Die Welt schaut aufs Watt
Büsum /sh:z
Nun ist es offiziell: Die Unesco hat das Wattenmeer zum unverzichtbaren
Erbe der Menschheit erklärt. Am Sonnabend stieg das Gebiet zwischen Ebbe
und Flut in die erste Liga der weltweit einzigartigen Naturlandschaften
auf. Über ein Jahr nach der Anerkennung als Weltnaturerbe wurde die
Unesco-Urkunde in einem festlichen Akt in Büsum
an Umweltministerin Juliane Rumpf (CDU) und ihren niedersächsischen
Amtskollegen übergeben. Es war der zweite Grund zum Feiern binnen einer
Woche: Bereits am Freitag hatte der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches
Wattenmeer seinen 25. Geburtstag gefeiert. Zum Weltnaturerbe gehört
ein mehr als 9500 Quadratkilometer großes Gebiet, das sich entlang der
niederländischen und deutschen Nordseeküste erstreckt. Etwa 10 000 Arten
leben darin, darunter Seehunde und Schweinswale.
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Unesco-Urkunde besiegelt Welterbe
Wattenmeer gehört jetzt offiziell zu den schützenswerten Naturwundern der Erde / Feierlicher Akt im Regen
Büsum /lno
Festakt im Watt: 15 Monate nach Anerkennung des Wattenmeers zum Weltnaturerbe ist nun auch das offizielle Unesco-Dokument
übergeben worden. „Es ist uns eine Herzensangelegenheit, das Wattenmeer
in seiner Ursprünglichkeit und Einzigartigkeit als eines der größten
Küstenfeuchtgebiete der Welt auch für die zukünftigen Generationen zu
bewahren“, erklärten Schleswig-Holsteins Umweltministerin Juliane Rumpf (CDU) und ihr niedersächsischer Kollege Hans-Heinrich Sander (FDP) in Büsum. Sie und die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Ursula Heinen-Esser (CDU), nahmen die Urkunde bei Regenwetter von Unesco-Vertreterin Mechthild Rössler entgegen.
Beide Bundesländer hatten am Sonnabend Gäste aus dem ganzen
Wattenmeerraum von den Niederlanden bis Dänemark zu der Feierlichkeit
auf das Schiff „Ol Büsum“ eingeladen. Der Generalsekretär der Deutschen
Unesco-Kommission, Roland Bernecker, hatte
bereits vorab gemahnt, dass der Welterbetitel nicht nur eine hohe
Anerkennung sei, sondern beim Umweltschutz und bei der Nachhaltigkeit
auch viele Verpflichtungen mit sich bringe. Der Kurs sei aber richtig:
„Deutschland und die Niederlande kooperieren in einem
grenzübergreifenden Managementplan, der einen umfassenden Schutz des
empfindlichen Ökosystems vorsieht. Schon jetzt wird viel unternommen, um
auch den Tourismus am Wattenmeer ökologisch nachhaltig zu gestalten“,
erklärte Bernecker. Die Minister Sander und Rumpf betonten auch die
wirtschaftlichen Vorteile des Unesco-Titels:
„Der Welterbetitel und die von der Unesco geforderte nachhaltige
Tourismusstrategie eröffnet den Küstenregionen enorme Potenziale“, sagte
Minister Sander. „Bereits der Nationalpark ist ein Wirtschaftsfaktor,
von dem die Menschen an der schleswig-holsteinischen
Westküste massiv profitieren“, ergänzte seine Kieler Kollegin Rumpf.
„Für 28 Prozent der Übernachtungsgäste spielt er eine wichtige oder sehr
wichtige Rolle bei der Reisezielentscheidung.“ Staatssekretärin Heinen-Esser
sagte, man wolle dem Schutz des Watts weiter hohe Priorität einräumen.
Dies diene nicht nur dem Erhalt, sondern nütze auch der regionalen
Wirtschaft.
Insgesamt umfasst die Unesco-Liste des Welterbes mehr als 900 Sehenswürdigkeiten in 151 Ländern – etwa 700 Kulturdenkmäler und rund 200 Naturdenkmäler.
Das Watt: Von Prielen und Plinius
Das Watt der Nordsee ist die größte zusammenhängende Gezeitenlandschaft der Welt. Einige Zahlen und Fakten:
Alter: Etwa 7500 Jahre. Entstehung nach der jüngsten Eiszeit im Schutz einer Inselkette.
Fläche: 14 700 Quadratkilometer von Texel bis zur Ho Bucht, davon 8000 Quadratkilometer Meeresgrund mit Gezeitenströmen.
Erste urkundliche Erwähnung: 47 nach Chr. besuchte der römische
Geschichtsschreiber Plinius der Ältere das Watt und wusste nicht so
recht, ob er es nun zur Land- oder Meeresfläche zählen sollte.
Tiere: 3200 Arten leben in dem Gebiet aus Wattflächen mit Rinnen und
Prielen, Sandbänken, Dünen und Salzwiesen. 250 von ihnen kommen nur im
Watt vor.
Biomasse: Die Summe aller
Lebewesen, abgestorbener Organismen und organischer Stoffwechselprodukte
ist im Wattenmeer größer als auf einer vergleichbar großen Fläche im
tropischen Urwald.
Nachbarschaft: Schon
auf nur einem Quadratmeter Wattboden leben neben Muscheln, Schnecken und
Würmern auch tausende winzige Krebse sowie Millionen unscheinbare
Kieselalgen. Sie verleihen dem
Wattboden als bräunliche Schmierschicht seine typische Farbe.
Sauerstoff: Kieselalgen sind ein Lebensmotor des Watts. Vier Hektar von
ihnen produzieren so viel Sauerstoff wie ein Hektar Buchenwald.
Farbschauspiel: Manchmal lassen Einzeller (Panzer-Geißelalgen) in Sommernächten das Wattenmeer bläulich-grün leuchten.