Atomkraftwerke
Kubicki: Kein Grund für längere Laufzeiten
7. August 2010 | 09:39 Uhr | Von Wolfgang Schmidt, dpa /sh:z-online
Sollte es im
Bundesrat zur Abstimmung über längere Laufzeiten der Atomkraftwerke
kommen, würde das schwarz-gelb regierte Schleswig-Holstein nicht
zustimmen, glaubt Wolfgang Kubicki.
FDP-Landtagsfraktionschef
Wolfgang Kubicki widersprach Plänen auf Bundesebene, eine
Laufzeitverlängerung ohne Beteiligung der Länder zu beschließen. Foto:
sh:z
"Wenn wir uns mit der CDU nicht einigen sollten, würden wir uns
enthalten", sagte der FDP-Landtagsfraktionschef. Die Nord-FDP habe einen
nahezu einstimmigen Parteitagsbeschluss gegen eine generelle
Laufzeitverlängerung getroffen. Kubicki widersprach Plänen auf
Bundesebene, eine Laufzeitverlängerung ohne Beteiligung der Länder zu
beschließen. "Nach fundierter Rechtsauffassung unseres
Justizministeriums bedarf jede Laufzeitverlängerung der Zustimmung des
Bundesrates - ich teile diese Auffassung."
Nach seiner persönlichen Einschätzung gebe es keinen
nachvollziehbaren Grund, vom bisherigen Atomkonsens abzuweichen und die
von den Reaktoren zu erzeugenden Reststrommengen zu erhöhen, sagte
Kubicki. "Außer dem Grund, dass längere Laufzeiten die wirtschaftliche
Basis der Betreiber verbessern durch höhere Gewinne."
"Wir gehen damit völlig unaufgeregt um"
FDP-Chef Guido Westerwelle hatte sich dafür ausgesprochen, die
Laufzeit der Atomkraftwerke maßvoll zu verlängern. Das CDU/FDP- Bündnis
in Kiel strebt laut Koalitionsvertrag an, Reststrommengen von älteren
Meilern auf jüngere zu übertragen, die weniger störanfällig sind. "Das
impliziert, dass neue Meiler dann länger laufen als ursprünglich
geplant, aber das ist keine generelle Laufzeitverlängerung", erläuterte
Kubicki. Er ist in Kiel neben Ministerpräsident Peter Harry Carstensen
(CDU) die wichtigste Schlüsselfigur der Koalition. In der Energiepolitik
gebe es schon Meinungsunterschiede, räumte Kubicki ein. "Aber wir gehen
damit völlig unaufgeregt um."
Aus Sicht Kubickis wäre es richtig, wenn Schleswig-Holstein Klage
erheben würde für den Fall, dass der Bund eine Laufzeitverlängerung
beschließt ohne Beteiligung des Bundesrates. "Ich hielte das für
sinnvoll, auch um die eigenen Rechte zu wahren." Wenn die CDU das aber
nicht wolle, werde es auch keine Klage des Landes geben.
"Der Bedarf wird nicht so exorbitant steigen wie angenommen"
Nach Einschätzung Kubickis braucht Deutschland nicht so viele neuen
Kohlekraftwerke wie geplant, um seinen künftigen Energiebedarf zu
decken. "Auch aufgrund von Veränderungen bei der Stromnutzung haben wir
erhebliche Reserven; der Bedarf wird nicht so exorbitant steigen wie
angenommen", sagte Kubicki. "Und angesichts der Potenziale anderer
Energiequellen - nicht nur Wind, Wasser und Photovoltaik, sondern auch
Kernfusion - sollten wir uns nicht für die Zukunft in dem Ausmaß durch
Kohlegroßkraftwerke binden."
Ein Argument, verstärkt auf erneuerbare Energien zu setzen, ist für
Kubicki auch die Tatsache, dass die Atomkraftwerke Krümmel und
Brunsbüttel nun schon seit drei Jahren aufgrund von Pannen vom Netz
sind. "Die Abschaltung bedeutet etwa 60 Millionen Euro jährlich weniger
für den Landeshaushalt, weil uns die Einnahmen aus der
Oberflächenwasserentnahmeabgabe fehlen", rechnete der FDP-Politiker vor.
"Und da unsere Kernkraftwerke relativ häufig stillstehen, ist es auch
energiepolitisch und fiskalisch sinnvoll, Energieformen zu fördern, bei
denen die Gewissheit besteht, dass sie uns dauerhaft Einnahmen bringen."
Dazu gehöre besonders die Windenergie, die mit der Entwicklung
leistungsfähiger Speichertechnik "grundlastfähig" gemacht werden müsse.