Main-Netz
09.09.2010
Kohlekraftwerk vor dem Scheitern
Stromversorgung: Auswirkungen der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke auf regionale Energieanbieter
Barbara Löffel
Aschaffenburg Peter Bickel macht aus seiner Enttäuschung über die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke keinen Hehl: »Damit wird der Wählerwille ausgehebelt und die Monopolsituation der großen Energiehersteller gefestigt«, meint der Chef der Aschaffenburger Versorgungsgesellschaft (AVG). Er bleibt aber auch trotzig: »Wir werden weiter versuchen, für unsere Bürger das Beste herauszuholen.«
Seit Jahren arbeiten viele deutsche Stadtwerke daran, selbst Strom zu produzieren und so unabhängiger von den vier großen Energieversorgern Eon, RWE, EnBW und Vattenfall zu werden, die zusammen rund 80 Prozent des deutschen Strommarkts beherrschen.
Heizkraftwerk als Vorbild
Auch die AVG überlegt bereits eine Weile, ob sie sich am Bau eines modernen Kohlekraftwerks in Brunsbüttel beteiligen soll und hält Teile der Gesellschaft, die das Kraftwerk vorantreibt. »Brunsbüttel muss jetzt geprüft werden«, sagte Bickel gestern. »Ich rechne damit, dass das Projekt eingestampft wird.« Es könne angesichts des billigen Atomstroms kaum wirtschaftlich betrieben werden, zumal erneuerbare Energien - wie Strom aus Wind und Sonne - vorrangig ins Netz gespeist würden.
Das Biomasse-Heizkraftwerk, das im Aschaffenburger Hafen entstanden ist, habe vor allem Vorbildcharakter. Es erzeuge nur zwei bis drei Prozent des Aschaffenburger Strombedarfs.
Für Bickel ist es wichtig, dass Mittel aus den Atomstromgewinnen in regenerative Energien gesteckt und so die Bürger entlastet werden.
Beteiligung an Windparks
»Ständig steigen die Beiträge, die die Stromkunden für erneuerbare Energie leisten müssen«, klagt auch Alex Schalkhas, Leiter des Elektrizitätswerks in Goldbach. 2008 sei es ein Cent pro Kilowattstunde gewesen, voriges Jahr zwei Cent und in diesem Jahr bereits vier Cent. Schon jetzt habe er Kunden, die das kaum verkraften, sagt Schalkhas.
Den meisten Strom bezieht das E-Werk immer noch von Eon und an der Strombörse. »Was wir an Solaranlagen auf Dächern in Goldbach und Hösbach haben, reicht für neun Prozent des benötigten Stroms.« Dabei mache die Anlage auf dem Autobahntunnel drei Prozent aus. Goldbach ist an einem Windpark in der Nordsee beteiligt und plant ein Engagement für eine Windanlage in der Ostsee sowie eine Biomethananlge in der Rhön.
Weil die kleinen Stadtwerke in Berlin nicht gehört werden, schicken sie ihre Verbände ins Rennen. So hat der Verband kommunaler Unternehmen der Bundesregierung bereits einen Vorschlag unterbreitet: Die Regierung solle den Wettbewerb fördern, indem sie die alten Kohlekraftwerke der Energiekonzerne vom Netz nimmt und diese durch neue hocheffiziente Kraftwerksanlagen - zum Beispiel der Stadtwerke - ersetzt.
Quelle: http://www.main-netz.de/nachrichten/region/aschaffenburg/aschaffenburg-stadt/stadt/art11846,1339787