Vattenfall zieht Milliardenklage gegen Umweltauflagen für Kohlekraftwerk zurück
Hamburg/Stockholm
Der milliardenschwere Streit um Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk
Moorburg scheint beigelegt. Nach einem Vergleich mit der Stadt Hamburg
und der Bundesregierung hat Energieriese Vattenfall seine Klage vor dem
Schiedsgericht der Weltbank ausgesetzt. Das bestätigte Vattenfall-Sprecher
Ivo Banek in Stockholm: „Wir gehen davon aus, einen Weg gefunden zu
haben mit allen Beteiligten auch für einen wirtschaftlichen Betrieb des
Kraftwerks.“ Das Bundeswirtschaftsministerium und die Hamburger
Umweltbehörde bestätigten eine Einigung, nannten mit Verweis auf das
noch laufende Verfahren aber keine Details.
Der schwedische Konzern hatte die Bundesrepublik vor das
Internationale Schiedszentrum für Investmentstreitigkeiten ICSID in
Washington gezerrt. Begründung: Die 2008 von Hamburg erteilte
Baugenehmigung für den Doppelmeiler an der Süderelbe sei an derart hohe
wasserrechtliche Einschränkungen geknüpft, dass ein Betrieb des
1650-Megawatt-Kraftwerks unwirtschaftlich werden
würde. Dem Vernehmen nach machte Vattenfall Schadenersatz von bis zu
1,4 Milliarden Euro geltend.
Das im Bau befindliche Steinkohlekraftwerk gilt Umweltschützern wegen
seines hohen Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) als Klimakiller. Die in
Hamburg regierende GAL hatte im Wahlkampf 2008 versprochen, den Bau zu
verhindern. Kaum auf der Senatsbank angekommen, hatte die grüne
Umweltsenatorin Anja Hajduk das Projekt mit Hinweis auf rechtliche
Zwänge aber doch genehmigt.
Hajduk verhängte aber scharfe Auflagen zur zulässigen
Kühlwasserentnahme aus der Elbe. Um Tiere und Pflanzen zu schützen, darf
Vattenfall demnach an besonders warmen Tagen sowie bei
Sauerstoffknappheit kein Kühlwasser aus dem Fluss nutzen. Die Folge: An
drei von vier Tagen würde das Kraftwerk nur mit gedrosselter Leistung
laufen können.
Der Vergleich sieht nun offenbar vor, dass der Stromkonzern
Vattenfall die Auflagen akzeptiert und die Hansestadt im Gegenzug den
Bau eines Hybridkühlturms genehmigt. Dieser sorgt dafür, dass statt 65
Kubikmetern Elbwasser pro Sekunde nur ein Kubikmeter entnommen werden
müsste.
Das Planverfahren für den 200 Millionen Euro teuren Turm läuft. Liegt
die Genehmigung bis März 2011 vor, so die Absprache, wird der Konzern
seine Weltbank-Klage endgültig zurückziehen. Gleiches soll auch für die Vattenfall-Klage vor dem Hamburger Oberverwaltungsgericht gelten. Das Kraftwerk soll 2012 ans Netz gehen.
Markus Lorenz