Klimawandel: Meeresspiegel steigt bereits
Der Klimawandel – er ist schwer greifbar und
lässt daher viele Menschen kalt. Doch was bedeutet das Naturphänomen
für Flora, Fauna und vor allem für uns Menschen an der Küste? Darüber
sprach unser Redaktionsmitglied Jens Neumann mit dem Klimaforscher
Prof. Dr. Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Uni Kiel.
Herr Latif, immer häufiger kommt es zu
sintflutartigen Regenfällen mit starken Überschwemmungen – so wie
kürzlich erst im Nachbarkreis Dithmarschen. Ist der Klimawandel bei uns
schon angekommen? Ja, man darf aber keine Einzelereignisse dem
Klimawandel zuschreiben, sondern nur die Änderung ihrer Statistik, wie
beispielsweise die Häufung der Starkniederschläge. Sie als Meteorologe sagen steigende Temperaturen und schmelzende Pole voraus: Mit welchen Folgen müssen wir rechnen? Das
passiert schon. Der Meeresspiegel ist weltweit im 20. Jahrhundert
bereits um 20 Zentimeter angestiegen. Er kann in diesem Jahrhundert um
maximal weitere 80 bis 100 Zentimeter ansteigen. Und was bedeutet das für die Küstenbereiche und Niederungen im Kreis Steinburg? Dies bedeutet eine erhöhte Überflutungsgefahr, insbesondere bei Sturmfluten. Und eine zunehmende Infiltration mit Salzwasser. Wird sich die Fahrrinnenanpassung der Elbe aus Ihrer Sicht negativ auswirken? Das
ist schwer zu sagen. Die einzelnen Faktoren wie Meeresspiegelanstieg,
zunehmende Windgeschwindigkeiten und die Elbvertiefung summieren sich
jedoch in ihrer Wirkung. Müssen wir künftig vermehrt mit Stürmen und Sturmschäden rechnen? Davon muss man ausgehen. Gerade die kleinräumigen Phänomene wie Gewitter werden sich intensivieren. Sind Tier- und Pflanzenwelt auch betroffen? Ja,
es wird beispielsweise Wanderungen geben: Eher tropische Lebewesen
wandern nach Norden, wie auch die heimischen. Und für viele Arten wird
es einfach zu warm. Worauf ist der Klimawandel zurückzuführen? Vor
allem auf uns Menschen und die Verbrennung der fossilen Brennstoffe
(Erdöl, Erdgas, Kohle) zur Energiegewinnung. Dabei entsteht das
Treibhausgas Kohlendioxid, das unsere Erde aufheizt. Lässt sich der Klimawandel noch stoppen? Nicht mehr ganz, aber begrenzen auf weltweit zwei Grad Temperaturanstieg bis 2100 – bezogen auf die vorindustrielle Zeit. Wie reagieren die Menschen, wenn Sie darüber sprechen? Mit Erstaunen, zum Teil mit Entsetzen. Der Klimawandel betrifft uns alle: Was kann jeder Einzelne dagegen tun? Jeder
von uns entlässt im Schnitt zehn Tonnen Kohlendioxid pro Jahr in die
Atmosphäre. Zum Vergleich: ein Inder nur eine Tonne. Jeder kann also
etwas tun. Insgesamt müssen wir sparsamer mit der Energie umgehen und,
wenn möglich, mehr die regenerativen Energien nutzen. Man könnte auch
beispielsweise darüber nachdenken, Ökostrom zu beziehen.