Warum erst jetzt?
Drei Jahre nach Fukushima gibt es neue Notfallpläne für den GAU
Frank Albrecht
Nein, es sind keine guten Nachrichten, die drei Jahre nach der Atom-Katastrophe
von Fukushima aus Japan kommen. Weil die Wirtschaft unter hohen
Energiekosten stöhnt, setzt Ministerpräsident Shinzo Abe trotz
erheblicher Proteste aus der Bevölkerung weiter auf Atom-Strom:
Alle 48 Kernkraftwerke, die nach dem Tsunami abgeschaltet wurden,
sollen wieder ans Netz. So, als sei Fukushima nie geschehen.
Ein reines Glücksspiel, auf das sich Japans Regierung da einlässt.
Der Inselstaat lebt ständig unter der Bedrohung durch Erdbeben – und hat
sein ehrgeiziges Kernenergieprogramm bereits teuer bezahlt. Obendrein
darf bezweifelt werden, dass die Lage in den explodierten Reaktorblöcken
von Fukushima trotz der ständigen Beteuerungen des Betreibers Tepco
tatsächlich unter Kontrolle ist. Allein die Massen radioaktiv
verseuchten Kühlwassers, die in jüngster Zeit aus der Anlage geschwappt
sind, sprechen Bände.
Harrisburg 1979, Tschernobyl 1986, Fukushima 2011: Explosive Anlässe
zur Umkehr gab es genug. Doch das Verlangen, dem – unhaltbaren –
Versprechen von billiger, sauberer und sicherer Atomenergie zu glauben,
war und ist weltweit zu mächtig.
Da ist es nur ein schwacher Trost, dass sich Deutschland bis 2022 vom
Atomstrom aus eigener Produktion verabschieden will. Und die
Bevölkerung besser vor dem schlimmsten Fall schützen will: Die Größe von
Evakuierungszonen wird mehr als verdoppelt und die Lager mit
Jodtabletten sollen aufgestockt werden.
Klingt nach guter Vorsorge, aber auch ein wenig hilflos. Und es
drängt sich die Frage auf: Warum erst jetzt? Warum erst nach Fukushima?
Wenn die Strahlenschutzkommission nun plötzlich der Meinung ist, die
bisherigen Rettungspläne für den GAU seien nicht optimal – dann heißt
das doch im Umkehrschluss: Fast 60 Jahre lang hat man die Gefahr
unterschätzt. Obwohl doch jeder weiß, dass Radioaktivität vor nichts und
niemanden halt macht. Vertrauenserweckend ist das alles nicht. Einen
Ausstieg aus dem Ausstieg darf es nicht geben.