Steiermark - 26.07.2008
Steirergeld für umstrittenes Kohlekraftwerk
Steirische Stadtwerke, die mit ihrer sauberen Energie werben, investieren in Steinkohle-Großkraftwerk an der Nordsee. Umwelt-schützer kritisieren den Millionen-Deal.
Die Dimensionen sind beachtlich: Es ist ein 1600 Megawatt starkes Steinkohle-Kraftwerk, das in der norddeutschen Stadt Brunsbüttel entstehen soll und dort seit Monaten Staub aufwirbelt. Inzwischen sorgt die Anlage, die 2012 ans Netz geht, auch in der Steiermark für Irritationen. Der Grund: Mehrere regionale Energieversorger, darunter die Stadtwerke Bruck/Mur, Mürzzuschlag und Köflach, wollen sich an dem umstrittenen Großkraftwerk beteiligen.
Pikant ist diese Beteiligung, weil sich deutsche Bürgerinitiativen seit Monaten massiv gegen die Umsetzung des Großprojekts in Brunsbüttel wehren. In der 13.000-Einwohner-Stadt an der Elbemündung, deren Name hierzulande wegen häufiger Störmeldungen aus dem dortigen Atomkraftwerk ein Begriff ist, will man die zusätzliche CO2- und Feinstaubbelastung nicht hinnehmen.
Das neue Kohlekraftwerk - eines von mehreren an der unteren Elbe - ist mit zwei 800-Megawatt-Blöcken immerhin knapp fünf Mal größer dimensioniert als das stillgelegte Voitsberger Braunkohlekraftwerk. Getragen wird das Projekt von der deutschen Südweststrom und einer Beteiligungsgesellschaft mit mehr als 60 Kleinunternehmen.
Dass auch heimische Energieversorger, die vielfach mit ihrer Umweltverantwortung werben, mit von der Partie sind, lässt die steirischen Grünen rotieren. "Das ist nicht innovativ, sondern rückschrittlich", kritisiert Landtagsabgeordneter Lambert Schönleitner. "Unter dem Deckmantel ,Sauberer Strom aus der Region' wird im Ausland in CO2-belastende Kohlekraftwerke investiert." Schönleitner befürchtet einen "nachhaltigen Imageschaden" für Österreichs Energieversorger. In Deutschland sollen sich bereits erste Stadtwerke wegen Bedenken wieder aus dem Projekt verabschiedet haben. Die Grünen fordern nun, dass den steirischen "Brunsbüttel-Teilnehmern" der Förderhahn "in allen Bereichen zuzudrehen" ist.
Geschlossenes Vorgehen. Bei den "Energy Services Steiermark" sieht man an der Investition hingegen nichts Problematisches. Die Gesellschaft war vor der Liberalisierung des Strommarkts aus einem Schulterschluss regionaler Energieversorger entstanden, um den Stromhandel zu koordinieren. "Fast alle Gesellschafter" würden sich in Brunsbüttel beteiligen, informiert Geschäftsführer Wolfgang Buchner. "Wir müssen die Eigenproduktion ausbauen, sonst sind wir nur noch von den Preisen am Strommarkt abhängig." Das Kohlekraftwerk sei mit einem Wirkungsgrad von 46 Prozent am modernsten Stand und könne rechnerisch zwei bis drei alte Blöcke ersetzen. "Damit vermeidet Brunsbüttel mehr CO2 als der gesamte deutsche Photovoltaik-Park", betont Buchner.
Zugeknöpfter gibt man sich bei den Stadtwerken Bruck. Zur Investition nimmt man nicht Stellung. Dem Vernehmen nach geht es aber um eine Summe von rund zwei Millionen Euro - was einem Anteil von mehreren Megawatt Leistung entsprechen würde.