Südkurier - 29.11.2010
Kohlekraftwerk auf der Kippe
Konstanz/Tübingen – Die Stadt Konstanz machte noch einen Rückzieher. Tübingen nicht.
Als 90 Stadtwerke vor allem aus Baden-Württemberg vor einigen Jahren den Bau eines Steinkohlekraftwerks im norddeutschen Brunsbüttel beschlossen, war OB Boris Palmer ein Hauptverfechter dieser Idee. Dabei passt das Steinkohle-Kraftwerk an der Unterelbe so gar nicht zu seinem Klimaschützer-Image. Nicht zuletzt, weil das Kraftwerk bis zu 9,5 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids pro Jahr ausstoßen soll. Am Ende könnte Palmers politischer Kampf nun umsonst gewesen sein. Denn die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke bringt alle Pläne ins Wanken. Der Stadtwerkeverbund Südweststrom (SWS) mit Sitz in Tübingen geht immer stärker auf Distanz zu seinem Kraftwerk. Denn die Pläne von Schwarz-Gelb lassen die Stadtwerke um die Rentabilität des Projekts fürchten. „Es wird schon noch einmal durchgerechnet“, sagt Geschäftsführerin Bettina Morlok. Das Konzept bevorzugt laut Südweststrom die vier großen Energiekonzerne und verzerrt den Wettbewerb. Zum einen blieben alle Atomkraftwerke am Netz, zum anderen dürften die großen Stromkonzerne alte Kohlekraftwerke weiter betreiben. Dadurch sei zu viel Kapazität auf dem Markt, meint Morlok. Zwei Blöcke sind in Brunsbüttel geplant, je 900 Megawatt Bruttoleistung sollen sie erbringen. Kostenpunkt: drei Milliarden Euro. Doch inzwischen hat auch Palmer einen Ausstieg Tübingens aus dem Projekt nicht mehr ausgeschlossen.