Claudia
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Erstellt: 08.04.15, 23:20 Betreff: Bald Rechtsstreit um Brokdorf? WZ vom 27.03.2015 |
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Bald Rechtsstreit um Brokdorf? Greenpeace und Anwohner Dr. Hinrichsen beantragen Entzug der Betriebserlaubnis – und bereiten so mögliche Klage vor Brokdorf
Gemeinsam mit Anwohnern, so verkündete es in dieser Woche die Umweltorganisation Greenpeace, sei ein Antrag auf Widerruf der Betriebsgenehmigung für das Kernkraftwerk Brokdorf eingereicht worden. Einer dieser besagten Anwohner hat viel Übung und Erfahrung im Kampf gegen die Kernkraftnutzung. Es ist der Brokdorfer Dr. Karsten Hinrichsen (Foto). Er hatte sich bereits in den 1990er Jahren einen langen juristischen Kampf mit Genehmigungsbehörden und Betreiber geliefert. Im Streit um die Rechtmäßigkeit einer Teilbetriebsgenehmigung war er am Ende unterlegen. Jetzt startet er gemeinsam mit Greenpeace eine neue Initiative.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Folge dem Zwischenlager am Standort Brunsbüttel die Betriebsgenehmigung entzogen wurde. Nach dem Urteil der Richter müssten Bedrohungsszenarien wie ein Flugzeugabsturz oder der Beschuss mit panzerbrechenden Waffen stärker berücksichtigt werden.
Für Greenpeace und Hinrichsen steht fest: Die gleichen Maßstäbe müssten auch in Brokdorf angelegt werden. „Die Verwundbarkeit von Atomanlagen durch terroristische Angriffe steht außer Zweifel“, hatte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital in dieser Woche in Hamburg betont. Die Bevölkerung sei daher in hohem Maße gefährdet und der Betrieb der Brokdorfer Anlage stelle ein unzumutbares Risiko dar. Der Politik wirft er vor, die Gefahren zu kennen, aber nicht konsequent zu handeln. „Deshalb müssen Bürger und Umweltverbände aktiv werden.“
Auch unabhängig von dem anvisierten Abschalttermin am 31. Dezember 2021 fordern Kernkraftgegner schon seit Jahren gebetsmühlenartig: „Abschalten sofort!“ Mit dem jetzt vorgelegten Antrag bei der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht könnte der Weg für ein neuerliches Gerichtsverfahren geebnet werden. Laut Karsten Hinrichsen hat Kiel jetzt drei Monate Zeit für eine Reaktion. Je nach dem wie diese ausfällt, könnte dann auch der Klageweg beschritten werden. Im Unterschied zum Bundesemissionsschutzgesetz, so Hinrichsen weiter, lasse das Atomgesetz allerdings keine Klage durch Umweltverbände zu. Vor Gericht ziehen könnten daher nur direkt betroffene Anwohner. Hinrichsen lebt Luftlinie nur 1500 Meter vom Kernkraftwerk entfernt. Greenpeace argumentiert denn auch entsprechend: „Bei einem Kernschmelzunfall mit großer radioaktiver Freisetzung wäre er von sehr hohen Strahlendosen mit sogar tödlichen Folgen betroffen.“ Der Brokdorfer ist zuversichtlich, dass die neue Initiative mit Greenpeace wieder Bewegung in die Brokdorf-Frage bringt: „Unser Anwalt ist guten Mutes.“ Sein Mitstreiter – als weiterer Anwohner – sei übrigens ein Kläger aus Uetersen. Dieser sei bereits vor 14 Jahren aktiv geworden, seine Eingabe aber bislang nicht bearbeitet worden.
Außer Brokdorf hat Hinrichsen aber auch den Standort Brunsbüttel im Blick. Er ist Initiator einer aktuellen Sammeleinwendung gegen den Antrag zum Bau eines Lagers für schwach- und mittelradioaktive Stoffe sowie zum Abbau des AKW Brunsbüttel. Begründung unter anderem: Enorme Strahlengefahr für ausführende Mitarbeiter, unbegründbar hohe Abgabemengen an radioaktiven Gasen und Stäuben, unnötige Strahlengefahren durch „hektischen Abriss“ und ein fehlendes radiologisches Gesamtkataster über den Verbleib der Abfälle. Zudem beschwört die von Hinrichsen verantwortete Initiative „Brokdorf akut“ die Gefahr, dass ausgebaute Metalle „zum Menschen zurück kommen – zum Beispiel in Kochtöpfen oder in Zahnspangen“. Volker Mehmel
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