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Claudia

Beiträge: 4532

New PostErstellt: 19.12.11, 19:42     Betreff: Umweltverbände klagen gegen Europas größtes Steinkohlekraftwerk an der Elbe. 19.12.2011

Umweltverbände klagen gegen Europas größtes Steinkohlekraftwerk an
der Elbe



Berlin/Kiel (ots) - Gemeinsame Pressemitteilung


DUH und BUND reichen Klage gegen Emissionsgenehmigung für
Steinkohle-Doppelblock der kommunalen Beteiligungsgesellschaft
SüdWestStrom in Brunsbüttel ein - Genehmigung verstößt gegen
europäische und nationale Umwelt- und Gesundheitsschutzvorgaben -
Unzeitgemäßes Großprojekt stoppen, "bevor es richtig teuer wird"

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) und der Landesverband
Schleswig-Holstein des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) haben heute beim Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein
Klage gegen den Genehmigungsbescheid für das geplante Kohlekraft in
Brunsbüttel eingereicht. Mit der Klage greifen die
Umweltorganisationen die immissionsschutzrechtliche Grundlage für
Europas größtes Steinkohlekraftwerk (1.820 MW) der kommunalen
Beteiligungsgesellschaft SüdWestStrom (SWS) an.

"Neue Steinkohleblöcke belasten nicht nur die Anwohner, das Klima
und die Natur über 40 oder 50 Jahre. Sie können angesichts des
rasanten Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der deshalb
schrumpfenden Auslastung konventioneller Kraftwerke auch nicht mehr
wirtschaftlich betrieben werden", so DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer
Baake. Er erinnerte daran, dass auch die Bundesnetzagentur inzwischen
damit rechnet, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien in den
nächsten 10 Jahren auf 40 bis 50 Prozent steigen wird. Diese hätten
"Vorfahrt" in den Netzen. Investitionen in neue Steinkohlekraftwerke
seien auch nach Einschätzung der Netzagentur heute nicht mehr
attraktiv.

Baake forderte SüdWestStrom auf, die Kraftwerkspläne endgültig
aufzugeben "bevor es für die beteiligten Stadtwerke richtig teuer
wird". Erst kürzlich hatte Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer
(Bündnis90/Die Grünen), der das Vorhaben lange Zeit befürwortete, das
faktische Aus für das umstrittene Großprojekt verkündet. "Wer heute
noch Milliarden in konventionelle Kohlekraftwerke an der Nordseeküste
investiert, hat nicht verstanden, was die Energiewende bedeutet",
kritisiert Baake. Neben vorrangigen Investitionen in
Energieeinsparung und Effizienzsteigerung brauche Deutschland als
Ergänzung zur fluktuierenden Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie
zusätzliche, leicht regelbare Gaskraftwerke. Darüber hinaus müsse die
Kapazität von Pumpspeicherkraftwerken ausgebaut, neue Konzepte zur
Stromspeicherung beschleunigt entwickelt, sowie die Realisierung
regionaler Energiekonzepte und eine Glättung der Verbrauchsspitzen
auf Seiten der Stromabnehmer technologisch vorangetrieben werden.

Die Verbandsklage stützt sich auf ein ganzes Bündel von Fehlern
und Mängeln in der Ende Februar erlassenen
immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigung des Landesamtes für
Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein.
BUND-Geschäftsführer Hans-Jörg Lüth nannte die Teilgenehmigung "in
mehreren Punkten rechtsfehlerhaft", weshalb die Klage gute
Erfolgsaussichten habe. So verstießen die mit der Inbetriebnahme der
beiden Kohleblöcke verbundenen zusätzlichen Emissionen von
Quecksilber in die Atmosphäre und in die Elbe gegen europäisches
Recht. Die neue Oberflächengewässerverordnung gibt strenge
Quecksilber-Grenzwerte für Fische, Muscheln und andere
Wasserlebewesen vor, die in der Elbe bereits heute um ein Vielfaches
überschritten werden. Die Verbände hatten schon im Juni 2010 in einem
umfangreichen Rechtsgutachten nachgewiesen, dass die Grenzwerte
zwingend einzuhalten seien und insbesondere kein zusätzliches
Quecksilber in die Elbe eingetragen werden dürfe. Der
Kraftwerksbetrieb würde außerdem zu Belastungen mit weiteren giftigen
Schwermetallen wie Arsen, Cadmium und Blei, sowie zur Überschreitung
von Lärm- und Feinstaub-Grenzwerten führen und so die Gesundheit von
Anwohnern gefährden.

Naturschutzrechtlich besonders relevant sind nach Überzeugung der
Kläger die Auswirkungen auf eine seltene Fischart, den Schnäpel
(Coregonus oxyrhynchus). DUH und BUND haben gemeinsam mit Elbfischern
nachgewiesen, dass sich dieser Fisch in der Elbe wieder angesiedelt
hat, nachdem er lange Zeit in Deutschland als ausgestorben galt. Die
Landesbehörden haben mittlerweile eingestanden, dass sie dies nicht
widerlegen können. Der Schnäpel ist in die höchste europarechtliche
Schutzkategorie (prioritäre Art nach der FFH-Richtlinie) eingestuft.
Schon eine mögliche Beeinträchtigung dieser Fischart steht demnach
der Genehmigungsfähigkeit des Kraftwerks entgegen.

Darüber hinaus würden die mit dem Kraftwerksbetrieb unvermeidlich
erhöhten Stickstoffbelastungen in benachbarten FFH-Gebieten nach
Überzeugung von DUH und BUND empfindliche Pflanzengesellschaften, die
unter dem Schutz des EU-Naturschutzrechts stehen, zerstören. Auch
seltene Zugvögel und Fledermäuse würden durch den Bau des Kraftwerks
beeinträchtigt. Die vielfältigen negativen Rückwirkungen auf Flora
und Fauna machten den Kraftwerksbau von vornherein rechtlich
unzulässig, erklärten DUH und BUND.

"Die Genehmigungsbehörden in Schleswig-Holstein wollen
offensichtlich noch vor den Landtagswahlen Fakten schaffen und laufen
sehenden Auges in ein Datteln II", sagt Lüth, mit Blick auf das 2009
gerichtlich gestoppte Kohlegroßkraftwerk in Nordrhein-Westfalen. "Wer
heute noch Kohlegroßkraftwerke plant, die unsere Umwelt und die
Gesundheit über ein halbes Jahrhundert mit Millionen Tonnen
Kohlendioxid und einem Cocktail anderer Schad- und Giftstoffe
schädigen, handelt unverantwortlich und wird auf den entschiedenen
Widerstand von Anwohnern und Klimaschützern stoßen".

In dem Klageverfahren werden DUH und BUND von dem Berliner
Fachanwalt Peter Kremer vertreten, der bereits die
Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan der Stadt Brunsbüttel für
das Kraftwerk führt und das benachbarte Kraftwerksprojekt von GDF
SUEZ Ende 2010 zu Fall brachte. Mit einer Entscheidung des Gerichts
wird frühestens in einem Jahr gerechnet.




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