op-online.de vom 06.08.2010:
Gutachterin findet Steinkohle im GartenHanau
‐ Neben starken Geruchsbelästigungen hat es nach Ansicht der Stadt
Hanau bei einem Vorfall im Kohlelager des Kraftwerkes Staudinger in der
Nacht vom 9. auf den 10. Juli auch „eine erhebliche Luftverschmutzung“
gegeben. Von Erwin Diel
Neben Gestank ist während der Hitzeperiode im Juli wohl auch Kohlenstaub vom Staudinger-Lager nach Großauheim geweht. Das hat sich die Stadt von einem Gutachter bestätigen lassen.
Steinkohlestaub
sei ins rund 500 Meter entfernte Wohngebiet am Großauheimer
Hergerswiesenweg getragen worden. Das hat sich die Stadt von einer
Gutachterin bestätigen lassen. Neben mehreren Fernseh- und
Radioteams verfolgten gestern auch Vertreter von Bürgerinitiativen, die
sich gegen den geplanten Block 6 bei Staudinger wehren, und Großauheimer
Bürger die Präsentation des Gutachtens.
Anfang Juli hatte sich im
neuen, geschlossenen Kohlebunker der schwarze Brennstoff stark erwärmt.
Anwohner des Hergerswiesenwegs in Großauheim riefen nach der Polizei,
weil sie einen Dieselgeruch wahrnahmen. In einem Haus stellten die
Bewohner schwarze Ablagerungen fest.
Nach Darstellung von
Betreiber Eon und der Aufsichtsbehörde beim Regierungspräsidium ist das
Problem durch verstärkte Bewässerung der Kohle behoben worden. Eine
Gesundheitsgefährdung habe nicht bestanden.
Stammen Partikel aus dem Kohlelager?
Das
Umweltamt der Stadt hat im und um das Haus der betroffenen Familie kurz
nach dem Vorfall von der Sachverständigen Dr. Margit Fuehres Proben
nehmen lassen. Schwarze Teilchen fand die Fachfrau im Obergeschoss des
Hauses und im Garten. „Ich musste mich anstrengen, um die zu finden“,
sagte Fuehres. In einigen Proben hätten Partikel nachgewiesen werden
können, die unter dem Mikroskop von ihrer Struktur und Zusammensetzung
als „unverbrannte Steinkohle“ zu werten seien. Weil es im Umkreis keinen
anderen Verursacher gebe, stammten die Partikel mit hoher
Wahrscheinlichkeit aus dem Kohlelager von Staudinger.
Möglich sei, dass der Staub verwehte, als Staudinger heiße Kohle aus dem Bunker brachte, um sie zu bewässern.
Im
Rahmen des Genehmigungsverfahrens für den geschlossenen Bunker war von
bis zu 20 Tonnen Kohlenstaub die Rede, die der Wind jährlich von der
bisher betriebenen offenen Halde in die Umgebung weht. Durch den
geschlossenen Bunker sollte die Menge deutlich reduziert werden. Das sei
zwar positiv, der Vorfall mit der heißen Kohle habe aber gezeigt, dass
die Sicherheitsbedenken nicht unbegründet seien, sagte Kaminsky.
Die
Stadt hält den Vorgang von Anfang Juli für bis heute nicht vollständig
aufgeklärt. Er habe deshalb Akteneinsicht beantragt, sagte der
Oberbürgermeister Claus Kaminsky.
Frankfurter Rundschau vom 05.08.2010:
Hitze-Stau im Kohle-Bunker
Ein dubioser Zwischenfall im neu gebauten gigantischen Brennstoffbunker erhitzt nachhaltig die Gemüter in der Nachbarschaft.
}" alt="
Gilt als Luftverschmutzer: das Kraftwerk Staudinger.
" src="http://www.fr-online.de/image/view/-/4534972/highRes/2597865/-/maxh/480/maxw/480/-/Gilt+als+++++Luftverschmutzer%253A+das+Kraftwerk+Staudinger..jpg" />
Gilt als Luftverschmutzer: das Kraftwerk Staudinger.
Foto: dpa
Stand das neue Kohlelager des
E.ON-Kraftwerks Staudinger in Großkrotzenburg bei Hanau kurz vor einem
verheerenden Großbrand? Oder war es nur harmloses „Schwitzen“
aufgeheizter Kohle, was Anwohnern beißenden Gestank, Atemnot und
Husten bescherte? Ein dubioser Zwischenfall im neu gebauten
gigantischen Brennstoffbunker erhitzt nachhaltig die Gemüter in der
Nachbarschaft. Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) wirft dem
Darmstädter Regierungspräsidium (RP) vor, seine Aufklärungs- und
Aufsichtspflicht nicht zu erfüllen.
Kaminsky
präsentierte dazu am Donnerstag ein Gutachten einer vereidigten
Sachverständigen. Es soll belegen, dass es in der Nacht des
Zwischenfalls vom 9. auf den 10. Juli neben außergewöhnlich intensivem
Teer- und Kohlegestank „auch erhebliche Luftverschmutzungen gegeben hat,
deren Ursache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das
Kohlelager ist“. Drei Tage nach dem Hitze-Vorfall hat die Gutachterin
schwarzen Niederschlag an und in einem Wohnhaus 400 Meter nördlich des
Kraftwerks als Steinkohlestaub identifiziert, der erst kürzlich vom
Kraftwerk emittiert worden sei.
Betreiber E.ON räumt
bisher nur ein, dass Radlader die rund 20 Meter hohe Kohlehalde in dem
Rundsilo von 126 Metern Durchmesser umschichten mussten, um „Hitzenester
freizulegen“. Möglicherweise sei durch offene Tore Staub ins Freie
gelangt. Die Kohle werde seitdem stärker bewässert, um Brandgefahr
auszuschließen.
Das RP in Darmstadt sieht bisher
keinen Handlungsbedarf, um etwa die Betriebsgenehmigung des Lagers zu
revidieren. Für neue Sicherheitsauflagen gebe es keinen Anlass, sagte
RP-Sprecher Gerhard Müller. Kaminsky hofft, dass das Staub-Gutachten
diese Haltung ändern werde. „Um endlich zu erfahren, was in der Nacht am
9. Juli passiert ist, habe ich auch Akteneinsicht begehrt.“
Für lückenlose Aufklärung
Außerdem
seien per Anwalt nachträgliche Auflagen beantragt, „die Brandgefahren
und Luftverschmutzung definitiv ausschließen“, so Kaminsky. Andernfalls
dürfe das Kohlelager nicht weiter betrieben werden. Der OB will
die Bunker-Problematik auch im Genehmigungsverfahren für den von Hanau
bekämpften neuen Steinkohleblock 6 gewichtet wissen. Solange der
Vorfall, den auch die Staatsanwaltschaft untersucht, nicht lückenlos
geklärt sei, wäre eine Genehmigung abwegig.
Das RP hat
die für diesen Sommer avisierte Entscheidung bereits wegen ausstehender
Naturschutz-Gutachten auf Oktober vertagt. Im Falle einer Genehmigung
für Block 6, eines der weltgrößten Kohlekraftwerke, will E.ON noch einen
weiteren Silo bauen. Erfahrungen mit derartigen Lagern hatte der
Konzern laut einer Sprecherin bislang nicht.