Atom-Deal ohne Röttgen
Berlin /dpa
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat überraschend erklärt,
dass er als federführender Ressortchef für Atomfragen nicht am Vertrag
der Regierung mit den Energiekonzernen beteiligt worden sei. „Ich habe
an dem Vertrag nicht mitgewirkt, und es hat auch kein Vertreter des
Umweltministeriums teilgenommen“, sagte Röttgen nach Angaben von
Teilnehmern gestern in einer Sondersitzung des Umweltausschusses.
Der tagelang unter Verschluss gehaltene Vertrag billigt der
Atomindustrie mehrere Schutzklauseln zu. In früheren Interviews hatte
sich Röttgen gegen jegliche Form von „Deal-Politik“
ausgesprochen – gerade bei einer heiklen Entscheidung wie der
Verlängerung von Atomlaufzeiten. Eine Sprecherin des Umweltministeriums
betonte, dass in dem Vertrag nur die Abschöpfung der Gewinne geregelt
wurde, dies sei Sache des Finanzministeriums. Es gebe daher keine
Distanzierung Röttgens – der Minister selbst stellte das Abkommen
ebenfalls nicht infrage. Im Umweltausschuss wurde zudem deutlich, dass
auch das Wirtschaftsministerium nicht am Vertrag beteiligt war. In der
Vereinbarung werden unter anderem die Nachrüstkosten pro Atomkraftwerk
bei 500 Millionen Euro gedeckelt. Was darüber liegt, wird von den
Ausgaben der Konzerne für den Ökoenergie-Fonds abgezogen.
Angesichts rechtlicher Risiken legte Bundesratspräsident Norbert
Lammert (CDU) der Koalition eine Einbindung des Bundesrats nahe. Ein
Alleingang birgt laut Lammert nicht nur ein „beachtliches
verfassungsrechtliches Risiko“. Union und FDP würden damit auch auf die
Chance verzichten, das Energiekonzept auf die breite Basis zu stellen,
die der lange Geltungszeitraum bis 2050 erfordere.
Greenpeace warnt
Unterdessen sind die deutschen Atomkraftwerke nach einer Greenpeace-Studie
weniger gut gegen Angriffe von Terroristen geschützt als vielfach
vermutet. Demnach sind neben einem gezielten Flugzeugabsturz auch
konventionelle panzerbrechende Waffensysteme geeignet, einen schweren
Reaktorunfall auszulösen, warnte die Umweltorganisation gestern.