Wenn Verbände Wind machen
Im Streit um die Windenergie-Messe dürfen Hamburg und Schleswig-Holstein nicht politischen Flurschaden anrichten
Stephan Richter
David gegen Goliath, so scheint der Streit zwischen Husum und Hamburg um die Windenergie-Messe
zu lauten. Das Schöne an diesem biblischen Bild: David gewinnt, weil er
seine physische Unterlegenheit mit Cleverness wettmacht. Warum soll das
Husum nicht gelingen, zumal die Stormstadt Schlauheit und Weitsicht
unter Beweis gestellt hat, als in Hamburg noch Windenergie als
„Provinztechnologie“ belächelt wurde?
Das Ärgerliche am Streit um den Messe-Standort
ist nicht der Wettbewerb; den kann Husum auch gegen die Metropole
Hamburg bestehen. Die Wettbewerbsverzerrung entsteht durch die
Lobbyarbeit des Industrieverbandes VDMA. Dessen Funktionären ist der
Erfolg an der Westküste seit langem ein Dorn im Auge. Konkurrenz-Windmessen
in der Elbmetropole scheiterten bisher kläglich. So kam dem Verband die
Energiewende gerade recht, um Rache zu nehmen. Jetzt wird auf die
weltweite Konkurrenz von Branchenmessen verwiesen. Da sei es extrem
riskant, weiter auf den Standort Husum zu setzen. Dieses Argument ist
genauso absurd wie die Behauptung, angesichts immer größerer
Containerschiffe und veränderter Frachtverkehre sei es unverantwortlich,
weiter auf den Hamburger Hafen zu setzen und die Elbe zu vertiefen.
Ausgerechnet ein Industrieverband, der regelmäßig mehr Markt und
weniger politischen Einfluss fordert, greift unzulässig in den
Wettbewerb ein. „Internationale Kunden tun sich schwer mit der Husum-Gemütlichkeit“,
erklärt der Chef der Windbranche im VDMA. Dass er dies belegen kann,
ist zu bezweifeln. Haben sich etwa Messestandorte wie Hannover,
Frankfurt oder Leipzig wegen ihrer „Gemütlichkeit“ etabliert? Nein,
Aussteller und Messebesucher schauen auf Kundenkontakte, auf Abschlüsse,
auf das Messeklima. An Gemütlichkeit denken eher die Verbände.
Sprengstoff erhält der Standort-Streit durch
den politischen Schlagabtausch zwischen Hamburg und Kiel. Dabei zeigt
sich, dass das angeblich so gute Verhältnis der Nachbarländer, die ach
so tolle vertrauensvolle Zusammenarbeit nur Fassade war. Dies fällt auf
beide Seiten zurück.
Von einem politischen Schlagabtausch, der womöglich auch noch dem
heraufziehenden Wahlkampf im Norden geschuldet ist, wird niemand
profitieren. Umso mehr sollten Landesregierung und Senat weiteren
politischen Flurschaden vermeiden und das Gespräch suchen.