Landwirte über Kraftwerkspläne beunruhigt
Großer Andrang bei der Versammlung des Bezirksbauernverbands in Wilster. Es ging um die Kohlekraftwerke.
Wilster
– Bis zu drei Kohlekraftwerke im Industrierevier Brunsbüttel –
bislang hielten sich die Landwirte aus der Wilstermarsch mit Protest
eher zurück. Dabei warnen Kritiker der Meiler davor, dass gerade diese
Region besonders von den Verbrennungsabgasen aus den Schloten betroffen
sei. Denn die Wilstermarsch liegt in der Hauptwindrichtung der
Kraftwerke. Das haben auch die Landwirte erkannt.
Entsprechend groß war die Resonanz auf eine Versammlung des
Bezirksbauernverbands am Dienstagabend im Wilsteraner Colosseum. Die
„Veranda“ reichte nicht aus – schon zehn Minuten vor Beginn war der
Raum hoffnungslos überfüllt, ein Teil des großen Saals musste
hinzugezogen werden, um allen Platz zu bieten. Rund 100 Bauern wollten
sich von der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe
informieren lassen. Die Sorge um die Zukunft der Betriebe, deren
Ländereien über Jahrzehnte den Emissionen der Kohlekraftwerke
ausgesetzt sind, ist offenbar groß.
Das machte Peter Lüschow, Vorsitzender des Steinburger
Kreisbauernverbandes, deutlich: „Noch gehören die Nahrungsmittel, die
wir in der Wilstermarsch produzieren, zu den besten und gesündesten –
das soll auch in Zukunft so bleiben.“
40 Jahre Abgase aus den Schornsteinen von möglicherweise vier
Kraftwerksblöcken – das werde deutliche Spuren in der Marsch
hinterlassen, warnte der Wewelsflether Sprecher der Bürgerinitiative,
Stephan Klose. Dabei seien die Meiler nicht einmal notwendig, die von
der Politik erwartete Versorgungslücke beim Strom gebe es gar nicht:
„Deutschland ist ein Stromexportland.“
Über die möglichen Folgen für die Marsch sprach Bodenkundler Sven
Wiegmann aus Glückstadt. Noch gehörten die Marschböden zu den besten
der Welt, erklärte er. Wenn aber erst einmal jahrelang Schwermetalle,
vor allem Dioxin, auf die Ländereien gerieselt seien, müssten sich die
Bauern ernsthafte Sorgen machen – nur sei es dann schon zu spät. Denn
die Böden wiesen dann womöglich Belastungen auf, die jenseits der
zulässigen Schadstoffgrenzen lägen. Wiegmann: „Nach heutigem Maßstab
ist die Gegend sauber. Das muss in 20 Jahren nicht mehr so sein.“
Ohnehin würden Schadstoffgrenzen immer weiter abgesenkt. Ein aktuelles
Beispiel lieferten die Spülflächen der Elbe: Plötzlich ist der Verzehr
der Lebern von Schafen, die dort geweidet haben, verboten. „Wen wollen
Sie dafür haftbar machen?“, fragte Wiegmann. Das hochgiftige Dioxin sei
dort über lange Zeiträume ins Erdreich gesickert – Verursacher
unbekannt. Entsprechend könnten eines Tages die wertvollen Marschböden
übermäßig belastet sein. Wiegmann: „Wenn die Grenzwerte ausgeschöpft
sind, was machen dann Ihre Urenkel?“
Darum appellierte Karsten Hinrichsen von der Bürgerinitiative an die
Versammlung, sich an der für den 14. Februar in der Schleusenstadt
geplanten Demonstration zu beteiligen: „Sie müssen deutlich machen,
dass Sie weiter existieren möchten!“ Und er betonte: „Wenn Sie nichts
tun, haben Sie verloren.“
Nicht so gut zu sprechen auf die Politik sind die Bauern im
Zusammenhang mit den Kraftwerksplänen in Brunsbüttel und Büttel. Das
wurde in der Versammlung deutlich. Nico Hellerich vermisst die
Unterstützung des CDU-Landtagsabgeordneten Hans
Jörn Arp. „Er sieht sich als Anwalt der Bürger – und hält sich jetzt
sehr bedeckt.“ Hellerich lädt den Wackener zu Gesprächen ein.
Stephan Kloses Fazit, mit dem er die Landwirte aufrütteln wollte:
„Für uns alle sind die Planungen in Brunsbüttel nicht gut: Wir haben
den Schaden, andere den Profit.“
RALF PÖSCHUS
Infos: http://bi-unterelbe.stormtide.de