Ökonomen: Keine Zukunft für CCS
Unabhängige Studie hält die neue Technik für
„sehr unsicher und sehr teuer“ / Bundestagsgutachten hält Länderklausel
für verfassungsgemäß
Berlin/Kiel
Die Abscheidung und unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CCS)
hat in Deutschland keine Zukunft . Das geht aus einer gestern
veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
in Berlin hervor. „Die Technologie stellt sich als sehr unsicher und
zugleich sehr teuer heraus“, sagte Christian von Hirschhausen, einer der
drei Studienautoren. „Als Energiebrücke ist sie in Deutschland
ungeeignet.“ Die Forschungsgelder für das neue Verfahren sollten besser
in erneuerbare Energien fließen.
Die wissenschaftliche Studie, die das DIW in Eigenregie ohne
Auftraggeber oder Fremdfinanzierung erstellt hat, führt gleich vier
Gründe für die skeptische Einschätzung der CCS-Technik
(Carbon Capture and Storage) ins Feld. Erstens würden die
Investitionskosten und damit die Kosten der Stromerzeugung „deutlich
höher“ als zunächst angenommen. Zweitens sei der Bau der erforderlichen
Pipelines zum Transport des aufgefangenen Kohlendioxids mit einem „hohen
Grad an Unsicherheit über Größe und Ausgestaltung des Netzes“ behaftet.
Drittens zeige sich, dass es „drastisch“ weniger geeigneten
Speicherraum gebe als bisher geschätzt. Und viertens stehe die „starke
Ablehnung durch die Bevölkerung und einige Landespolitiker“ der Technik
im Wege.
Unter anderem in Schleswig-Holstein sollte
CCS getestet werden: Der Energiekonzern RWE hatte vergangenes Jahr in
Nordfriesland und Ostholstein mit Voruntersuchungen für unterirdische
Lager begonnen. Doch massive Proteste von Bürgern und Landesregierung
veranlassten nicht nur RWE zum Zurückstellen der Pläne, sondern kippten
auch die Gesetzesvorlage aus Berlin.
Nun haben Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) einen neuen Entwurf vorgelegt.
Doch die Landesregierung lehnt ihn abermals ab, weil den Ländern darin
nach ihrer Ansicht wieder nicht die diesmal ausdrücklich zugesagte
Möglichkeit eingeräumt wird, die umstrittene Technik auf eigenem Gebiet
verlässlich zu verhindern.
In dieser Einschätzung wird das Land jetzt von einem Gutachten des
wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags bestätigt. „Die
Formulierungen reichen nicht aus, um die politische Zielsetzung eines
Rechts der Länder zu verwirklichen, gegebenenfalls die Einrichtung eines
CO2-Speichers auf dem jeweiligen
Landesgebiet vollständig auszuschließen“, heißt es in dem Papier.
Gleichzeitig weist die Autorin den Weg zu einer verfassungsrechtlich
sauberen Regelung für eine Entscheidungshoheit der Länder: Zwar habe der
Bund in diesem Fall die Gesetzgebungskompetenz – die schließe aber ein,
dass er „den Ländern die Möglichkeit eröffnet, vom Bundesgesetz
abweichende Regeln zu erlassen“. Der Gesetzentwurf könnte darum
„dahingehend geändert werden, dass die Errichtung eines
Kohlendioxidspeichers der Zustimmung der jeweiligen Landesregierung
bedarf“.
Henning Baethge