Schlaues Stromnetz: Gemeinde im Münsterland testet für Europa
Reken/Münster
Das Stromnetz der Zukunft muss intelligent sein: Es muss den
Haushalten Strom liefern, aber auch Strom aufnehmen, den die Haushalte
zunehmend selbst produzieren – etwa mit Solarpaneelen. In der Gemeinde
Reken im Münsterland testen jetzt der Energiekonzern RWE und die
Technische Universität Dortmund in einem Modellversuch, was die Netze
auf kommunaler Ebene können müssen. Bereits 30 Prozent der in Reken
verbrauchten Energie sind regenerativ erzeugt. Ein neues Haus für
Asylbewerber wurde in Passivbauweise konstruiert und gilt deshalb als
vorbildlich, weil energiesparend. Mit dem von der EU geförderten
Modellversuch unter dem Titel „Grid4EU“ steht Reken in einer Reihe mit
Projekten in Frankreich, Spanien, Italien, Tschechien und Schweden, die
mit 25,5 Millionen Euro aus Brüssel gefördert werden. Mit Hilfe der
Dortmunder TU soll in der Gemeinde im Kreis Borken ausprobiert werden,
wie neue Technik das Verhältnis von Stromverbrauch sowie Einspeisung von
regenerativen Energien wie Windkraft oder Sonnenenergie besser
aufeinander abstimmen kann. Mit dabei ist auch der Schweizer
Anlagenbauer ABB. „Wir könnten die Fußgängerwege aufreißen und neue
Leitungen verlegen“, sagt RWE-Technikvorstand
Joachim Schneider. Idealerweise aber könne sein Unternehmen das bislang
bestehende Netz so verbessern und auf die Zukunft vorbereiten, dass
diese teuren Schritte nicht notwendig sind. Dazu hat RWE 18 der knapp
über 100 Ortsnetz-Stationen im Stromnetz mit
neuer Software und Messtechnik ausgestattet. Diese Stationen sind das
letzte große Glied in der Kette, bevor der Strom dann im Umkreis von 400
bis 700 Metern die privaten Haushalte oder Firmen erreicht. Mit den
Eingriffen soll sich das Netz in Reken selbst steuern. Bei
Leistungsabfällen oder zum Beispiel zu viel Sonnenenergie am Mittag
schaltet das Netz Verbraucher aus anderen Teilnetzen zu oder kappt
Verbindungen. Bislang geht das nur mühsam per Hand und mit hohem
personellen Aufwand.
Anfang 2016 soll das Projekt abgeschlossen sein. Ins Münsterland
fließen 500 000 Euro von der EU, RWE beteiligt sich mit einer Million
Euro. „Dass wir die Technik in den Griff bekommen, daran habe ich keinen
Zweifel“, sagt Technik-Vorstand Schneider. Viel wichtiger sei es herauszufinden, ob sich das Ganze im Vergleich zu anderen Maßnahmen auch rechne.
Carsten Linnhoff