin des
Energiewendeministeriums in Kiel, Nicola Kabel. Es wird auch darum
gehen, ob und wie der Atommüll umgepackt und ausgelagert werden muss.
Vattenfall verfügt noch nicht über ein geeignetes Bergeinstrument.
Insgesamt lagern in den sechs Betonkavernen unter dem Kraftwerk 613
Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall aus dem Betrieb des
Reaktors. Die ältesten Fässer sind über 30 Jahre alt. Sie sollen jetzt
alle nach und nach inspiziert werden. Wie lange das dauern wird, ist
noch unklar. Es gilt als wahrscheinlich, dass weitere Fässer verrostet
sind.
„Wir hatten nach dem Fund eines korrodierten Fasses vor einigen
Jahren erwartet, dass weitere Fässer beschädigt sein werden. Jetzt haben
wir die Bestätigung“, sagt Nicola Kabel. Die Suche nach den
beschädigten Fässern war ins Rollen gekommen, als bei einer TÜV-Kontrolle
im Jahr 2011 ein verrostetes Fass gefunden worden war. Vattenfall
wusste das seit dem 15. Dezember, hatte die Atomaufsicht in Kiel aber
erst rund vier Wochen später darüber informiert.
In einer Kaverne waren nach Angaben der Atomaufsicht im Jahr 2012 bis
zu 500 Millisievert Strahlenbelastung je Stunde gemessen worden. Ein
Arbeitnehmer in einem Kernkraftwerk darf maximal 20 Millisievert
Strahlung im Jahr ausgesetzt sein. Den hohen Wert erklärt das
Ministerium damit, dass die Strahlenbelastung an der Oberfläche der
Fässer durchaus zwischen zehn und einigen hundert Millisievert variieren
kann. „Daher sind 500 Millisievert pro Stunde zwar ein hoher, aber
durchaus vorkommender Wert. “
Kay Müller
Weitere Fragen und Antworten unter www.schleswig-holstein.de/UmweltLandwirtschaft – Menü links: „Reaktorsicherheit, Stahlenschutz“ – Menü rechts: „FAQ zum Fund korrodierender Stahlblechfässer“