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Arne

Beiträge: 539

New PostErstellt: 15.10.08, 11:09     Betreff: Rotenburg: "Vor dem Aus – oder nicht?", Rotenburger Rundschau - 15.10.2008

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Rotenburg - 15.10.2008

Vor dem Aus – oder nicht?

Brunsbüttel: Grüne zu Iberdrola-Rückzug / SWS reagiert

Der spanische Energiekonzern Iberdrola will nicht an der Realisierung des Kohlekraftwerks Brunsbüttel mitwirken. Darauf macht die Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe aufmerksam. Als Ausstiegsmotiv gelten, erklärt sie, vor allem wachsende Zweifel an der Wirtschaftlichkeit. Interessant für Rotenburg – schließlich wollen sich die hiesigen Stadtwerke ebenfalls an genanntem Kraftwerk beteiligen. Die Grünen greifen das Thema daher jetzt auf. Für sie ist der Iberdrola-Ausstieg eine erfreuliche Nachricht. Sie prophezeihen das baldige Aus für das Gesamtprojekt. Die Südweststrom-Verantwortlichen sehen das jedoch nicht.

"Iberdrola sollte mit 51 Prozent der Anteile Hauptgesellschafter werden“, erklärt Manfred Radtke, Fraktionsvorsitzender der Rotenburger Grünen im Stadtrat. In der bisherigen Kooperation wäre Südweststrom für die Standortsicherung und das Genehmigungsverfahren und Iberdrola für das technische Know-how verantwortlich gewesen. Auch Radtke macht auf die von der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe genannten Zweifel des spanischen Stromversorgers an der Wirtschaftlichkeit neuer Kohlekraftwerke aufmerksam. Vor kurzem habe sich, so der Grünen-Chef, der Umweltausschuss im Europaparlament hinter die Vorschläge der EU-Kommission zum CO2-Emissionshandel gestellt: "Ab 2013 sollen auch Stromkonzerne alle benötigten CO2-Zertifikate zu 100 Prozent ersteigern müssen. Die Bundesregierung hat das ebenfalls beschlossen.“ Die Preise für die Verschmutzungsrechte würden mit zunehmender Verknappung ebenso steigen wie die Kohlebeschaffungskosten. Der Betrieb von KKW, die mehr solcher Zertifikate benötigen als alle anderen Anlagen zur Stromerzeugung, werde damit mehr und mehr unwirtschaftlich.

Erst vor kurzem sei, berichtet Radtke mit Bezug auf die Infos der Bürgerinitiative, Iberdrola der globalen Initiative zur Bekämpfung des Klimawandels "Caring for Climate“ beigetreten, die von den Vereinten Nationen unterstützt werde. Die Mitglieder dieser Initiative verpflichteten sich zu einer Reduktion der CO2-Emissionen in ihren Aktivitäten. "Vor diesen Hintergründen ist es folgerichtig, wenn Iberdrola aus dem Kohlekraftwerk Brunsbüttel, das in unauflösbarem Widerspruch zu den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen steht und dessen wirtschaftlicher Betrieb nicht gesichert ist, aussteigt und stattdessen in ökologisch und wirtschaftlich sinnvollere Lösungen investiert“, meint Radtke. Bereits im September habe Iberdrola Teilgenehmigungen für ein in Ludwigsau (Hessen) geplantes hocheffizientes 1.100 Megawatt Gas-Kombi-Kraftwerk erhalten. Ein weiteres Gas-Kraftwerk plane Iberdrola in Lauchhammer (Brandenburg). Das in Brunsbüttel geplante Kohlekraftwerk ohne Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt laut Radtke pro Kilowattstunde fast viermal soviel CO2 wie ein gleich großes Gas-Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung.

Diese Entwicklung bestätigt nach Meinung des Grünen die Kritik seiner Partei an der Kraftwerksbeteiligung der Rotenburger Stadtwerke: "Angesichts der dramatischen Folgen des Klimawandels und der ständig steigenden Kosten für fossile Energieträger ist eine teure Investition in die Technik des vergangenen Jahrhunderts der absolut falsche Weg. Bis erneuerbare Energien im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen, sollte auch für Rotenburg nur die Beteiligung an Gas- und Dampfkraftwerken in Betracht kommen, die einen wesentlich höheren Wirkungsgrad haben als KKW.“ Es sei zu erwarten, dass nach dem Rückzug von Iberdrola weitere Gemeinden aus dem Projekt aussteigen werden.

Radtke: "Die Entwicklung öffnet hoffentlich auch den Ratsmitgliedern die Augen, die die Pläne der Stadtwerke bisher unkritisch zur Kenntnis genommen haben. Wir sind gespannt auf die Diskussionen, wenn der Stadtrat am 30. Oktober zu einer Sondersitzung über den von uns beantragten Ausstieg aus dem Projekt Brunsbüttel zusammenkommt. Wir werden dabei nicht nur die finanziellen Risiken für die Stadtwerke aufzeigen. Wir werden auch deutlich machen, dass die angeblich günstigen Strompreise, die eine Beteiligung für die Rotenburger Bürger bringen sollen, Illusion sind.“

Und was sagt die Südweststrom Kraftwerk GmbH zur Meldung zum Iberdrola-Ausstieg? Sie wirft der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe vor, mit Falschmeldungen die Öffentlichkeit zu verunsichern. Als "schlechten Stil“ bezeichnet Bettina Morlok, Geschäftsführerin der Südweststrom, die Aussage der Initiative, Iberdrola sei aus dem Projekt ausgestiegen, weil sich das KKW als nicht wirtschaftlich erweise. Richtig ist laut Südweststrom lediglich, dass sich die Wege mit Iberdrola bereits Anfang des Jahres getrennt hätten. "Diese Tatsache ist ein alter Hut und wurde bereits im Frühjahr kommuniziert“, erklärt Morlok. "Grund dafür, dass die Zusammenarbeit nicht zustande kam, waren nicht wirtschaftliche Gründe, sondern die Differenzen zwischen den Parteien in wichtigen Punkten im Kooperationsvertrag, der die Zusammenarbeit zwischen den Parteien betraf.“ Für die Bürgerinitiative sei es typisch, Meldungen in die Welt zu setzen, ohne sich vorher bei Fachleuten zu erkundigen.

Nachdem die Verhandlungen mit Iberdrola nicht erfolgreich verlaufen seien, habe Südweststrom Gespräche mit einem Energieversorgungsunternehmen aufgenommen, das Interesse hat, größere Anteile des Kraftwerks zu übernehmen. Diese Verhandlungen sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Überhaupt stehe, so Morlok, das Kraftwerksprojekt kurz vor seiner Realisierung. Derzeit würden die Genehmigungsunterlagen für das Bundesimmissionsschutzverfahren erarbeitet. Die erste Teilerrichtungsgenehmigung könnte dann bereits im Sommer 2009 erteilt werden.

Der Iberdrola-Rückzug ein "alter Hut“ aus dem Frühjahr? Das will Dr. Arne Firjahn, Sprecher der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe, nicht so stehen lassen. "Noch in der vergangenen Woche wurde bei telefonischen Anfragen von Vertretern interessierter Gemeinden bei SWS ein Ausstieg von Iberdrola nicht bestätigt“, berichtet er. Zudem hätten sich inzwischen am Projekt beteiligte Gemeinden bei der Bürgerinitiative gemeldet, die ebenfalls nicht von dem Rückzug informiert worden seien. Vielmehr liege, so Firjahn, die Vermutung nahe, dass der Ausstieg solange nicht nach außen dringen sollte, bis ein neuer Partner im Boot ist.





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