BIETIGHEIM-BISSINGEN
LESERBRIEF ZUM ARTIKEL "EINSTIEG IN STROMERZEUGUNG" VOM 1.7.2008, Bietigheimer Zeitung
Moralisch nicht vertretbar
Wie passen der Bau und die Beteiligung unserer Stadtwerke am Kohlekraftwerk in Brunsbüttel in die aktuellen Klimaschutzaktivitäten, und was haben wir als Bürger davon? Das geplante Kraftwerk hat nur einen Wirkungsgrad von 46 Prozent und würde etwa zehn Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen. Müsste man das Treibhausgas auf der Straße abtransportieren, würde laut Greenpeace Tag für Tag eine Kolonne von 900 000 Kleintransportern aus dem Kraftwerk rollen.
Von Interesse ist auch die Frage, was wäre, stünde das Kraftwerk in Bietigheim an der Enz und nicht in Brunsbüttel an der Elbe? Die Ziele und Programme der Bundesregierung zum Klimaschutz werden durch städtische Interessenslagen, sprich Gewinne, glatt unterlaufen.
Begründet wird das Vorhaben mit der Unabhängigkeit unserer Stadtwerke. Sichert doch diese Unabhängigkeit der Stadtkasse einen jährlichen Gewinn von etwa drei bis vier Millionen Euro. Geht es bei dem Vorhaben um die Sicherung dieser Einnahmen oder um die Fürsorge für den Bürger? Die Selbstständigkeit der Stadtwerke ist kein Selbstzweck und kein "Dukatenesel" für die Stadtkasse. Nur wenn durch sie eine günstige und sichere Energieversorgung für die Bürger gewährleistet wird, ist sie ein überlegenswerter Schritt. Auf die preiswerte Energieversorgung warten wir aber bis heute.
Wir glauben nicht, dass der Bürger nach Inbetriebnahme des Kraftwerkes weniger an Stromkosten zu leisten hat. Erst einmal müssen die Investitionskosten wieder eingebracht werden, und die Stadt hat noch viel vor, zum Beispiel den Bau einer Multifunktionshalle. Wasser, Gas, Strom brauchen wir alle zum Leben. Dass aber mit diesen Leistungen der Daseinsvorsorge eine Gewinnmaximierung betrieben wird, ist moralisch nicht vertretbar.
Peter Junius,
Bietigheim-Bissingen