Ein bisschen Sicherheit reicht nicht
Fracking-Debatte im Agrarausschuss: Dithmarscher Bundestagsabgeordnete stehen Kommunalpolitikern Rede und Antwort
Heide
„Fracking wollen wir eigentlich nicht haben.“ Die Aussage von Wilhelm
Malerius (SPD), Vorsitzender des Agrar- und Umweltausschusses des
Kreises Dithmarschen, sorgte für Unruhe in den Zuschauerreihen.
„Eigentlich“ – das wollten sie nicht hören. Eine unglückliche
Formulierung, die der Brunsbütteler sofort korrigierte. „Fracking wollen
wir nicht haben“, sagte er nachdrücklich.
Nicht nur die Dithmarscher, das ganze Land spricht sich gegen die
umstrittene Fördermethode aus. Das hat Ministerpräsident Torsten Albig
(SPD) mit einem interessanten Schachzug deutlich gemacht. Nach der
Erhöhung des Öl- und Gasförderzinses von 21 auf 40 Prozent zogen sich
einige Unternehmen zurück oder reduzierten ihr Gebiet. Wie in
Dithmarschen, wo das kanadische Unternehmen PRD Energy GmbH das
Erlaubnisfeld Ostrohe bei Heide deutlich verkleinerte und die
Untersuchungen für ein Jahr auf Eis legte.
Den Bürgern reicht das nicht. Sie wollen Sicherheit. Und die kann
ihnen nur ein generelles Verbot bieten. Schon jetzt ist abzusehen, dass
das zurzeit im Bundestag diskutierte Gesetz Hintertürchen offenlässt,
die Ausnahmen ermöglichen. Vor allem für politisch einflussreiche
Bundesländer wie Niedersachsen, wo konventionelles Fracking seit
Jahrzehnten praktiziert wird.
Dagegen zeigten sich auch die Dithmarscher Bundestagsabgeordneten
machtlos, die den Kommunalpolitikern Rede und Antwort standen. Viel
Neues hatten sie nicht zu bieten. Auch Zuversicht konnten sie nicht
ausstrahlen. „Das kommende Gesetz ist besser, als der jetzige Zustand,
im dem es keine Regularien gibt“, so Ingbert Liebing (CDU). Eine
Aussage, die auf wenig Gegenliebe stieß.
Mit einem bisschen Sicherheit wollen sich weder die Kommunalpolitik
noch die Bürger zufrieden geben. Sie wollen ein generelles Verbot von
Fracking. Nicht nur für Schleswig-Holstein. Für
ganz Deutschland. Das erhofft sich auch Dr. Andreas Wasieleswski, der
stellvertretende Leiter der Abteilung Energie, Klima- und
Ressourcenschutz im Energiewendeministerium des Landes. „Das Gesetz der
Bundesregierung ist Stückwerk – es bringt nicht, was wir gefordert
haben, damit Fracking dauerhaft verboten wird.“
Zurzeit ist unkonventionelles Fracking wie in den USA, also das
Aufbrechen von Gestein in flacheren Gesteinsschichten unter hohem Druck
und Einsatz von Chemikalien, in Deutschland möglich. Das neue Gesetz
sieht deshalb eine Verschärfung des Berg- und des Wasserrechts vor. In
Wasserschutzgebieten ist die Bohrung generell untersagt. Vorhaben in
Schiefer- und Kohleflözgestein in weniger als 3000 Metern Tiefe sind
laut Entwurf zwar auch sonst grundsätzlich verboten. Nach erfolgreichen
Tests unter wissenschaftlicher Begleitung und der Zustimmung eines
Expertengremiums soll ab 2019 kommerzielles Fracking in Einzelfällen
erlaubt werden. So die Pläne.
Jetzt hat sich herausgestellt, dass der von der Bundesregierung
eingebrachte Gesetzentwurf einem Gutachten zufolge verfassungswidrig
ist. „Die Konstruktion einer Expertenkommission mit
Entscheidungskompetenzen verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die
Verfassung“, heißt es in einer Analyse des Oldenburger Rechtsprofessors
Volker Boehme
-Neßler. „Fracking passt nicht in unsere Region und in unsere Zeit“, so Landrat Dr. Jörn Klimant.
Angela Schmid