WZ vom 21.12.2011:
Kippt der Schnäpel das Kohlekraftwerk ?
Umweltverbände klagen gegen Genehmigung
Brunsbüttel /kgo
Er gehört zur Familie der Lachse, galt in Deutschland lange Zeit als
ausgestorben, ist streng geschützt – und könnte dem geplanten
Kohlekraftwerk in Brunsbüttel gefährlich werden: der Schnäpel. Den
Fisch, der sich wieder in der Elbe angesiedelt hat, haben der BUND und
die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Blick, die jetzt beim
Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein Klage
gegen die im Februar erteilte Emmissionsgenehmigung für das
Steinkohlekraftwerk eingereicht haben. Damit greifen die
Umweltorganisationen die immissionsschutzrechtliche Grundlage für den
Steinkohle-Doppelblock der SüdWest-Strom an. Die Klage stütze sich auf ein „ganzes Bündel von Fehlern und Mängeln“, heißt es in einer Mitteilung der Verbände. BUND-Geschäftsführer Hans-Jörg
Lüth nennt die Teilgenehmigung „in mehreren Punkten rechtsfehlerhaft“.
So verstießen die erwarteten Emissionen von Quecksilber gegen
europäisches Recht. Zudem würde der Betrieb zu Belastungen mit weiteren
giftigen Schwermetallen wie Arsen, Cadmium und Blei führen und eine
Überschreitung von Lärm- und Feinstaub-Grenzwerten bewirken – und somit die Gesundheit von Anwohnern gefährden.
Besonders relevant sei dabei der Schnäpel, der in der höchsten
europarechtlichen Schutzkategorie eingestuft ist. „Schon eine mögliche
Beeinträchtigung dieser Fischart steht der Genehmigungsfähigkeit des
Kraftwerks entgegen“, betonen die Umweltverbände. Doch auch geschützte
Pflanzen sowie seltene Zugvögel und Fledermäuse würden beeinträchtigt.
Offenbar wollten die Genehmigungsbehörden noch vor der Landtagswahl
Fakten schaffen, so Lüth. Doch: „Wer heute noch Kohlegroßkraftwerke
plant, die unsere Umwelt und die Gesundheit über ein halbes Jahrhundert
mit Millionen Tonnen Kohlendioxid und einem Cocktail anderer Schad- und
Giftstoffe schädigen, handelt unverantwortlich.“ Mit einer Entscheidung
des Gerichts wird frühestens in einem Jahr gerechnet.
Die Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe begrüßt die
Klage. „Das Genehmigungsverfahren für das Kohlekraftwerk ist noch lange
nicht gelaufen“, betont Karsten Hinrichsen. Er verweist auf diverse
Widersprüche, die noch laufen, und weitere erforderliche
Teilgenehmigungen. Die Bürgerinitiative sei „sehr zuversichtlich, dass
immer mehr beteiligte Stadtwerke aus dem Projekt aussteigen werden, weil
sie erkennen, dass Kohlekraftwerke keine Chance mehr auf auskömmlichen
Profit bieten“. Die Initiative empfehle der Stadt Brunsbüttel, „die
Fläche zur Nutzung für Firmen frei zu machen, die im Geschäftsfeld
Offshore-Technologie tätig sind“.