Fracking-Verbot: Habeck erhöht Druck
Grüner Umweltminister startet Länder-Initiative im Bundesrat, um die umstrittene Gasförder-Methode verhindern zu können
Berlin/Kiel
Schon bevor die Plenarsitzung losgeht, muss Schleswig-Holsteins
Umweltminister Robert Habeck gestern Überzeugungsarbeit leisten:
Naturschützer demonstrieren am Morgen vor dem Bundesrat in Berlin für
ein komplettes Verbot des umstrittenen Fracking. Ganz so weit geht der
parteiübergreifende Drei-Länder-Vorstoß zwar nicht, den Grünen-Politiker
Habeck gleich im Plenum vorstellen wird. Doch allzu weit entfernt davon
ist er auch nicht, wie Habeck erst den Demonstranten vor und später den
Kollegen in der Länderkammer erläutert.
„Wir brauchen kein Fracking in Deutschland – und wir sollten genau das politisch beschließen“, sagt Habeck. Dazu wollen das rot-grün-blau regierte Schleswig-Holstein, das schwarz-grüne Hessen und das grün-rote Baden-Württemberg
das aus dem 19. Jahrhundert stammende Bergrecht ändern, das bisher
dafür verantwortlich ist, dass Fracking grundsätzlich erlaubt ist. Unter
anderem sieht der Antrag der Länder vor, dass das besonders in der
Kritik stehende „unkonventionelle“ Fracking mit umwelttoxischen
Substanzen verboten wird und dass bei allen Fracking-Vorhaben
Umweltverträglichkeitsprüfungen verpflichtend werden. Zudem sollen
Kommunen von Anfang an den Zulassungsverfahren beteiligt werden. Habeck
würde am liebsten auch das seit Jahrzehnten übliche konventionelle
Fracking stoppen, das mit weniger Energie und Chemie auskommt. Doch das
sieht der Antrag nicht vor.
Dennoch gehen Habeck und seine Kollegen mit ihren Forderungen über
die Eckpunkte von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und
Umweltministerin Barbara Hendricks hinaus. Die beiden SPD-Minister
wollen das unkonventionelle Fracking zwar auch untersagen – aber nur
bis 2021, nur oberhalb von 3000 Metern Bodentiefe und nur für Erdgas,
nicht für Erdöl. Zudem wollen sie dazu das Wasserrecht ändern, aber
nicht das Bergrecht, das Habeck für die Wurzel allen Übels hält. „Das
Bergrecht folgt der Intention, Rohstoffgewinnung unter allen Umständen
möglich zu machen“, kritisiert er. Damit lege es völlig überholte
gesellschaftliche Vorstellungen zugrunde. Künftig müsse das Bergrecht
deshalb so verfasst werden, „dass ein technisch gewinnbarer Rohstoff
eben auch mal nicht gewonnen wird, weil die Risiken für Mensch und
Umwelt zu hoch sind“.
Und Risiken sehen die Gegner des Frackings – vor allem für das Trink-
und Grundwasser. Denn bei der umstrittenen Methode wird mit Chemikalien
versetztes Wasser mit hohem Druck in die Erde gepresst, um den Weg für
Bohrungen freizumachen. Während beim Fracken nach konventionellen Öl-
und Gasvorkommen nur senkrecht nach unten gebohrt wird, ist das Fördern
von unkonventionellen Schiefergasen aufwendiger und erfordert auch
waagerechte Bohrungen.
Der Bundesrat überwies die Länder-Initiative
gestern zur Beratung in die Ausschüsse. Gleiches passierte mit dem
zweiten Antrag, den Habeck gestern einbrachte – diesmal mit Hessen und
Rheinland-Pfalz: Die Länder wollen Vorkehrungen
dafür treffen, dass die rund 36 Milliarden Euro schweren Rückstellungen
der Energieversorger für Stilllegung, Abbau und Entsorgung der
Atomkraftwerke besser gegen eine eventuelle Insolvenz der Konzerne
geschützt werden.
Henning Baethge